Frage an Ernst Dieter Rossmann bezüglich Recht

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Ernst Dieter Rossmann
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Frage von Manfred O. •

Frage an Ernst Dieter Rossmann von Manfred O. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Rossmann,

ich ärgere mich seit langem darüber, dass am Telefon angeblich geschlossene Lottospielverträge keiner schriftlichen Bestätigung bedürfen. Gibt es denn seitens der Politik kein Interesse, die Bürger vor diesen bekannten Machenschaften zu schützen, indem nur ein unterschriebener schriftlicher Vertrag rechtsgültig ist.
Ich habe schon Inkasso-Schreiben erhalten, obwohl ich nie mitgespielt habe, auch keine Rechnung und keine Mahnung erhalten habe. Wie kann das angehen?
14 Tage später kam über diese Firma im Fernsehen ein Bericht! Zwei Konten der Firma waren schon gesperrt. Warum darf diese Firma weitermachen?
Etwas später .....
Nach einem Telefonat, in dem ich das Mitspielen verneinte, zwei Tage später aber trotzdem ein freundliches Schreiben bekommen habe, in dem man mir bestätigte, dass ich angeblich mitspielen will. Man sollte doch bei diesen Gewinnspielen durch ein Gesetz festlegen, dass eine schriftliche Einwilligung erforderlich ist.
Ich würde mich freuen, etwas von Ihnen zu hören.

Mit freundlichen Grüßen
Manfred Otto

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Antwort von
SPD

Antwort von Herrn Dr. Rossmann plus zwei Anlagen:

Sehr geehrter Herr Otto,

erst einmal möchte ich Ihnen herzlich für Ihre Frage danken. Als Bildungspolitiker befasse ich mich mit dieser Thematik nicht schwerpunktmäßig. Ich habe mich aber bei unseren Verbraucherpolitikern erkundigt und kann Ihnen folgende Informationen geben:

Sie sprechen hier ein wichtiges Thema an und Sie sind nicht der einzige Betroffene. In einer Erhebung von 2010 gingen in nur neun Monaten fast 80.000 Beschwerden über unerlaubte Telefonwerbung bei den Verbraucherzentralen ein. Dabei ging es bei über 60 % der Beschwerden - wie bei Ihnen - um Gewinnspiel- und Lotteriewerbung und über 30 % der Angerufenen sagten aus, dass ihnen ein Vertrag untergeschoben wurde.

Hier besteht natürlich ganz klar Handlungsbedarf von Seiten der Politik. Um diese unlauteren Praktiken zu bekämpfen, hat noch zu Zeiten der Großen Koalition die damalige Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) das „Gesetz zur Bekämpfung unerlaubter Telefonwerbung und zur Verbesserung des Verbraucherschutzes bei besonderen Vertriebsformen“ auf den Weg gebracht. Dieses Gesetz untersagt es Anbietern, Verbraucher/-innen unerlaubt mit Werbeanrufen zu belästigen - unter Androhung eines Bußgeldes von 50.000 Euro. Außerdem wurde die Rufnummernunterdrückung bei Werbung verboten und telefonisch abgeschlossene Verträge können seitdem generell widerrufen werden.

Wenn kein Vertrag abgeschlossen wurde, sollten Sie die Forderung zurückweisen - die Beweispflicht, dass ein Vertrag zustande kam, liegt beim Rechnungssteller. Auf der Webseite der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein ( http://www.verbraucherzentrale-sh.de/UNIQ132793891511409/link786291A.html ) finden Sie eine genaue Anleitung, wie Sie sich gegen solche Vorgänge zur Wehr setzen können.

Warum in Ihrem Fall die Firma weiterhin agieren darf, kann ich Ihnen ohne genauere Informationen leider nicht beantworten. Die Strafverfolgung wird aber in vielen Fällen dadurch behindert, dass die Verantwortlichen oder der Tathergang nicht ermittelbar sind. Denn oft nutzen die Täter organisierte kriminelle Strukturen oder agieren aus dem Ausland heraus.

Das „Gesetz zur Bekämpfung unerlaubter Telefonwerbung“ war ein wichtiger Schritt, der die Rechte von Verbraucherinnen und Verbrauchern deutlich gestärkt hat. Das Problem ist aber noch nicht gelöst, wie Sie ja leider selbst erleben mussten. Deshalb stimme ich Ihnen voll und ganz zu - telefonische Verträge, die bei unerlaubten Werbeanrufen abgeschlossen wurden, bedürfen einer schriftlichen Bestätigung! Nur so können Verbraucherinnen und Verbraucher nicht mehr durch dubiose Anbieter überrumpelt und unter Druck gesetzt werden.

Deshalb setzen wir uns auch aus der Opposition heraus für einen besseren Verbraucherschutz ein. Die SPD-Bundestagsfraktion hat im Februar 2011 einen Antrag in den Bundestag eingebracht, der den Verbraucherschutz in der Telekommunikation allgemein stärken sollte. Diesen Antrag (Drucksachen-Nr.: 17/4875) füge ich Ihnen als Anlage bei. Außerdem haben die SPD-regierten Bundesländer Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Berlin eine Bundesratsinitiative eingebracht, die genau so eine „Bestätigungslösung“ vorsieht. Am 27.05.2011 folgte der Bundesrat der Initiative. Diese beinhaltet, dass am Telefon abgeschlossene Verträge nur dann gültig sind, wenn sie innerhalb von zwei Wochen schriftlich bestätigt wurden. Desweiteren sollen strengere Regeln für Inkasso-Unternehmen eingeführt und die Bußgelder für unerlaubte Werbeanrufe auf 250.000 Euro erhöht werden. Auch diesen Antrag (Drucksachen-Nr.:17/6482) habe ich Ihnen mitgeschickt.

Leider war die Reaktion der schwarz-gelben Bundesregierung auf diese Initiativen bisher unbefriedigend. Obwohl die derzeitige Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner sich schon 2010 für die Bestätigungslösung ausgesprochen hatte, hat sich bisher wenig getan. Erst im Dezember letzten Jahres gab es Presseberichte, dass das Bundesjustizministerium zumindest eine abgespeckte Version der Bestätigungslösung plane. Einen Artikel der Süddeutschen Zeitung zu den Vorhaben der Justizministerin finden Sie unter http://www.sueddeutsche.de/geld/eckpunkte-papier-der-justizministerin-justizministerin-kaempft-gegen-ueberrumpelung-am-telefon-1.1226408 . Das würde immerhin für Gewinnspiel- und Lottoverträge eine schriftliche Bestätigung notwendig machen - in anderen Bereichen wären Telefonverträge weiter auch ohne gültig. Dies wäre zumindest ein Schritt in die richtige Richtung. Wir als SPD kämpfen aber weiter für eine umfassendere Ausweitung des Verbraucherschutzes im Bereich der Telekommunikation.

Bis es zu so einer Gesetzesänderung kommt - die Bundesregierung ist hier in der Bringschuld -, können Ihnen die Verbraucherzentralen weiterhelfen. Sie können gegen Unternehmen, die unlautere Praktiken anwenden, vorgehen und geben Tipps, wie man das Risiko unerwünschter Werbeanrufe senken kann. Die Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein erreichen Sie unter http://www.verbraucherzentrale-sh.de/ , eine Übersicht aller Verbraucherzentralen Deutschlands ist unter http://www.verbraucherzentrale.de/ einsehbar.

Ich hoffe, dass ich Ihnen bei Ihren Fragen weiterhelfen konnte und verbleibe

mit freundlichen Grüßen

Dr. Ernst Dieter Rossmann, MdB