Frage an Gunther Krichbaum bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Gunther Krichbaum
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Frage von Ottmar M. •

Frage an Gunther Krichbaum von Ottmar M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Guten Tag Herr Krichbaum,
als Ausschussvorsitzenden des Bundestages für die EU-Angelegeneheiten frage ich Sie, warum soll die Ukraine überhaupt ein Assoziierungsabkommen mit der EU abschließen? Zahlreiche EU-Länder sind selbst nicht in der Lage, ihre Staatsfinanzen auf solide Grundlagen zu stellen. In Griechenland, Spanien, Frankreich, Großbritannien, Ungarn … selbst in Deutschland steigen die Staatsschulden immer weiter. Wenn also in den EU-Mitgliedsstaaten die Verschuldung steigt und steigt, weshalb soll sich die Ukraine dann mit so einem Staatenbund „assoziieren“ bzw. was will die EU mit der Ukraine? Hat die EU nicht genügend eigene Probleme? Zweifellos waren die bisherigen Regierungen der Ukraine ebenfalls nicht in der Lage, solide Staatsfinanzen vorzuweisen, aber wie wir sehen, kann es die EU doch auch nicht! Die EU ist selbst nicht in der Lage, ihre finanziellen Probleme zu lösen, was soll da die Ukraine noch? In zahlreichen EU-Staaten (Griechenland, Spanien, Frankreich) gibt es eine Rekordarbeitslosigkeit, soziale Leistungen, Bildungs- und Gesundheitsausgaben wurden massiv gekürzt (Baltikum, Großbritannien, Griechenland)! Ist die soziale Lage in Rumänien, Bulgarien, Griechenland nicht desolat genug? Was hat man – fiskalisch – der Ukraine überhaupt zu bieten, außer ähnlichen Streichkonzerten in den Bereichen Soziales, Bildung, Gesundheit, Bildung, Rente? Der sogenannte EU-Stabilitätspakt soll zwar die Staatsfinanzen stabilisieren, tatsächlich steigen die Staatsschulden aber munter weiter! Gleichzeitig reduziert der Pakt den finanziellen Spielraum der nationalen Parlamente gegen Null! Wozu also ein Abkommen mit der Ukraine?
Bei Ihrer Antwort konzentrieren Sie sich bitte auf die Fragestellung! Daß die EU in der Ukraine Demokratie etc. verbreiten will, steht jeden Tag in der Zeitung, dass müssen Sie hier nicht wiederholen! Auch nicht, daß gewissen Kreise dort (unrealistische) Hoffnungen hinsichtlich der EU hegen!

O. Müller

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Sehr geehrter Herr Müller,

vielen Dank für Ihre Frage, die mir die Gelegenheit bietet, einige weitverbreitete Missverständnisse auszuräumen.

Gemäß dem Vertrag von Lissabon haben grundsätzlich alle europäischen Staaten, die die hierfür notwendigen Kriterien erfüllen, eine langfristige Beitrittsperspektive zur Europäischen Union. Betont werden muss dabei das Wort "langfristig".

Zugleich hat die EU ein großes Interesse, dass das Gefälle bei Wohlstand, Sicherheit, politischer Stabilität und Rechtstaatlichkeit an ihren Außengrenzen nicht zu groß wird. Ein solches Gefälle würde den Migrationsdruck in die EU ansteigen lassen und zudem destabilisierend auf jene EU-Staaten wirken, die an diese Länder angrenzen. Daher schließt die EU seit einigen Jahren Stabilisierungs- und Assoziationsabkommen ab, um diese Länder und ihre Wirtschaft näher an die EU zu binden. Auch politisch soll so eine Festigung erreicht werden. Ein solches Abkommen trifft jedoch überhaupt keine Aussagen über einen möglichen späteren Beitrittstermin.

Der Abschluss eines Assoziationsabkommen mit der Ukraine hat also überhaupt nichts mit der Staatsschuldenkrise in einigen Euro-Staaten zu tun.

Abschließend gestatten Sie mir aber noch einen Hinweis, der mir sehr wichtig ist: Der aktuellen Konflikt in der Ukraine wurde dadurch ausgelöst, das der ehemalige Präsident Janukowitsch auf Geheiß aus Moskau die Unterschrift unter das Assoziierungsabkommen verweigerte. Damit hat er vielen Menschen die Hoffnung genommen, dass sie in absehbarer Zeit die europäischen Werte Freiheit, Rechtstaatlichkeit und Demokratie mit uns teilen können. Diese Wertegemeinschaft ist es, die über alle wirtschaftlichen Vorteile hinaus die eigentliche Anziehungskraft der EU darstellt. Die "Verbreitung von Demokratie" ist eine ganz wesentliche Grundlage unseres Handelns!

Mit freundlichen Grüßen

Gunther Krichbaum

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