Frage an Hilde Mattheis bezüglich Landwirtschaft und Ernährung

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Hilde Mattheis
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Frage an Hilde Mattheis von Georg G. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung

Sehr geehrter Frau Abgeordnete Mattheis

als Landwirt in Deutschland stehe ich in zunehmend offenen Agrarmärkten im vollen Wettbewerb vor allem mit meinen Kollegen in anderen EU-Ländern. Doch stelle ich fest, dass wir deutschen Bauern seit Jahren einmalig hohe Steuern auf den Agrardiesel bezahlen müssen. Große Teile der Landwirtschaft sind sogar von einer Begünstigung ausgeschlossen. Diese nationale Benachteiligung kostet uns jährlich pro Betrieb einen Betrag, der meist in drei- bis vierstelliger Höhe liegt. Gerade in schwierigen konjunkturellen Zeiten wie heute wird diese Kostenbelastung zu einer Bürde für die Wirtschaftsleistung aller Betriebe in Deutschland und wirft uns im Vergleich zu unseren Mitkonkurrenten zurück. Selbst bei allen Anstrengungen zur Kostensenkung können wir eine solche Benachteiligung als Unternehmer nicht auffangen.

Deshalb muss jetzt der deutsche Agrardieselsteuersatz auf das Niveau unserer Kollegen in Frankreich, Dänemark oder Niederlande gesenkt werden. Wir zahlen im Durchschnitt 40 Cent je Liter Agrardiesel, diese Hauptkonkurrenten unter 1 Cent, andere EU-Länder unter 10 Cent.

Warum hat es im Koalitionsausschuss am 4.3.2009 keine Entscheidung im Sinne aller deutschen Landwirte gegeben?

Warum behebt die Politik diese eklatante Wettbewerbsbenachteiligung der deutschen Landwirte nicht?

Mein Bertieb mit fast 18 hektar hätte 549,22€ Dieselvergütung.Durch den Selbstbehalt des Zolls (bei jedem Betrieb) von 350,00€ verbleiben noch 199,22€.Das entspricht einer Vergütung von 0,0775€.Dies ist auch eine Augenwischerei gegenüber der Öffentlichkeit.
Mit freundlichen Grüßen Georg Glöggler

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Sehr geehrter Herr Glöggler,

