Frage an Heike Baehrens bezüglich Gesundheit

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Heike Baehrens
SPD
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Frage von Klaus-Peter S. •

Frage an Heike Baehrens von Klaus-Peter S. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrte Frau Baehrens!
Was wäre wenn Sonntag Bundestagswahl wäre...? Ja, politisch interessierte wissen, dass die SPD hart an der 20 Prozent Marke kratzt! Die SPD sollte sich endlich wieder deutlich an ihrer früheren Kernmarke orientieren! Die soziale Gerechtigkeit ist in Deutschland immer mehr unter die Räder gekommen!
Mein Anliegen:
In Deutschland wird auf Arzneimittel trotz seit Jahren steigenden Rekordsteuereinnahmen immer noch der volle Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent erhoben! Übrigens ..., selbst das Katzenfutter wird mit dem reduzierten Steuersatz von 7 Prozent belegt! Aber ausgerechnet das so reiche und soziale Deutschland ist neben Dänemark und Bulgarien das einzige EU-Land, dass auf Arzneimittel noch den vollen Steuersatz erhebt!
Würde der reduzierte Mehrwertsteuersatz gelten , könnten die ohnehin hohen Belastungen durch die Krankenkassenbeiträge für die gesetzlich Versicherten wenigstens stabil gehalten oder vielleicht sogar etwas gemindert werden. Die GKV könnte so laut vdek jährlich 3,2 Milliarden Euro einsparen.
( Quelle: http://www.aerzteblatt.de/nachrichten/53076 )
Warum ist es mehrheitlicher politischer Wille, dass man in unserem Land ausgerechnet mit dem hohen Mehrwertsteuersatz zu Lasten gesundheitlich geschädigter kranker Menschen die Steuereinnahmen in die Höhe treibt? 25 EU-Länder (sogar ärmere Staaten,die auf jede Steuereinnahme angewiesen sind ) haben sich für einen anderen Weg entschieden! Ich rate mal dazu , die unterschiedlichen Mehrwertsteuersätze für die verschiedenen einer realistischen grundlegenden Betrachtung zu unterziehen!
Sehen Sie persönlich Änderungsbedarf und reale Änderungsmöglichkeiten in dieser Angelegenheit? Wie ist dazu die Meinung in Ihrer Partei?
Mit freundlichem Gruß
Klaus-Peter Steinberg

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Sehr geehrter Herr Steinberg,

für Ihre E-Mail vom 12.04.2016 über abgeordnetenwatch.de, mit der Sie die Senkung der Mehrwertsteuer auf Arzneimittel auf 7% fordern, danke ich Ihnen.

Das System der Umsatzbesteuerung mit seinen verschieden hohen Steuersätzen ist meines Erachtens zu Recht in der Kritik. Die Begünstigungen für einzelne Produkte und Dienstleistungen sind teilweise nachvollziehbar und zu begrüßen (z.B. Lebensmittel, Bücher). Andererseits erscheint die Gesamtsystematik oft widersprüchlich und unübersichtlich (ein Beispiel, das hierbei immer wieder zitiert wird: Pferde und Kartoffeln 7% – Esel und Süßkartoffeln 19%).

Die Umsatzbesteuerung einzelner Produkte steht also immer im Zusammenhang mit der Behandlung anderer Produkte oder Dienstleistungen. Eine Änderung des Umsatzsteuersatzes auf Arzneimittel kann deshalb nicht isoliert, sondern nur im Rahmen einer Reform des Gesamtsystems erfolgen. Eine solche ist für diese Legislaturperiode allerdings nicht vorgesehen.

Es ist außerdem fraglich, ob eine Absenkung des Mehrwertsteuersatzes auf Arzneimittel sich überhaupt für die Endverbraucher positiv auswirken würde. In der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass Hersteller oder Handel profitieren und es nicht zu einer Reduzierung des Endpreises kommt.

Des Weiteren ist zwar richtig, dass im internationalen Vergleich viele andere Länder Medikamente ermäßigt besteuern, eine solche Maßnahme darf jedoch ebenfalls nicht isoliert betrachtet werden. In mehreren Ländern werden die Preise zum Teil staatlich festgelegt, oder aber das Arzneimittelspektrum ist deutlich geringer als in Deutschland.

Der Gesetzgeber hat allerdings an anderer Stelle für weitgehende Vergünstigungen für das Gesundheitswesen gesorgt. So sind beispielsweise die Tätigkeit als Arzt, Zahnarzt oder in anderen Heilberufen – wie auch die meisten Krankenhausleistungen – von der Umsatzsteuer befreit. Damit wird gezielt eine Kostensenkung im Gesundheitswesen bezweckt und erreicht.

Ich gebe Ihnen aber Recht: Angesichts stetig steigender Ausgaben in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), der absehbaren demographischen Entwicklung und dem erfreulichen technologischen/medizinischen Fortschritt müssen auch die Ausgaben für Arzneimittel begrenzt werden. Dies möchte die Große Koalition, wie auch schon Vorgängerregierungen, wirksamer auf andere Weise erreichen als durch einen reduzierten Mehrwertsteuersatz. In der Vergangenheit wurde hierzu schon Vieles gesetzlich geregelt (z.B. vorgeschriebene Rabatte der Pharmaindustrie an die Krankenkassen oder Preismoratorium für patentgeschützte Medikamente). So konnte erreicht werden, dass der Anteil der Arzneimittel an den Gesamtausgaben der GKV in den letzten Jahren relativ konstant bei ca. 17 % geblieben ist. Auch absolut sind die Ausgaben relativ moderat gestiegen.

Auch künftig bleibt das Thema Finanzierbarkeit der Arzneimittelkosten auf unserer Agenda: Die SPD-Bundestagsfraktion hat sich dafür eingesetzt, dass diese Thematik beim gerade beendeten Pharmadialog der Bundesregierung mit der Pharmaindustrie eine große Rolle spielt. So ist ein Ergebnis des Dialogs, das sog. AMNOG (=Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes) -Verfahren zu stärken. Dies soll beispielsweise dadurch geschehen, dass der Umsatz von neuen Arzneimitteln im ersten Jahr nach Markteintritt begrenzt wird.

Sehr geehrter Herr Steinberg, ich hoffe, diese Ausführungen konnten dazu beitragen, Ihr Vertrauen darin zu stärken, dass wir uns als SPD für Gerechtigkeit im Gesundheitswesen einsetzen: Alle Menschen sollen – unabhängig von ihrem Einkommen – Zugang zu einer optimalen medizinischen Versorgung erhalten, nicht nur mit Medikamenten.

Mit freundlichem Gruß
Ihre Heike Baehrens

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