Frage an Dietmar Bartsch bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Dietmar Bartsch
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Frage von Michael P. •

Frage an Dietmar Bartsch von Michael P. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr MdB Dr. Bartsch,

in einer öffentlichen Kirche des Landkreises Rostock (hier: Kapelle Langen Trechow; Kirchgemeinde Bützow https://de.wikipedia.org/wiki/Kapelle_Langen_Trechow ) wurde dem Gauwirtschaftsberater der NSDAP in Mecklenburg - Hennecke von Plessen ( https://de.wikipedia.org/wiki/Hennecke_von_Plessen ) - der bekanntlich (?) für die Arisierung jüdischen Eigentums in Mecklenburg in maßgeblicher Position mitverantwortlich war, via Bleiglasfenster posthum ein faktisches Denkmal gesetzt. - Es handelt sich um das Kirchenfenster mittig/rechts im verlinkten Foto (bitte Vergrößerungsmodus durch Doppel-Klick aktivieren): https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Langen_Trechow_Kapelle_Fenster.jpg

Halten Sie es für gerechtfertigt, dass einer m.E. widerwärtigen NS-Größe in einer öffentlichen ev. Kirche des Landkreises Rostock via Bleiglasfenster gehuldigt wird, die zudem von öffentlichen Geldern des Denkmalschutzes restauriert wurde/wird ?

Würden Sie persönlich jemand zumuten, in dieser Kirche für die Opfer der Arisierung - wie etwa (Kaufhaus https://de.wikipedia.org/wiki/Kychenthal_(Schwerin) ) Louis Kychenthal aus Schwerin, der im KZ umkam - unter dem Denkmal des Gauwirtschaftsberaters der NSDAP zu beten (das Denkmal ist genau hinter dem Altar) ?

Möchten Sie persönlich etwas KONKRETES gegen die faktische Verherrlichung von NS-Größen in einer öffentlichen ev. Kirche unternehmen, Herr MdB Dr. Bartsch ?

Die NPD ist in den Schweriner Landtag demokratisch gewählt worden, aber muss deswegen auch m.E widerwärtigen NS-Größen in unseren altehrwürdigen christlichen Kirchen in Mecklenburg-Vorpommern "gehuldigt" werden, Herr MdB Dr. Bartsch ? - Werden mit dem faktischen Denkmal für den Gauwirtschaftsberater der NSDAP nicht religiöse Gefühle von Gläubigen verletzt, die gutgläubig diese vorgeblich "christliche" Kirche aufsuchen ? - Wurden hier nicht auch Grenzen überschritten, die einen jur. Tatbestand erfüllen ?

Mit freundlichen Grüßen

Michael Pfeiffer

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Sehr geehrter Herr Pfeiffer,

ich gehe davon aus, dass ich Ihnen nicht darlegen muss, welche Position ich und welche Position die LINKE zu den Verbrechen des Hitlerfaschismus vertreten, insbesondere auch zum Vernichtungsfeldzug gegen die Juden mit all seinen Facetten.

Die Kapelle Langen Trechow gehört der Evangelisch-Lutherischen Kirchgemeinde Bützow in der Gemeinde Beritt. Was Ihre Fragen zu den Kirchenfenstern in der Kapelle betrifft, so wäre es vielleicht einfacher gewesen, wenn Sie vor Ort, etwa bei der Kirchengemeinde oder auch bei der Bürgermeisterin der Gemeinde Bernitt nachgefragt hätten. Da mir diese Kapelle nicht bekannt war, habe ich Kontakt zur Bürgermeisterin und zum Pastor der Kapelle hergestellt und mich informieren lassen.

Nach diesen Informationen kann nicht die Rede davon sein, dass die Kirchgemeinde, wie Sie befürchten, „dem Gauwirtschaftsberater der NSDAP in Mecklenburg - Hennecke von Plessen … via Bleiglasfenster posthum ein faktisches Denkmal gesetzt“ hat.
Wie mir der Pastor, Herr Schabow, mitteilte, spendete die Tochter von Hennecke von Plessen, die den alten Besitz, die Burg von Kurzen Trechow wieder erwarb, zu ihrem 75 Geburtstag ein Fenster für die Kirche, in dem die Namen aller Besitzer des Gutes Kurzen Trechow benannt sind, die das Patronat über die Kirche im Laufe der Jahrhunderte inne hatten. Dazu gehört auch Hennecke von Plessen. Das Fenster ist nicht mit Geldern des Denkmalschutzes restauriert worden, sondern aus Spenden.

Ich kann nachvollziehen, wenn Pastor Schabow sich gegen den Vorwurf wehrt, in der Kirche würden NS-Größen verherrlicht. Herr Schabow legt Wert auf die Feststellung, dass die nationalsozialistische Ideologie menschenverachtend und unmenschlich war und als solches immer wieder auch von Kirchen entlarvt werden muss. Soweit das die Person Hennecke von Plessen betrifft, verweist Pastor Schabow auf eine Publikation des Historikers Michael Buddrus, die 2015 im Thomas Helms Verlag, Schwerin erschienen ist.

Freundliche Grüße
Dr. Dietmar Bartsch

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