Frage an Gregor Gysi bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

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Gregor Gysi
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Frage von Bastian S. •

Frage an Gregor Gysi von Bastian S. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Dr. Gysi,

Ich habe gerade die Sendung auf RTL verfolgt, in der sie neben Frau Künast und Herrn Westerwelle zu Gast waren. Bezüglich ihrer Außenpolitik - und dem Afghanistan-Einsatz der Bundswehr stellt sich mir allerdings noch eine Frage.

Vor ab jedoch etwas vermeintlich anderes. Zur Zeit ist der Begriff Zivilcourage in aller Munde. Aus Rücksichtnahme möchte ich hier zwar auf genauere Erläuterungen verzichten, doch überall wird sie gefordert - ohne jeden Zweifel: Richtig. Und wichtig für unsere Gesellschaft. Wichtig um Moral, vor allem aber Menschen zu schützen.

Nun, um auf das Thema und meine Frage zurückzukommen, war es in Afghanistan ähnlich wie bei dem Fall, der jüngst bundesweit einerseits Entsetzen über Täter andererseits aber Bewunderung ob des mutigen Einschreitens von jemand Unbeteiligtem hervorrief.
Die dort vorherrschenden Paschtunen, ein Volksstamm aus dem Süden, unterdrückten, diskriminierten, folterten und töteten die Hazara, ein mongolisch-stämmiges Volk, unter der Herrschaft der Taliban.
Sehen Sie, der Sie für einen - mehr oder weniger - sofortigen Abzug deutscher Truppen aus dieser noch immer stark umkämpften und äußerst unsicheren Region einstehen, nicht auch ein, dass ein Eingreifen dort auch eine Form von Courage ist? Dass die Diskriminierung eines einzelnen Volkes nicht hingenommen werden kann? Dass es die Pflicht eines jeden Staates ist, solch einem massiven Unrecht entgegenzutreten?
Und dass folglicherweise ein Abzug der deutschen Truppen weder Hand noch Fuß - vor allem aber keinen Kopf, keine mittel- und langfristige Wirkung hat?

Vielen Dank im Voraus,
B.S. - Erstwähler

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Sehr geehrter Herr Stromann,

zu Ihrer Frage in Bezug auf Afghanistan muss ich Ihnen mitteilen, dass die Unterdrückung eines Volksstammes oder die Steinigung von Frauen, oder die Tatsache, dass Mädchen nicht zur Schule gehen konnten, niemals der Grund des Einmarsches der Bundeswehr und anderer Truppen war. Bis Sommer 2001 wurde unabhängig von all den von Ihnen aufgeworfenen Fragen mit der Talibanregierung verhandelt, um eine Erdgasleitung durch Afghanistan zu legen. Nur die Terroranschläge in den USA führten zum Einmarsch. Und ich bin davon überzeugt, dass man mittels Krieg niemals wirksam Terror bekämpfen kann. Es sterben unschuldige Menschen, bei deren Angehörigen und Freundinnen und Freunde Hass entsteht. Dieser Hass wird von den Bin Ladens genutzt, um neue Terroristinnen und Terroristen zu rekrutieren. Im übrigen hat der amerikanische Befehlshaber der ISAF-Truppen in Afghanistan erklärt, dass dann, wenn sie zwei Taliban töten, acht neue entstehen.

Ich glaube, dass es Möglichkeiten gibt, die demokratische Mehrheit in
Afghanistan zu unterstützen und eine Selbstbefreiung zu organisieren.
Der Weg über die Armeen, über Bomben ist falsch.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Gysi

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