Frage an Florian Hahn

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Florian Hahn
CSU
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Frage von Omid M. •

Frage an Florian Hahn von Omid M.

Sehr geehrter Herr Hahn,

im Sommer droht die nächste Abstimmung zu weiteren Hilfszahlungen (Kredite will ich das nicht mehr nennen) für Griechenland.

Bei der letzten Abstimmung stimmten sie, wenn ich das richtig sehe, mit "JA" - also für weitere Zahlungen an Griechenland.

Wenn ich mir ansehe, was in den letzten Wochen, als "Dank", dafür aus Griechenland gekommen ist, klingt das nach blankem Hohn: Herr Varoufakis zeigt Deutschland den Mittelfinger, Herr Tsipras stellt Forderungen nach Reparationen für längst geregelte Angelegenheiten und Herr Kammenos droht Berlin mit 500.000 Flüchtlingen zu überfluten.

Ich will Ihnen hiermit unmissverständlich zu verstehen geben, dass, sollten sie im Sommer erneut mit "JA" stimmen, dies nicht in meinem Interesse ist und sie bei der nächsten Wahl nicht mehr mit meiner Stimme rechnen können.

Besonders die dreiste Forderung der Griechen nach Reparationen stößt mir sauer auf, denn ich habe mit den Verbrechen der Wehrmacht überhaupt nichts zu tun (meine Eltern sind beide nicht in Deutschland geboren). Ich bin zwar in Deutschland geboren, lasse mich deswegen aber nicht pauschal als Nazi beschimpfen!

Unverständlich finde ich, wie Mitglieder der Regierungskoalition sich für die Zahlung von Reparationen an Griechenland einsetzen können. Zu diesem Punkt würde mich Ihre Meinung interessieren.

Mit freundlichen Grüßen

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CSU

Sehr geehrter Herr Mecdiz,

vielen Dank für Ihre Frage vom 20. März dieses Jahres zur Politik gegenüber Griechen-land und zur Frage der Reparationen.

Ich kann Ihren Unmut über manche Äußerungen griechischer Politiker gut nachvollziehen. Denn klar ist, dass nicht die Eurogruppe oder gar einzelne Länder für die schlechte Situation im Land verantwortlich sind, sondern die dortige Politik. Deutschland steht zu einer stabilen Währungsunion und leistet über die Hilfspakete einen solidarischen Bei-trag, der hierzulande nicht immer einfach zu vermitteln ist. Es ist daher umso ärgerlicher, dass in der griechischen Öffentlichkeit häufig gerade Deutschland angegriffen wird. Die Verantwortung für die Krise kann Griechenland nicht auf andere abschieben.

Auch eine Verknüpfung der Diskussion über die Hilfsprogramme mit Forderungen griechischer Politiker nach Reparationen für Kriegsverbrechen der deutschen Besatzungs-macht im Zweiten Weltkrieg halte ich für unangemessen. 70 Jahre nach Kriegsende und angesichts der Regelungen im Zwei-plus-Vier-Vertrag sind die Fragen der Reparationen nach zutreffender Auffassung der Bundesregierung abgeschlossen. Gleichwohl stellt auch die CSU-Landesgruppe die Notwendigkeit nicht in Frage, sich weiter mit den schrecklichen Verbrechen deutscher Soldaten in Griechenland auseinanderzusetzen. Wir begrüßen daher, dass unlängst der Deutsch-Griechische Zukunftsfonds ins Leben gerufen wurde, der unter anderem Forschungsstipendien ermöglicht und bilaterale Konferenzen und Workshops fördert. Diese Projekte dienen der Versöhnung und der historischen Aufarbeitung der deutsch-griechischen Beziehungen. Das ist wichtig und richtig. Zusätzlich hat die Koalition den Aufbau eines Deutsch-Griechischen Jugendwerks beschlossen, das hoffentlich bald seine Arbeit aufnehmen wird.

