Frage an Detlef Müller

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Detlef Müller
SPD
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Frage von Günter R. •

Frage an Detlef Müller von Günter R.

Sehr geehrter Herr Müller,

Sie haben heute für den Syrien-Einsatz der Bundeswehr gestimmt. Ich gebe Ihnen zur Kenntnis, dass Sie nicht in meinem Namen gestimmt haben. Dies teile ich Ihnen als Chemnitzer mit.

Die deutsche Regierung unter Führung von Frau Merkel als Kanzlerin und mit einem SPD Außenminister, schickt deutsche Soldaten in den Krieg. Alle Kriege, die der Westen in letzter Zeit führte, endeten im Fiasco (Lybien, Irak, Afghanistan, zerrüttete Länder - Somalia, Jemen, ...). Warum soll das diesmal anders sein? Was ist aus dem Häufchen Al Kaida durch den Krieg in Afghanistan inzwischen geworden? Weltweit steigern sich immer mehr Menschen, in ihren Hass auf den Westen, weil wir andere Länder nach Gutdünken überfallen, foltern, per Drohne morden und vieles andere mehr.

Wir stecken in einer Sackgasse!

Warum brauchen manche Entscheidungen Jahre (Sozialfragen, Rentenfragen, ...) bis der Bundestag zur Entscheidung kommt? Nun geht es in solch einer Frage nach Krieg und Frieden in 3 Tagen!

Kennen Sie die Ziele (Wer mit wem, gegen wen?) und die Mittel der Auseinandersetzung (Was will die Fregatte dort, wenn der IS doch gar keine Schiffe hat? Die Flugzeuge sollen von der Türkei aus starten - Haben wir das Recht Ländergrenzen zu überfliegen? Was, wenn im Auftrag des syrischen, gewählten Präsidenten der Wusch an Russland ergeht, diese Grenze zu schützen? ...), wer soll nach Assad dort regieren? Dies war auch vor dem Irakkrieg, vor Lybien und Afghanistan nicht geklärt. Dies Länder wurden zerstört und im Chaos zurück gelassen.

Können Sie mir dazu den Text des Syrien-Beschlussen nennen? Wo kann ich dies nachlesen? Ich will nicht auf die Kommentare und Berichte von RT (Russian Today) warten!

Ich möchte mich bei allen Syrern entschuldigen und ihnen sagen, ich bin zwar Deutscher, aber dieser Übergriff auf syrisches Territorium geschieht nicht in meinem Namen!

Mit freundlichen Grüßen,
weil ich immer noch an Kant glaube,
HABE MUT; DICH DEINES EIGENEN VERSTANDES ZU BEDIENEN

Günter Rannig

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SPD

Sehr geehrter Herr Rannig,

ich bedanke mich für Ihre Nachricht. Ich nehme zur Kenntnis, dass ich "nicht in Ihrem Namen abgestimmt" habe, wobei dies schlicht heißt, dass mein Abstimmungsverhalten nicht Ihrer Meinung entspricht, denn nach Art. 38 GG bin ich als Abgeordneter des Deutschen Bundestages Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur meinem Gewissen unterworfen.

Niemand behauptet, dass der Syrien-Einsatz leicht oder unkompliziert sein wird. Aber die Frage, die sich stellt, ist doch die folgende: Was tun wir gegen den islamistischen Terror durch den IS, der mittlerweile ganz offenbar in Europa (Anschläge von Paris) angekommen ist? Sie wissen genauso wie ich, dass es gegen Terroristen nichts hilft, nur mehr Polizisten an die Grenzübergänge zu stellen. In diesem Zusammenhang ist Ihr Hinweis auf Al Qaida und Afghanistan äußerst instruktiv: Al Qaida spielt heute kaum noch ein Rolle, die internationale Koalition nach dem 11. September hatte die Taliban zunächst davongejagt und den größten Teil Afghanistans ihrer Terrorherrschaft entrissen. Dass die Lage in Afghanistan heute wieder sehr schlecht ist, steht auf einem anderen Blatt und hat vielfältige Gründe.

