Als Begründung für die Aufhebung der Schutzmaßnahmen in Sachen Coronapandemie wird die Auslastung der Krankenhäuser/Intensivstationen genannt. In welchem Gesetz steht das?

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Frage von Sven E. •

Als Begründung für die Aufhebung der Schutzmaßnahmen in Sachen Coronapandemie wird die Auslastung der Krankenhäuser/Intensivstationen genannt. In welchem Gesetz steht das?

Sehr geehrter Herr Dr. Franke, hallo Edgar,
ich bin sehr besorgt über die Aufhebung der Corona-Schutzmaßnahmen. Selbst die wirklich nicht einschränkende Maskenpflicht wird aufgehoben, obwohl diese nachweislich der beste Schutz ist, wenn alle Leute eine Maske tragen. Ich dachte bisher unser Grundgesetz § 2 Abs. 2 müsste Geltung haben. Dort steht auch die Gesundheit des Einzelnen vor der Freiheit, die Gesundheit ist also wichtiger einzuschätzen. Und welche Freiheit ist denn gemeint? In deinem Wahlkreis z. B. sind zeitweise alle Kliniken für die Aufnahme von Notfallpatienten geschlossen. So ist es uns in der Familie passiert. Die Coronastationen waren voll und die anderen Stationen auch. Außerdem ist so viel Personal krank, dass nicht alle Betten belegt werden können. Dazu gleich die nächste Frage, wie wird gemessen, ob die Krankenhäuser / Intensivstationen überlastet sind. Von Ärzten und Krankenpflegepersonal aus dem Freundeskreis höre ich etwas anderes.
Viele Grüße aus Wabern

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Sehr geehrter Herr E., lieber Sven,

herzlichen Dank für die kritische Stimme und die damit einhergehende Möglichkeit, Stellung zu beziehen.

Bezüglich der Begründung für die Lockerungen möchte ich Sie zunächst auf die Stellungnahme des ExpertInnenrates der Bundesregierung zu COVID-19 "Ein verantwortungsvoller Weg der Öffnungen" vom 13.02.2022 hinweisen. Demnach sind die Hospitalisierungsrate sowie die Belegung der Intensivbetten die entscheidenden Parameter für die Beurteilung der Belastung des Gesundheitswesens. So sind bspw. alle Krankenhäuser verpflichtet, die verfügbaren Intensivbetten zu melden. Somit haben wir einen tagesaktuellen Überblick über die Leistungsfähigkeit unserer Intensivstationen. Sie können versichert sein, dass wir diese Daten kritisch analysieren und auch von führenden Experten bewerten lassen.

Sofern sich die Umstände verändern, kann und wird umgehend reagiert und die notwendigen Maßnahmen werden ergriffen, die zur jeweiligen Situation angemessen und geboten erscheinen. Hierzu sind nach der Neufassung des Infektionsschutzgesetzes den Ländern umfassende Kompetenzen eingeräumt. Denn jedes in Grundrechte eingreifende Handeln des Staates muss gerechtfertigt sein. Das von Ihnen zu Recht zitierte Grundrecht auf Leben und Gesundheit aus Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG kann Einschränkungen wie der Maskenpflicht rechtfertigen, muss aber stets mit den anderen Freiheitsrechten, insbesondere mit der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) in den Ausgleich zu gebracht werden.

Systematisch gibt es im Grundgesetz kein Rangverhältnis zwischen den Grundrechten. Die Abwägung zwischen den kollidierenden gleichwertigen Grundrechten erfolgt anhand der täglich neu erscheinenden Zahlen vom RKI. Wir befinden uns nunmehr in einer neuen Phase der Pandemie. Im Rahmen der Corona-Schutzmaßnahmen müssen sämtliche Eingriffe in die verfassungsrechtlich verbrieften Grundrechte stets auf deren Rechtmäßigkeit überprüft werden, da derartige Eingriffe nur zulässig sind, wenn diese angemessen, erforderlich und geboten sind. Insoweit muss sich nicht die Aufhebung von Maßnahmen, sondern lediglich die Fortsetzung von Maßnahmen dieser Prüfung unterziehen.

Mit Beschluss vom 18. März haben wir darüber hinaus durch Änderung des Infektionsschutzgesetz (IfSG) ein flexibles Regelungssystem auf den Weg gebracht, durch welches die Länder die Möglichkeit haben besonders belastete Regionen als sogenannte Hot-Spot Regionen zu deklarieren. Damit können schnell wieder Maßnahmen zum Schutze der Bevölkerung erlassen werden.  Eine Hot-Spot-Region liegt insbesondere dann vor, wenn eine Überlastung der Krankenhäuser gegeben ist oder eine neue, gefährlichere Virusvariante in Deutschland vorherrscht.

Diese Änderung des IfSG bietet also die Möglichkeit,  bei Bedarf schnell wieder notwendigen Maßnahmen zu erlassen.

Von all dem unbenommen bleibt die Möglichkeit, zukünftig freiwillig eine entsprechende Schutzmaske ohne staatliche Anordnung zu tragen und damit die individuelle Gesundheit eigenverantwortlich zu schützen.

In der Hoffnung, mit diesen Anmerkungen geholfen zu haben, verbleibe ich

Mit freundlichen Grüßen

Edgar Franke

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