Frage an Gesine Meißner bezüglich Wirtschaft

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Gesine Meißner
FDP
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Frage von Alexander M. •

Frage an Gesine Meißner von Alexander M. bezüglich Wirtschaft

Guten Tag Frau Meißner,

bitte teilen Sie mir mit, welche Meinung Sie über die Privatisierungsmöglichkeit der öffentlichen Trinkwasserversorgung durch die Hintertür einer Vergabe der "Dienstleistungskonzession" durch die EU-Kommission haben.

Bekannt ist, dass sich der Bundesrat und die Bundesregierung diesbezüglich gegen eine Liberalisierung aussprechen, wobei Deutschland im EU-Rat vom Wirtschaftsministerium vertreten wird, dessen zuständiger Minister Herr Dr. Rössler ist. Dieser wiedrum ist ein Befürworter der Liberalisierung !!. Wasser ist ein öffentliches Gut, es gehört der Bevölkerung und darf nicht an profitinteressierten Lobbyisten wie VIOLIA,RWE SUEZ etc etc....veräußert werden. Berlin Portugal, England, Spanien überall, wo sie hinschauen, hat die Gier nach lukrativen Geschäften der Bevölkerung große Nachteile gebracht. Es geht soweit, dass es in Portugal den Konsumenten verboten wird, aus Brunnnen sauberes Trinkwasser zu entnehmen, weil sie die Konzession nicht haben. Die Preise sind wegen der Gewinnerwartung auf Kosten der armen Leute exorbitant gestiegen, (bis 400%in Portiugal ),die Wasserleitungen werden vernachlässigt, In Engalnd gibt es schon Tankwagen, die für teures Geld Trinkwasser liefern. Wann wird die Bevölkerung in Europa genötigt sein gesundes Trinkwasser nur noch aus VIOLOIA Plastik-Flaschen kaufen zu können. ? Die Gier nach lukrativen Gewinnen hat schon einen obzönen Beigeschmack!! Der Kapitalismus mit ihrerm ganzen Liberalisierungswahn, den Ihre Partei vertritt, kann keine Zukunft haben, da soziale Spannungen vorgezeichnet sind und Empörung sich breit machen wird .

Ich hoffe, dass Sie im Interesse der breiten Bevölkerung handeln werden!!

Mit freundlichen Grüßen
Alexander Mahlmann

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Mahlmann,

vielen Dank für Ihre Frage zur aktuellen Mediendebatte über die drohende Privatisierung der Trinkwasserversorgung.

Hintergrund der Diskussion ist, wie Sie sagen, der Richtlinien-Entwurf über die Konzessionsvergabe, der gerade im Europäischen Parlament und im Ministerrat verhandelt wird. Dieser Entwurf zielt darauf ab, bei der Vergabe von Konzessionen durch die öffentliche Hand mehr Rechtssicherheit und Transparenz herzustellen. Salopp gesprochen: Es soll weniger "gemauschelt" werden können, wenn es darum geht, dass eine öffentliche Stelle eine Konzession - zum Beispiel für das Betreiben eines städtischen Parkhauses - vergibt. Unternehmen sollen einen fairen Zugang zu Geschäftsmöglichkeiten in anderen Mitgliedstaaten haben und die öffentlichen Behörden ein optimales Kosten-Nutzen-Verhältnis bekommen. Angesichts der hohen Haushaltsdefizite in den Mitgliedstaaten sind Transparenz und Wirksamkeit bei der Vergabe öffentlicher Gelder dringend notwendig. Darum unterstützt die FDP im Europaparlament die Ziele dieser Richtlinie.

Vor dem Hintergrund der gut funktionierenden Wasserversorgung in Deutschland und den weit verbreiteten Sorgen der Bevölkerung um mögliche Auswirkungen dieser Richtlinie hat die FDP bei der Abstimmung im Binnenmarktausschuss kürzlich gegen die Einbeziehung des Wassersektors gestimmt - leider wurden wir überstimmt. Dennoch ist die von den Medien erregte Verunsicherung fehl am Platz. Entgegen anders lautenden Berichten in der Presse bleibt nach den Vorschlägen des Binnemarktausschusses die Wahlfreiheit der Kommunen ausdrücklich gewahrt. Es besteht für öffentliche Auftraggeber kein Zwang zur Ausschreibung und damit auch keine Privatisierung "durch die Hintertür". Ein rein öffentlicher Auftraggeber kann frei entscheiden, ob er die betreffende Leistung selbst oder in Zusammenarbeit mit anderen öffentlichen Stellen erbringen oder diese als Konzession an die Privatwirtschaft abgeben möchte. Nur in diesem Fall besteht eine Pflicht zur Ausschreibung. Auch Stadtwerke, die ja oft eine private Rechtsform und private Beteiligungen haben, sind weiterhin als "verbundene Unternehmen" von der Ausschreibungspflicht ausgenommen, wenn sie ihre Dienstleistungen im Wesentlichen für die Gemeinde erbringen, die einen beherrschenden Einfluss auf sie ausübt. Eine Übergangsfrist bis 2020 würde ihnen genug Zeit geben, sich ggf. umzustrukturieren und die Energiesparte von der Wasserversorgumg buchhalterisch zu trennen, damit sie auch nach 2020 von dieser Ausnahme profitieren können. Die Besorgnis, dass es durch die Konzessionsrichtlinie zu einer "zwangsweisen Privatisierung" der Wasserversorgung in unseren Städten und Gemeinden kommen könnte, ist also unbegründet.

Trotz der im Europaparlament erzielten Verbesserungen haben wir weiterhin Zweifel insbesondere über Auswirkungen dieser Richtlinie auf die interkommunale Zusammenarbeit und behalten uns vor, gegebenenfalls in der Endabstimmung gegen die Stellungnahme des Parlaments zu stimmen.

Die Vertreter der Mitgliedsländer beraten gerade parallel zum Europaparlament über den Entwurf der Konzessionsrichtlinie. Dabei folgen die Vertreter Deutschlands und selbstverständlich auch die zuständigen Minister, die in Brüssel die Verhandlungen mit ihren europäischen Kollegen führen, wie bei jedem EU-Gesetzgebungsvorschlag der Position, die innerhalb der Bundesregierung festgelegt wird.

Mit freundlichen Grüßen,
Gesine Meißner