Warum "manche Entscheidungen (Sozialfragen, Rentenfragen...)" im Gegensatz zu einem Bundeswehrmandat Jahre zur Entscheidung brauchen, sollte eigentlich selbstverständlich sein. Stellen Sie sich vor, das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland würde unmittelbar angegriffen und der Deutsche Bundestag brauchte auch nur mehr als 2 Tage, um die Bundeswehr in Marsch zu setzen: Ich würde dann gerne Sie mal hören, was Sie dazu sagen würden, wenn sich der Bundestag so viel Zeit für die Entscheidung nähme. Im konkreten Fall hat der Bundestag im Rahmen des kollektiven Selbstverteidigungsrechts nach Art. 51 UN-Charta an der Seite des durch den IS angegriffenen Frankreichs gehandelt. Dazu stehe ich. Und warum Sozial- und Rentenfragen lange Entscheidungsverfahren brauchen? Ganz einfach: weil wir in einer parlamentarischen Demokratie leben. In einer parlamentarischen Demokratie sind unzählige verschiedene Interessengruppen und Abwägungselemente zu berücksichtigen, um zu einer ausgewogenen Entscheidung zu kommen. Deswegen funktioniert Deutschland nämlich auch so gut, weil nicht ein einzelner auf die Idee kommen kann, einsame Entscheidungen durchzusetzen, um dann Schwärme von Bombern über unseren Köpfen heraufzubeschwören.

Im Einzelnen zu Ihren Fragen:

"Kennen Sie die Ziele (Wer mit wem, gegen wen?) und die Mittel der Auseinandersetzung (Was will die Fregatte dort, wenn der IS doch gar keine
Schiffe hat?"
Bis zu 64 Länder haben ihre Bereitschaft erklärt, den Kampf gegen den IS/Da´esh zu unterstützen. Die deutsche Fregatte soll Begleitschutz und einen Beitrag zur Sicherung eines französischen Marineverbandes sicherstellen.

"Die Flugzeuge sollen von der Türkei aus starten - Haben wir das Recht Ländergrenzen zu überfliegen? Was, wenn im Auftrag des syrischen, gewählten Präsidenten der Wunsch an Russland ergeht, diese Grenze zu schützen?"
Aufgrund von Art. 51 UN-Charta haben wir dieses Recht. Ganz ehrlich, erachten Sie Präsident Assad als einen demokratisch gewählten Präsidenten? Dass Präsident Assad gar nicht mehr Möglichkeit hat, auch nur seine eigene Hauptstadt zu schützen, sollte Ihnen auch zu denken geben. Und was Russland angeht, so hat Russland in Syrien eingegriffen, um ebenfalls den IS zu bekämpfen. Wie stehen Sie eigentlich zum Eingreifen Russlands an der Seite von Präsident Assad?

"Wer soll nach Assad dort regieren? Dies war auch vor dem Irakkrieg, vor Lybien und Afghanistan nicht geklärt. Dies Länder wurden zerstört und im Chaos zurück gelassen." Es ist immer die Position der Bundesregierung gewesen, dass der politische Prozess zur Lösung des Konfliktes oberste Priorität hat. Hierfür hat sich die Bundesregierung und insbesondere Außenminister Frank-Walter Steinmeier seit Amtsübernahme mit ganzer Kraft eingesetzt. Ziel war und ist es, den Vereinten Nationen und ihrem Sonderbeauftragten, Staffan Domingo de Mistura, eine führende Rolle in diesem Konflikt zu verschaffen. Eine erste Konferenz zur Bündelung der Kräfte zur humanitären Hilfe wurde auf deutsche Initiative im November 2014 in Berlin durchgeführt. Im Rahmen des politischen Prozesses zur Konfliktregelung (Konferenzen in Wien) haben wir uns mit Nachdruck für die Einbeziehung unter anderem von Iran und Saudi-Arabien eingesetzt. Beide Länder spielen jeweils eine wichtige Rolle in diesem Krieg.

"Können Sie mir dazu den Text des Syrien-Beschlussen nennen? Wo kann ich dies nachlesen? Ich will nicht auf die Kommentare und Berichte von RT (Russian Today) warten! Ich möchte mich bei allen Syrern entschuldigen und ihnen sagen, ich bin zwar Deutscher, aber dieser Übergriff auf syrisches Territorium geschieht nicht in meinem Namen!"
Ich frage mich tatsächlich, warum Sie sich auf ein tendenziöses Medium wie "Russia Today" verlassen wollen, zumal Sie parlamentarische Vorgänge jederzeit im Internet nachlesen können: http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/18/068/1806866.pdf . Gerne können Sie sich bei den Syrerinnen und Syrern entschuldigen, Sie sollten sich allerdings darüber im Klaren sein, dass dies vielen von ihnen, die unter dem Joch des IS ächzen, wie Hohn vorkommen muss.

Ihren Hinweis auf Kant nehme ich gerne auf. Allerdings gilt das wie immer für uns alle.

Mit freundlichen Grüßen

Detlef Müller, MdB

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