vielen Dank für Ihre Email, in der Sie einen niedrigeren Steuersatz für in der Landwirtschaft verwendeten Dieselkraftstoff fordern. Sie begründen dies mit der Schlechterstellung der deutschen Landwirtschaft im Wettbewerb. Sie haben recht: Die Belastung auf den Dieselkraftstoff ist im Vergleich in Deutschland hoch. Allein aus dieser Tatsache einen Wettbewerbsnachteil für die deutsche Landwirtschaft abzuleiten, wird aber der Situation der Landwirtschaft nicht gerecht. Die Wettbewerbsbedingungen werden von vielen Faktoren bestimmt. Und etliche dieser Faktoren sind für die deutsche Landwirtschat günstig. Leider gibt es keine Studien, die vergleichbar alle Subventionen und Hilfen für die Landwirtschaft zusammenfassen und bewerten. Ein Gutachten des Ifo-Instituts vom November 2003 kommt z. B. in der Gesamtbetrachtung der Steuern auf alle Produktionsmittel zu dem Ergebnis, dass Deutschland mit den Niederlanden und mit Österreich gleichauf im Mittelfeld liegt. Gerade in den letzten Tagen ist ein Vergleich der Produktionskosten in der Schweineproduktion veröffentlicht worden. In dieser Untersuchung wird festgestellt, das die „Kosten durch politische Maßnahmen“ (u. a. für Umwelt-, Verbraucher- und Tierschutz) bezogen auf die Produktion von Schweinefleisch in Deutschland deutlich geringer als in den Niederlanden und auch niedriger als in Dänemark oder Spanien sind; nur Frankreich und Polen liegen etwas unter dem deutschen Niveau. Die Produzenten in den Niederlanden und Dänemark sind aber die wichtigsten Konkurrenten für deutsches Schweinefleisch. Die Autoren der Studie erwarten für die Niederlande eine weitere Verschlechterung der Position im Wettrennen um die niedrigsten Kosten, weisen aber darauf hin, dass es andere Vorteile gibt, die dies kompensieren: Wissen, Leistungsfähigkeit, Professionalität.
In diesen Studien wurden sonstige Faktoren, die für die Wettbewerbssituation von Bedeutung sind – z. B. die soziale Absicherung oder die Ertragssteuern – nicht berücksichtigt. Der Vergleich dieser Faktoren ist schwierig, da gerade in der sozialen Absicherung unterschiedliche Systeme mit unterschiedlichen Finanzierungen und unterschiedlichen Leistungen verglichen werden müssen. Sicher ist aber, dass der Bund gerade in der Sozialversicherung die Landwirtschaft kräftig unterstützt. Wenn man also die Wettbewerbssituation vergleichen will, dann kommt man nur mit einem Blick auf die Marktanteile weiter. Im Situationsbericht 2009 schreibt der Deutsche Bauernverband über die Marktanteile innerhalb der EU: „Im Zehnjahresvergleich hat Deutschland seinen Marktanteil bei den meisten Produkten halten oder sogar ausbauen können.“ Zum Außenhandel schreibt der Deutsche Bauernverband für 2007 im Vergleich zu 2006: „Noch kräftiger legten 2007 die Agrarexporte zu. Sie stiegen nach vorläufigen Ergebnissen um gut 13 Prozent auf 46,0 Milliarden Euro“. Angesichts der auch national hohen Unterstützung für die Landwirtschaft und angesichts dieser Marktentwicklung kann ich insgesamt kein Wettbewerbsproblem für die Deutsche Landwirtschaft erkennen. Ich halte auch aus grundsätzlichen Erwägungen nichts von einer Senkung des Steuersatzes auf den Agrardiesel. Der Bund unterstützt die Landwirtschaft darin, die Energieeffizienz zu steigern. Das halte ich für den richtigen Weg. Auch wenn der Dieselpreis zurzeit günstig ist: Energie wird auch in Zukunft ein gewichtiger Kostenfaktor bleiben. Dem können wir nur damit begegnen, Energie effizient einzusetzen. Gerade letzte Woche hat der Zentralverband des Gartenbaus darauf hingewiesen, dass die Möglichkeiten zur Energieeffizienz im Gartenbau nicht ausgereizt sind. Auch in der Landwirtschaft gibt es erhebliche Effizienzpotentiale. Eine Harmonisierung der Energiesteuern in Europa ist sinnvoll. Gleichwohl kann es im Interesse des Klimaschutzes nicht darum gehen, die Steuern in Deutschland zu senken. Vielmehr müssten auch die anderen Mitgliedstaaten fossiles Agrardiesel höher besteuern und die Wettbewerbsfähigkeit erneuerbarer Energien erhöhen. Dies ist auch der Weg, den die Kommission vorschlagen wird. Diese EU-weite Harmonisierung ist bisher gescheitert, sie steht aber weiterhin auf der Tagesordnung. Dennoch haben wir zugestimmt, den Ländern Entlastungsmaßnahmen zu ermöglichen. Hierzu soll in das Energiesteuergesetz eine Öffnungsklausel aufgenommen werden, wonach die Länder aus Landesmitteln den Selbstbehalt von bis zu 350 € vergüten können. Die Vorbereitungen dazu laufen, dieser Öffnung muss aber die EU-Kommission zustimmen. Die Zustimmung der Kommission ist allerdings fraglich, da der Zuschuss als verbotene selektive Betriebshilfe gewertet werden kann. Ebenfalls fraglich scheint die Zustimmung der Länder zu dieser Öffnung.

Mit freundlichen Grüßen

Hilde Mattheis, MdB