Frage an Helge Lindh bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Helge Lindh
SPD
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Frage von Uwe F. •

Frage an Helge Lindh von Uwe F. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Lindh,

ich würde gerne Ihre Meinung über die folgenden Fragen in erfahrung bringen um mich für die Bundestagswahlen zu informieren.

1, Dieselfahrverbote
2, CETA und TTIP
3, Maut für PKW
4, Mindestlohn
5, Bügerbeteiligung durch Volksentscheide

Mit Spannung erwarte ich Ihre Antworten

Mit freundlichen Grüßen
U. F.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr F.,

vielen lieben Dank für Ihre Fragen. Anbei finden Sie meine Antworten:

1. Dieselfahrverbote

Dieselfahrverbote halte ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht für sinnvoll. Damit würde man die Autofahrer, also die Verbraucher aktuell bestrafen. Zugleich dürfen wir die Schadstoffbelastungen der Innenstädte nicht tatenlos hinnehmen. Umweltschonende Technologien müssen intensiv gefördert werden, darunter insbesondere die Elektromobilität. Die deutsche Politik muss mit ihrer Forschungs- und Wirtschaftspolitik diesen Wandel massiv fördern, nur so wird die Automobilindustrie auf Dauer überlebensfähig sein, und die Arbeitsplätze bei den Herstellern und Zulieferern haben nur so Zukunft.

Klartext: Der Ausgang des Dieselgipfels ist absolut unbefriedigend. Die Automobilindustrie hat die bequemste Variante bekommen. Nennen wir die Verantwortung genau beim Namen. Nicht die hochqualifizierten Ingenieurinnen und Ingenieure tragen die Schuld, sondern Spitzenmanager, die den Betrug für Shareholder-Value und kurzfristige Gewinnmaximierung forcierten. Sie gehören ihrer Funktionen enthoben. Es kann nicht sein, dass die Autofahrer einerseits, die Gesamtbevölkerung andererseits dafür in die Bresche springen müssen. Verursacherprinzip!

2. CETA und TTIP

Ein wesentlicher Schwachpunkt der Verhandlungen zu TTIP und CETA war eine Politik der Intransparenz und mangelnden Informationen. Stärkere Beteiligung tut unbedingt not. TTIP war von Beginn an aufgrund seiner Konstruktion nicht tragbar und als Freihandelsabkommen aufgrund einer Fülle von Defiziten nicht zustimmungsfähig.

CETA ist im Vergleich dazu wesentlich besser, insbesondere infolge der Korrekturen. Ein Parteikonvent der SPD hat die roten Linien, die nicht überschritten dürfen, breit thematisiert. Kanada ist ein hinsichtlich Gemeinwohl, Standards, Daseinsvorsorge ein deutlich offenerer, zugänlicherer Verhandlungspartner. Allerdings bietet CETA immer noch eine Reihe von Angriffspunkten und Unklarheiten. Insbesondere unscharfe Rechtsbegriffe bieten ein mögliches Einfallstor für die Schwächung der gewählten demokratischen Organe durch Sondergremien oder auch für die Schwächung des europäischen Vorsorgeprinzips, um zwei Beispiele zu nennen.

Die Einstufung als gemischte Einkommen war zwingend notwendig. So kann es zumindest erst vollständig und endgültig in Kraft treten, wenn die nationalen Parlamente allesamt den Vertrag ratifiziert haben. Der Bundestag muss das Abkommen genau und scharf prüfen.

3. Maut für PKW
Ich lehne eine PKW-Maut ab.

4. Mindestlohn

Mit dem gesetzlichen Mindestlohn haben wir eine unverzichtbare untere Haltelinie eingeführt, die Beschäftigten ihre Würde zurückgibt und vor unerträglicher Ausbeutung schützt. Sie ist aber nur eine untere Haltelinie. Ziel müssen klar höhere Branchenmindestlöhne, die allgemeinverbindlich sind, und in den tariflich gebundenen Unternehmen klar höhere Tariflöhne sein. Mit dem Mindestlohn sind die Reallöhne im unteren Bereich überdurchschnittlich gestiegen. Dadurch ist Schere zwischen den oberen und unteren Gehältern ein Stück zugegangen.

Wir wollen die Ausnahmen beim Mindestlohn für Langzeitarbeitslose abschaffen. Denn wo reguläre Arbeit geleistet wird, soll auch regulär bezahlt werden. Außerdem wollen und müssen wir die Kontrollen zur Einhaltung des Mindestlohns forcieren.

5. Bügerbeteiligung durch Volksentscheide

Unter klar definierten Bedingungen soll meiner Ansicht nach der Volksentscheid im Rahmen unserer repräsentativen Demokratie ermöglicht werden. Volksentscheide sind kein Allheilmittel gegen den Vertrauensverlust und die Beziehungsstörung zwischen Bevölkerung und Parteipolitik. Sie birgt Möglichkeiten zur Einflussnahme durch starke Lobbys, so in Großbritannien und Kalifornien. Das Beispiel Schweiz zeigt, dass Volksentscheide für Populismus anfällig sind.

Aber unsere Demokratie ist reif und stark genug, um sich das Instrument des Volksentscheids zuzutrauen und selbiges als Option anzugehen. Auch das Petitionsrecht beim deutschen Bundestag muss weiterentwickelt werden, und zwar durch barrierefreien Zugang für Menschen mit Behinderungen und durch mehr öffentliche Ausschusssitzungen.

Außerdem müssen wir mehr Demokratie wagen, d.h. viel mehr alltäglichen und fortwährenden Dialog mit Bürgerinnen und Bürgern, um Ideen, Anregungen aufzunehmen und ihren Stimme Gehör zu verschaffen.

Falls Sie noch weitere Fragen haben, können Sie sich gerne an mich wenden.

Mit freundlichen Grüßen

Helge Lindh

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