Sehr geehrter Herr Semmler, wie ist Ihre persönliche Einstellung bezüglich gendergerechter Sprache?

Diego Semmler
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Frage von Arta G. •

Sehr geehrter Herr Semmler, wie ist Ihre persönliche Einstellung bezüglich gendergerechter Sprache?

Sehr geehrte Herr Semmler,

Da dieses Thema äußerst aktuell ist, möchte ich Ihnen gerne folgende Frage stellen:

Wie ist Ihre persönliche Einstellung hinsichtlich gendergerechter Sprache? Ist es für Sie ein Schritt zur Gleichberechtigung, da sich hierbei auch Menschen angesprochen fühlen, die sich weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zugehörig fühlen, oder gibt es Ihrerseits große Bedenken? Nutzen Sie selbst gendergerechte Sprache und wenn ja, in welcher Form (Genderstern, Unterstrich, Doppelpunkt, Binnen-I etc.)?
Über eine schnelle und ausführliche Antwort würde ich mich sehr freuen.

Vielen Dank.
Arta G.

Diego Semmler
Antwort von
FREIE WÄHLER

Sehr geehrte Frau G.,
es gibt zu diesem Thema einige Untersuchungen, bei denen u.a. Probanden begriffen genannt wurden, die sie zeichnen sollten. Es stellte sich hierbei heraus, dass das grammatikalische Geschlecht einen Einfluss hatte auf das tatsächliche Geschlecht in der Zeichnung. Insofern könnte man meinen, dass das grammatikalische Geschlecht es ein wichtiges Thema ist.

Viel spannender fand ich, dass dies auch in Sprachen (hier konkret Englisch) funktionierte, die kein grammatikalisches Geschlecht, in der Form wie wir es haben, kennen. Dies legt die Vermutung nahe, dass es weniger um das grammatikalische Geschlecht geht, als viel mehr um die Bilder, die man im Kopf hat.

Diese Bilder zu kontrollieren ist viel schwieriger und sie müssen auch nicht bei jedem gleich sein. Ein Beispiel aus meiner Erfahrung: Während der Begriff "Mediziner" bei den meisten Menschen Assoziationen an einen männlichen Arzt hervorrufen dürfte, ruft er bei den meisten Physikern eine Assoziation an eine weibliche Studentin hervor. Die Bilder hängen also von unmittelbaren Erfahrungen einer Person ab.

Wann immer sich Politik in Sprache eingemischt hat, ist nichts Gutes bei raus gekommen. Insofern sollte es jedem freigestellt sein, ob und wie er oder sie Gendert. Ich persönlich finde, dass jedes Zwischenzeichen den Lesefluss stört und zähle wo es notwendig und sinnvoll ist beide grammatikalischen Geschlechter auf oder verwende eine neutrale Form.

Was mit in der ganzen Diskussion leider komplett fehlt ist, in wie weit gegenderte Texte schwieriger für das Leseverständnis sind und das Gendern zu Lasten von Menschen geht, die nicht so gut deutsch sprechen, weil sie z.B. keine Muttersprachler sind oder eine Behinderung haben. Texte in einfacher Sprache werden beispielsweise bewusst nicht gegendert.

Für mich sollte das Thema Gendern daher eher ein Randthema sein, denn die wirklichen Baustellen für Gleichberechtigung liegen wo anders. Es geht darum gläserne Decken zu vermeiden und Rollenvorbilder zu schaffen. Gleichberechtigung kann nicht verordnet werden, sondern sie muss im Alltag gelebt werden. Wir FREIE WÄHLER haben z.B. keine Frauenquote und trotzdem 3 Frauen unter den ersten 5 Kandidaten*. Nicht weil sie Frauen sind, sondern weil sie gut sind.

 

*) Hier ist Gendern z.B. nicht sinnvoll, da aus dem Satz bereits klar ist, dass es sich um 3 Kandidatinnen und 2 Kandidaten handelt, daher habe ich mich zugunsten des Leseflusses ausschließlich auf die männliche Form beschränkt