Sehr geehrte Frau Kräft-Ludolph,

vielen Dank für Ihre Anfrage. Zu allererst möchte ich mich bei Ihnen
dafür entschuldigen, dass Sie so lange auf eine Antwort warten mussten.
Grund hierfür war, dass die Benachrichtigung, die ich gewöhnlich
erhalte, wenn jemand eine Anfrage bei abgeordnetenwatch.de an mich
stellt, nicht in meinem E-Mail-Postfach ankam. Ich bitte Sie hierfür um
Verständnis.

Auch ich bin besorgt über den Fortgang der Debatte um die aktuelle
Flüchtlingspolitik, über den immer rauer werdenden Ton im Land. Und,
noch schlimmer, über die Taten, von den wir täglich in den Medien
erfahren. Von brennenden Asylunterkünften, von Rassismus, von
Hetzparolen, die offen auf Demonstrationen geäußert werden. Ich
persönlich bemühe mich seit jeher um eine sachliche Diskussion. Es gibt
keine einfachen Antworten. Mit denen, die diese meinen zu haben, setzte
ich mich auseinander und zeige ihnen die Komplexität der Debatte auf,
liefere Argumente.

Da gehört zum Beispiel auch dazu, dass ein Zaun um Europa keine
Flüchtlinge davon abhält, nach Europa zu kommen. Die Frage nach den
Kosten eines solchen Zaunes kann ich nicht belastbar beantworten. Viel
mehr als die finanzielle Belastung durch einen solchen Zaun ist aber die
Belastung für unsere Idee von Europa. Jahrzehntelang haben gerade wir
Sozialdemokraten dafür gekämpft, dass die innereuropäischen Grenzen
fallen, dass Reisefreiheit herrscht, dass Verständigung zwischen den
Ländern gelebt werden kann. Jetzt eine Mauer um die Außengrenzen der EU
zu ziehen, konterkariert all die Arbeit und Überzeugung der
Vergangenheit. Vielmehr sollten wir uns darüber unterhalten, wie wir die
Flüchtlinge so in Europa verteilen, dass nicht ein Land den Großteil der
Integrationsleistung übernehmen muss, während sich andere Länder strikt
weigern, Flüchtlinge aufzunehmen.

Wir brauchen eine Solidarität innerhalb der EU und eine Solidarität
gegenüber denen, die aus guten Gründen aus ihren Heimatländern flüchten.
Und denen, die sich hier auf Kosten der Flüchtlinge mit einfachen
Parolen profilieren, müssen wir mit Haltung begegnen, sie entlarven,
ihre vermeintlichen Argumente widerlegen, ihnen klar die Stirn bieten.
Das ist ein aufwändiger Weg, aber er muss gegangen werden. Ihre Hoffnung
auf Frieden kann ich uneingeschränkt teilen, ich hoffe ich weiß sie als
engagierte Mitstreiterin an unserer Seite. Gerade in diesen Zeiten
braucht es couragierte Leute, die als Vorbilder dienen, die Gesellschaft
zusammenhalten.