Wichtig ist meiner Ansicht nach nämlich, immer daran zu denken, dass „die Griechen“ der Boulevardpresse ebenso wenig existieren wie „die Deutschen“. In beiden Ländern gibt es eine Mehrheit besonnen denkender, hart arbeitender und ehrlich ihre Steuern zahlender Menschen, die selbst für ihre Familien sorgen wollen und sich wünschen, dass ihre Kinder in einem funktionierenden Staat und einem friedlichen Europa aufwachsen. Wir müssen aufpassen, dass die Krise keinen Keil zwischen die Länder der Europäischen Union treibt. Die Versöhnung und Vereinigung Europas nach den schrecklichen Leiden der beiden Weltkriege und der Teilung des Kontinents bleibt für mich eine der größten Segnungen unserer Zeit. Besonders in diesen konfliktreichen Zeiten, in denen autoritäre Regime versuchen, Europa zu spalten, um es zu schwächen, müssen wir Seite an Seite stehen und gemeinsam die Krise meistern.

Ich habe daher letztlich der Verlängerung des laufenden Hilfsprogramms zugestimmt, wenngleich mir das nicht leicht gefallen ist. Auch ich habe große Zweifel, ob Griechen-land die notwendige wirtschaftlich-politische Wende schafft. Mit dem letzten Beschluss erhält Griechenland aber kein zusätzliches Geld, sondern lediglich vier Monate mehr Zeit, die Bedingungen des aktuell laufenden Hilfsprogramms zu erfüllen. Griechenland erhält Unterstützung nur im Gegenzug für die tatsächliche Umsetzung von Reformen. Das hilft nicht nur Griechenland, sondern zugleich der Stabilität des Euro und darüber uns in Deutschland. Der Reformkurs war in Irland, Spanien, Portugal und Zypern erfolgreich. Auch in Griechenland gab es vor der Wahl erste positive Ergebnisse.

Die Bundesregierung hat durch kluges und unnachgiebiges Verhandeln ein gutes Ergebnis erzielt, das von allen Eurozonenmitgliedern getragen wird. Insbesondere die Mit-glieder, die gerade harte Reformen umsetzen müssen, wie Spanien oder Portugal, oder die solche bereits erfolgreich durchgeführt haben, wie die baltischen Länder, haben kein Verständnis für zusätzliche Zugeständnisse an Griechenland gezeigt. Wir sind zufrieden, dass die griechische Regierung letztlich diese Realität anerkannt und, entgegen ihren Wahlversprechen und einigen rhetorischen Ablenkungsmanövern, Reformvor-schläge in Brüssel eingereicht hat – mit durchaus begrüßenswerten Punkten (Verbesserung der Einnahmebasis des Staates, Haushaltskonsolidierung, weitere Strukturreformen, effizientere Bekämpfung von Steuerhinterziehung und Korruption, keine Zurücknahme bisheriger Maßnahmen oder einseitige Änderung von Maßnahmen, die die Haushaltsziele gefährden). Die Liste ist aber nur ein Ausgangspunkt, dessen Inhalte jetzt zu präzisieren und – nach Auffassung der CSU-Landesgruppe – um einen konkreten Zeit-plan und belastbare Schätzungen zu den fiskalischen Auswirkungen zu ergänzen sind. Auch die Schuldentragfähigkeit muss erneut geprüft werden.

Ende April findet eine Programmüberprüfung durch die Troika statt. Mit der jetzt beschlossenen Programmverlängerung ist keine automatische Auszahlung der verbleiben-den Hilfstranche von 1,8 Mrd. Euro verbunden oder der 1,9 Mrd. Euro aus Gewinnen der Europäischen Zentralbank mit griechischen Staatsanleihen. Dieses Geld kann erst nach positivem Abschluss der Überprüfung und erneuter Befassung des Haushaltsaus-schusses des Deutschen Bundestages fließen.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr Florian Hahn

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