Frage an Eva Högl bezüglich Wirtschaft

Bundestagsabgeordnete für Berlin-Mitte
Eva Högl
SPD
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Frage von Emma K. •

Frage an Eva Högl von Emma K. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrte Frau Dr. Högl,

werden Sie der Erweiterung des europäischen Rettungsschirms (ESFS) und dem Furcht erregenden Vertragsentwurf zur Transferunion, dem Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM), der nun öffentlich wurde, zustimmen oder werden Sie ablehnen?

Meine politische Unterstützung für Ihre Partei bei der Berlinwahl mache ich stark von Ihrer Haltung in dieser weitreichenden Frage abhängig.

Bitte jeweils nur eine Ja/Nein Antwort, ganz so wie bei der kommenden Abstimmung.

Vielen herzlichen Dank!

Bundestagsabgeordnete für Berlin-Mitte
Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Kowski,

vielen Dank für Ihre Anfrage vom 07.09.2011.

Ich verstehe gut, dass Ihnen die aktuellen Entwicklungen der Finanzkrise und der massiven Staatsverschuldung Sorge bereiten. Als SPD-Bundestagsabgeordnete und Mitglied des Europaausschusses des Bundestages bin ich mit der europäischen Finanzpolitik unserer Bundesregierung auch nicht zufrieden. Für die SPD steht fest, dass die Solidarität mit Griechenland und anderen finanzschwachen EU-Staaten nicht nur ein Akt der Nächstenliebe ist, sondern vielmehr im Interesse Deutschlands liegt. Die Rückkehr zu nationalen Währungen ginge mit einer massiven Verteuerung unserer Exporte einher, denn mit der Abwertung der anderen Währungen würde die D-Mark aufgewertet. Wechselkursrisiken führten zu weniger Handel. Aber rund 60 % unserer Exporte gehen in die EU. Lassen wir also die Eurozone zerbrechen, werden die deutschen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durch Arbeitsplatzabbau die Hauptleidtragenden sein. Der Schaden für Deutschland wäre kaum abzuschätzen.

Allerdings gebe ich Ihnen Recht, dass das Krisenmanagement unserer Bundesregierung nicht zur Eindämmung der Krise geführt hat. Es fehlt an einer wirksamen Strategie, die über das bloße Aufstocken der EU-Rettungsschirme hinausgeht. Die Ursachen der Krise müssen beseitigt werden!

Daher fordert die SPD folgende Maßnahmen:

1. Zum Funktionieren einer Währungsunion müssen die Leistungsbilanzen ausgeglichen sein. Deshalb sind die Ungleichgewichte symmetrisch abzubauen. Es muss endlich Schluss sein mit der Lohnzurückhaltung insbesondere in Deutschland. In den notleidenden Ländern müssen sich die Löhne und Gehälter an Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit orientieren.
2. Zwingend ist eine Banken- und Finanzmarktregulierung. Wir fordern die Einführung einer europäischen Finanztransaktionssteuer zur Eindämmung von Spekulationen. Wir brauchen mehr als Gläubigerbeteiligung: Mit der Rettung von unterkapitalisierten Banken durch Staatsgarantien muss Schluss sein. Wer ein hohes Risiko eingeht, muss auch dafür haften. Es kann nicht angehen, dass der Staat die Zeche zahlt. Als Gegengewicht zu privaten Ratingagenturen, die mit ihren Bewertungen über die Zukunft von Staaten urteilen, muss eine europäische Ratingagentur installiert werden, die die Bonität von Ländern bewertet.

3. Eurobonds gehören ebenso zur Lösung. Einerseits profitieren durch teilweise Gemeinschaftshaftung alle Länder von den insgesamt niedrigeren Zinsen. Auf der anderen Seite bleibt der Reformdruck auf verschuldete Staaten durch die weiter existierenden nationalen Anleihen bestehen. Sicher werden durch Eurobonds Aufschläge für Bundesanleihen fällig, diese werden aber letztlich günstiger sein als ein Zusammenbruch der Währungsunion bzw. ständig neue finanzielle Hilfspakete.

4. Wir fordern einen sofortigen und massiven Zinsnachlass für Griechenland. Zinszahlungen sind eben keine Strafmaßnahmen, die den Staat geißeln sollen.
Wirtschaftliches Wachstum ist die Voraussetzung dafür, dass die Finanzierung der Schulden nicht durch neue Kredite erfolgen muss.

5. Ein sozialer Stabilitäts- und Wachstumspakt ist unsere Antwort auf das konservative Wettbewerbsmodell. Unser Ziel eines sozialdemokratischen Europas ist eine
demokratische und soziale Wohlstandsunion. Europaweite Mindestlöhne, beispielsweise ausgerichtet an der Höhe nationaler Durchschnittseinkommen, sowie
eine Körperschaftssteuerbemessungsgrundlage mit einem Mindestsatz zur Vermeidung von Steuerdumping gehören ebenso wie eine europäische Sozialunion dazu.

6. Wir fordern eine vom Deutschen Bundestag und Europäischen Parlament kontrollierte Koordination der Wirtschafts- und Finanzpolitik. Auch hier müssen wir
mehr Demokratie wagen.

Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie mit Ihrer Stimme für die SPD bei den anstehenden Wahlen dazu beitragen, dass die SPD wieder eine solidarische und solide Europapolitik einführen kann.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Eva Högl