Frage an Heribert Hirte bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie

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Heribert Hirte
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Frage von F. H. •

Frage an Heribert Hirte von F. H. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie

Sehr geehrter Herr Prof. Hirte,
die Universität zu Köln ist - zusammen mit den Unikliniken - der größte Arbeitgeber im Kölner Süden.
Wo sehen Sie Reformbedarf im Hochschul- und Wissenschaftssystem, und zwar entlang der folgenden Punkte:
1) Studierende
2) wissenschaftlicher Nachwuchs / Attraktivität und Planbarkeit wissenschaftlicher Laufbahn
3) akademischer Mittelbau
4) Professorenschaft
5) Forschung
6) Lehre
7) Verwaltung
Was kann und sollte der Bund hier konkret reformieren?
Wie unterscheidet sich Ihre Position bzw. die Position Ihrer Partei in den genannten Punkten konkret von der politischen Konkurrenz?
Freundliche Grüße

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr H.,

vielen Dank für Ihre Nachricht – heute mal zu einem anderen Thema. Wir entwickeln ja eine richtige Brieffreundschaft. Im vergangenen Jahr war ich zu dem von Ihnen angesprochenen Thema der Hochschulpolitik bereits Gast der Universität zu Köln, und auch am 5. Juli 2017 hatte mich der AStA der Universität zu Köln eingeladen und ich konnte meine Position in einer Diskussionsrunde darstellen. Ich nehme an, dass Sie nicht dabei waren. Schade, denn ich hätte meine Ideen besser erklären können als in einer Nachricht und Sie hätten die Möglichkeit zur direkten Diskussion gehabt.

Gerne antworte ich Ihnen aber kurz entlang der von Ihnen genannten Stichworte, wo ich Reformbedarf sehe:

1. Um unserem hohen Qualitätsanspruch gerecht werden zu können, müssen wir natürlich auch weiterhin die Ansprüche an die Studierenden anpassen und nicht umgekehrt. Dies sind wir den Studentinnen und den Studenten auch in ihrem eigenen Interesse schuldig, um sie auf die zukünftige Berufslaufbahn – in der Wirtschaft oder in der (internationalen und universitären) Forschung – vorzubereiten. Auch trete ich für eine deutlichere Trennung zwischen Universitäten und Fachhochschulen ein. (Zukünftigen) Studierenden muss es klar sein, welche Anforderungen, welche Ansprüche an sie in der gewählten Einrichtung der tertiären Bildung, also Universitäten, Fachhochschulen, aber auch auf Berufsakademien und Fachschulen gestellt werden.

2. Wissenschaftlicher Nachwuchs ist essentiell für die Fortentwicklung unserer Hochschulen, der Wissenschaft und die Ausbildung der zukünftigen Führungskräfte unseres Landes. Daher bedarf es deutlicher als bisher auch einer Förderung im Bereich der Hochschuldidaktik und eines intensiveren Austauschen des wissenschaftlichen Nachwuchses untereinander aber auch mit Hochschullehrern. Gleichzeitig muss es nach der ersten Qualifikationsarbeit (d.h. i.d.R. mit dem Erwerb des Dr.-Titels) und insbesondere auch nach einer Habilitation die Möglichkeit bestehen, als Teil des Mittelbaus unbefristete Stellen annehmen zu können.

3. Der Mittelbau ist mit deutlich besser dotierten Stellen auszustatten. Es wirkt verstörend, wenn Gymnasial- und in höheren Erfahrungsstufen auch Realschullehrer deutlich besser verdienen als langjährige Wissenschaftliche Mitarbeiter wie insbesondere solche, die permanent und ausschließlich in der Lehre eingesetzt werden. Insofern spreche ich mich hier vergleichbar zu Lehrern an Schulen für eine deutliche Ausweitung der Stellen für akademische Räte aus.

4. Bewerbungsverfahren für Hochschullehrer müssen deutlich schneller durchgeführt werden. Auch sollte im Vergleich zu Gymnasiallehrern die Vergütung von Fachhochschulprofessoren hinterfragt werden.

5. Forschung bewegt sich in einem internationalen Umfeld – hier darf Deutschland nicht zu enge Grenzen setzen. Neben einer finanziellen Ausstattung bedarf es hier auch einer entsprechenden Wertschätzung durch Politik und Gesellschaft.

6. Noch immer ist universitäre Lehre durch Autodiktion geprägt. Hier bedarf es mehr Initiativen wie z.B. dem Master of Higher Education meiner Universität Hamburg, die Grundsteine zu besserer Lehre legen. Auch Bedarf es Kompetenzzentren, die sich gebündelt um die Erstellung von elektronischen Angeboten kümmern, die dann einzelne Hochschullehrer (angepasst) nutzen können.

7. Bürokratieabbau; Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung

Bildung ist Landespolitik, daher hat der Bund nur eingeschränkte Möglichkeiten hier in Erscheinung zu treten, wie Sie wissen (Sie selbst verfolgen ja eine wissenschaftliche Laufbahn, wenn ich richtig informiert bin). Wir haben aber die Möglichkeit auf Bundesebene Entwicklungen zu stützen, denn auf Grundlage des gesetzlichen Rahmens können Bund und Länder bei der staatlichen Wissenschafts- und
Forschungsförderung zusammenwirken. Ihnen stehen mehrere Instrumente zur Verfügung, die eine zielgerichtete Förderung ermöglichen: die Projektförderung, die institutionelle Förderung sowie die Finanzierung der Ressortforschung

Ein Beispiel hierfür ist die Initiative „Innovativen Hochschulen“, bei der wir auf Bundesebene den Transfer von Forschungsergebnissen aus allen Wissenschaftsdisziplinen zum Nutzen für Wirtschaft und Gesellschaft stärken und die nun endlich konkret wird.

Als Universitätsprofessor steht mir persönlich die Hochschulpolitik sehr nahe und seit vielen Jahren arbeite ich mit Kollegen im Bereich der Juristenausbildung. Auch als Mitglied des Rechtsausschusses meiner Fraktion war ich in diesem Bereich in den letzten Jahren gefragt. Jedoch vertrete ich als Abgeordneter des Kölner Südens und Westens alle Bürgerinnen und Bürger und möchte natürlich ein qualitativ hohes Bildungsniveau auf allen Ebenen garantieren. Ein in der Bildungspolitik oft vernachlässigtes oder vergessenes Element stellt für mich dabei die Ausbildung an den Berufsschulen dar, die ein zentrales, integratives Element für unsere Gesellschaft und Wirtschaft ist, was aber viel zu selten öffentlich erwähnt wird (jedenfalls in meiner Wahrnehmung).

Mit freundlichen Grüßen

Heribert Hirte