Warum stemmen Sie sich gegen die Umsetzung des Koalitionsvertrages in der Regulierung von Werbung für ungesunde Lebensmittel und was wären ihrer Meinung nach andere Lösungswege zur Zielsetzung?

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Gero Hocker
FDP
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Frage von Lukas U. •

Warum stemmen Sie sich gegen die Umsetzung des Koalitionsvertrages in der Regulierung von Werbung für ungesunde Lebensmittel und was wären ihrer Meinung nach andere Lösungswege zur Zielsetzung?

Sehr geehrter Herr Hocker,

in der FAZ äußern Sie zur Idee des Landwirtschaftsministers zur Regulierung von Werbeangeboten für ungesunde Lebensmittel äußerst negativ. So sprechen Sie hier den Kindern ihre Mündigkeit allein anhand der Ernährung ab, wobei doch meist Eltern die Einkäufe tätigen. Dementsprechend habe ich zu dieser Thematik einige Fragen, da ich ihre Aussagen sehr gewagt finde.
Im Koalitionsvertrag spricht sich die Ampel für eine Regulierung der Werbung im Bereich für Kinder aus, die Ausführungen vom Minister lassen diesem Versprechens des Koalitionsvertrages also auch Taten folgen. Warum stemmen Sie sich gegen Koalitionsvertrag?
Zudem warnen Experten seit Jahren vor der stetig anwachsenden ungesunden Ernährung, so wird vom Landwirtschaftsministerium nur Forderungen von Experten auf dem Thema befolgt, halten Sie diese Einschätzungen für falsch? Wäre ihrer Meinung nach andere Lösungen denkbar, bspw. wie die in Schweden erfolgreiche Zuckersteuer?
Ich danke für ihre Antwort.

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Antwort von
FDP

Als Freie Demokraten stehen wir zu den im Koalitionsvertrag vereinbarten Punkten und setzen uns für einen differenzierten Ansatz ein, um das Problem von Übergewicht in der Gesellschaft und insbesondere bei Kindern anzugehen. Wir sollten uns dabei auf eine umfassende Lösung konzentrieren, die den Schutz der Kinder gewährleistet und gleichzeitig die Bedeutung von Medienkompetenz und Eigenverantwortung betont. Denn am Ende müssen auch Kinder den Umgang mit Werbung lernen, damit aus unmündigen Kindern am Ende mündige Erwachsene werden, die den Herausforderungen der modernen Welt gewachsen sind.

Wissenschaftliche Forschung kann bisher maximal einen geringen Zusammenhang zwischen Lebensmittelwerbung und dem Konsum von Lebensmittel mit hohem Salz-, Zucker- und/oder Fettgehalt oder gar Übergewicht bei Kindern nachweisen. Stattdessen beeinflussen Faktoren wie das soziale Umfeld, der sozialökonomische Status, der Bildungsgrad und insbesondere Bewegungsmangel die Kindergesundheit besonders stark. Der vom BMEL vorgelegte Gesetzesentwurf zum Werbeverbot für Lebensmittel mit hohem Zucker-, Fett- oder Salzgehalt ist mit Hinblick auf die aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse auf der einen und den zahlreichen Nebenwirkungen auf der anderen Seite unverhältnismäßig.  

Statt pauschaler Verbote braucht es bei der Ernährung weiterhin Innovationen, um Bürgerinnen und Bürger von Produkten mit weniger Zucker, Fett und Salz zu überzeugen. Mit einem so weitreichenden Werbeverbot würden wir hingegen Marktanteile zementieren und großen Konzernen wie auch Start-ups gleichermaßen die Chance nehmen, für neue, weniger gesundheitsschädliche Produkte zu werben und Käufer zu finden. Der Gesetzesentwurf verschärft dieses Problem zusätzlich, indem er bei Getränken wissenschaftsfern Süßstoffe mit Zucker gleichsetzt.

Wie ein pauschales Werbeverbot würde auch eine Zuckersteuer nachweislich nicht das Übergewicht in der Bevölkerung verringern. Folgerichtig hat der Vorschlag auch keinen Eingang in den Koalitionsvertrag gefunden. Denn letzten Endes kommt es für unseren Körper auf die Energiebilanz an und nicht, über welche Nährstoffe diese zustande kommt.

Wir sind weiterhin offen konstruktiv zu diskutieren, wie wir Übergewicht in unserer Gesellschaft effektiv bekämpfen können. Es existieren bereits nationale und europäische Regelungen sowie bestehende Aufsichts- und Selbstregulierungsstrukturen, die strenge Vorgaben an Werbetreibende machen und dem Schutz unserer Kinder dienen. Dabei besteht im Zusammenspiel mit den Ländern Raum, diese zu schärfen und zielgruppenspezifischer durchzusetzen. Gleichzeit gilt es in der Koalition Antworten auf die Frage zu finden, inwieweit Programme für mehr Bewegung und Ernährungsbildung gestärkt werden können.

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