Sehr geehrter Herr Semmler, wie beurteilen Sie die Einführung des bedingungslosen Grundeinkommens?

Diego Semmler
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Frage von Andrea W. •

Sehr geehrter Herr Semmler, wie beurteilen Sie die Einführung des bedingungslosen Grundeinkommens?

Diego Semmler
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FREIE WÄHLER

Sehr geehrte Frau Walz,

ich halte die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens aus mehreren Gründen für problematisch und nicht zielführend:

Die Idee des Grundeinkommens ist verschiedene soziale Sicherungssysteme zu kombinieren und jedem Menschen eine Existenz und Teilhabe zu ermöglichen. Dieses Ziel ist zunächst erstrebenswert, denn ich bin der der Überzeugung, dass jeder Einzelne einen Anspruch auf Unterstützung durch unsere Gesellschaft hat. Ich bin aber auch der Meinung, dass dies keine Einbahnstraße sein darf und die Gesellschaft ebenfalls einen Anspruch auf die Unterstützung jedes einzelnen hat. Wenn eine einzelne Person sich dazu entscheidet, die Gesellschaft nicht zu unterstützen, warum sollte die Gesellschaft es andersherum tun? Das Bundesverfassungsgericht hat den Rahmen festgelegt in dem die Gesellschaft Ihre Unterstützung verweigern kann und diesen Rahmen kann uns sollte sie auch ausnutzen. Das betrifft nur einige Wenige. Aber bereits eine Geringe Anzahl an Fällen wäre bereits unfair der großen Mehrheit gegenüber, die sich konstruktiv in die Gesellschaft einbringt.

Das Grundeinkommen muss finanziert werden. Bei 1200 € pro Monat und Bundesbürger wären wir bei jährlichen Kosten von 1200 Milliarden €. Das ist etwa das anderthalbfache des aktuellen jährlichen Steueraufkommens und selbst wenn man die Kürzungen des Sozialetat mit einberechnet, müssten massiv Steuern erhöht werden. Zusammen mit dem Bedingungslosen Grundeinkommen, dürfte dies zu einem deutlichen Anstieg der Schwarzarbeit führen. Auch kriminelle Familienclans würden sich über den Zusätzlichen Geldfluss freuen. Trotz allem dürfte es weiterhin Härtefälle geben, die gesondert unterstützt werden müssen, denn bei den Mieten in manchen Städten bleibt von den 1200 € im Monat nicht mehr viel übrig.

Bei der Berechnung des Grundeinkommens wird meistens davon ausgegangen, dass alle anderen Faktoren statisch sind, die Menschen genauso viel arbeiten wie bisher und die Preise stabil bleiben. Genau dies ist aber vermutlich nicht der Fall, sondern das Angebot an Arbeit würde sich verringern und gleichzeitig würde die Nachfrage steigen, was zu einer Erhöhung der Preise führt. Damit würde das Grundeinkommen weginflationiert, wenn es nicht ebenfalls angepasst wird. Damit würden die Preise weiter steigen und das ganze beginnt von vorne. Am Ende würde das Grundeinkommen also von den sauer Ersparnissen unserer Nation finanziert - Unabhängig davon, wo die Steuern her kommen. Die bisherigen Experimente können diese Effekte nicht abbilden, weil sie immer nur auf einem kleinen Gebiet und für eine begrenzte Zeit durchgeführt wurden.

 

Zusammenfassend komme ich zu der Überzeugung, dass ein Grundeinkommen unsere Gesellschaft nicht gerechter macht, sondern nur auf eine verstecktere Art unfair. Jeder, der Hilfe benötigt, sollte diese in der Bundesrepublik erhalten. Diese muss aber an eine Bedürftigkeit geknüpft sein und nicht mit der Gießkanne verteilt werden. Mit einer breiten Unterstützung von Bildungseinrichtungen und sozialen Einrichtungen sowie einer Reform der Harz-IV-Gesetze kann die Gesellschaft mit einem Bruchteil der Mittel deutlich besser und zielgenauer helfen.