Frage an Heribert Hirte bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Heribert Hirte
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Frage an Heribert Hirte von Jonathan R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Hirte,

bei der derzeitigen Impfpolitik sind wir an einem Punkt angekommen, an dem ich das Handeln der Regierung nicht mehr nachvollziehen kann. Ich fasse mich kurz:

Ich kann nicht verstehen, warum der Empfehlung der StIKo nicht gefolgt wird: Für die Ü60-Jährigen sind Astrazeneca, J&J, BionTech und Moderna freigegeben. Für U60-Jährige sind ausschließlich die mRNA-Impfstoffe BionTech und Moderna freigegeben. Vor rund 2 Monaten wäre es an der Zeit gewesen eine Verordnung herauszugeben, die regelt, dass eine Person Ü60 ausschließlich Astrazeneca / J&J bekommen darf. Die mRNA-Impfstoffe müssen an die U60-Bürger vergeben werden.

De facto nimmt jeder Ü60-Jährige, der einen mRNA-Impfstoff bekommt, einer Person U60 die Impfdosis weg. Das ging so weit, dass Astrazeneca für alle Bürger ohne Priorisierung freigegeben wurde, weil die Ü60-Jährigen nicht die Solidarität aufbringen, sich damit impfen zu lassen. In meinem Betrieb haben sich nun 320 Personen U60 (mich eingeschlossen) mit Astrazeneca impfen lassen und haben vorab unterschrieben, dass die Verabreichung auf eigene Gefahr geschieht. Der Arzt hat jüngeren Frauen U40 wieder weg geschickt, da er das Risiko nicht verantworten konnte.

Können Sie mir erklären, wie es die Regierung fertig bringt eine solche Verordnung nicht zu erlassen? Das verzögert den Impfprozess auf Kosten der jüngeren Frauen und der (immer noch nicht berücksichtigten) Kinder U18. Zusätzlich können diese Gruppen weiterhin erkranken und die Pandemie zögert sich hinaus. Daher nochmal: warum können Ü60-Jährige weiterhin BionTech und Moderna als Impfstoff bekommen? Dabei geht es mir bewusst NICHT um die Anfangsphase, als die Prio 1 Gruppe geimpft wurde und es nur die mRNA-Impfstoffe gab. Dort haben Sie m.E. richtig und korrekt gehandelt. Als Astrazeneca dazu kam und die StIKo ihre Empfehlung abgegeben hat, hätten sie dies meiner Meinung nach gesetzlich vorschreiben MÜSSEN. Warum ist das nicht passiert?

Gruß,
J.Rademacher

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Sehr geehrter Herr Rademacher,

vielen Dank für Ihre Nachricht.

In Deutschland sind derzeit vier Impfstoffe zugelassen. Die beiden mRNA-Impfstoffe von BioNTech (Comirnaty®) und Moderna (COVID-19 Vaccine Moderna®) werden für alle impfwilligen Personen empfohlen. Die Impfstoffe von AstraZeneca (Vaxzevria®) und Janssen-Cilag sollen laut Empfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO) vor allem bei Menschen über 60 Jahren eingesetzt werden. Hintergrund sind sehr selten auftretende schwerwiegende Nebenwirkungen (Hirnvenenthrombosen) insbesondere bei einzelnen jüngeren Personengruppen. Mit beiden Impfstoffen können sich laut STIKO aber auch jüngere Menschen impfen lassen, wenn sie das möchten und von ihrem Arzt bzw. ihrer Ärztin umfassend aufgeklärt wurden. Kinder und Jugendliche ab 12 Jahren können mit dem Impfstoff von BioNTech geimpft werden. Er ist seit dem 31. Mai 2021 in der Europäischen Union für diese Altersgruppe zugelassen.

Aufgrund der Impfquote bleibt die StIKo bei der Empfehlung, aufgrund der immer noch begrenzten Impfstoffverfügbarkeit soll die Impfung zunächst nur Personengruppen angeboten werden, die entweder ein besonders hohes Risiko für schwere oder tödliche Verläufe einer COVID-19-Erkrankung haben oder die arbeitsbedingt entweder besonders exponiert sind oder engen Kontakt zu vulnerablen Personengruppen haben.

Solange wir diese Priorisierung aufrechterhalten, bleibt es ein richtiges Ziel auch mit Blick auf die mögliche Mortalität, vulnerable Gruppen möglichst schnell zu impfen. Vor diesem Hintergrund bedingt der kürzere Impfintervall die weiter bestehende Freigabe der mRNA Impfstoffe für die Population Ü60. Sie dürfen zusätzlich nicht vergessen, dass nicht an jedem Impfstandort zur selben Zeit alle vier verfügbaren Impfstoffe auch vorliegen. Salopp gesagt, die höchste Dynamik und Effektivität hat es, vor Ort die Impfstoffe zu verimpfen, die aktuell verfügbar sind.

Sie haben aber Recht, dass es zu kritisieren ist, dass Personen aus priorisierten Impfgruppen Termine nicht wahrnehmen oder sogar verfallen lassen aus eigenen unterschiedlichen und zu Teilen egoistischen Motiven. Solidarität der Bevölkerungsgruppen untereinander hat einen aktiven Einfluss darauf, wie wir die Pandemie meistern.

Mit freundlichen Grüßen

Heribert Hirte