Frage an Hubertus Heil bezüglich Soziale Sicherung

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Hubertus Heil
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Frage von Jörg S. •

Frage an Hubertus Heil von Jörg S. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrter H Herr Heil,
meine Frage bezieht sich auf das ALG 2 und dessen Höhe. Nach Berechnungen von Sozialverbänden müsste die Höhe des Satzes bei mindestens 580€ liegen. Wenn man nämlich die untersten 20% der Einkommen als Grundlage nimmt und nicht auch noch das Auto, den Tabak und den Alkohol einfach rausrechnet etc. Man zieht aber nur die untersten 15% der Einkommen zur Berechnung hinzu. Man muss nun davon ausgehen,dass der Jetzige Satz ein politisch gewollter ist! Sind ALG2 Empfänger Menschen 2.Klasse, oder warum werden diese um die ihnen zustehenden Leistungen gebracht?

Mit freundlichen Grüßen
J. S.

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Sehr geehrter Herr S.,

vielen Dank für Ihre Frage. Gerne möchte ich dazu Stellung nehmen:

Die Kritik der Sozialverbände an der Vorgehensweise bei der Regelbedarfsermittlung an diesen Punkten ist nicht neu und wurde vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in seinem Beschluss zu den Regelbedarfen aus dem Jahr 2014 eingehend gewürdigt. Mit Blick auf diese Kritik kam das BVerfG zu dem Schluss, dass die geltende Methodik der Regelbedarfsermittlung verfassungsgemäß ist. Daher wurde bei der Neuermittlung der Regelbedarfsstufen zum 1. Januar 2017 und auch bei der Fortschreibung zum 1. Januar 2018 sowie zum 1. Januar 2019 grundsätzlich am bisherigen Verfahren festgehalten. Die Regelbedarfsstufen, nach denen sich die Regelsätze ergeben, wurden unter Beachtung der Vorgaben des BVerfG in einem transparenten Verfahren neu ermittelt.

Basis der Regelbedarfsermittlung sind die Ergebnisse der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) zu den Konsumausgaben der Einpersonenhaushalte und Familienhaushalte mit einem Kind im Niedrigeinkommensbereich (Referenzgruppen). Bei der Bestimmung der Referenzgruppen in der EVS ist einerseits darauf zu achten, dass die Zahl der enthaltenen Haushalte groß genug ist, valide statistische Ergebnisse sicherzustellen. Andererseits ist darauf zu achten, dass es sich tatsächlich um Haushalte mit niedrigem Einkommen handelt. Ansonsten bestünde die Gefahr, dass sich die Regelbedarfe zumindest zum Teil nach Haushalten mit mittleren Einkommen bestimmen und damit Leistungsberechtigte nach dem SGB XII und dem SGB II ein monatliches Budget zur Verfügung gestellt würde, das über dem Einkommen von Personen liegt, die im unteren Einkommenssegment für ihren Lebensunterhalt selbst sorgen. Daher ist bei der Einkommensgrenze auch der Umfang der zur Vermeidung von Zirkelschlüssen ausgeschlossenen Haushalte relevant, die ausschließlich von Leistungen nach SGB II und SGB XII leben. Insgesamt sollen rd. 20 % der Haushalte betrachtet werden. Unter Berücksichtigung aller Haushalte wurden somit bei den Einpersonenhaushalten zuletzt rund 21 Prozent und bei den Mehrpersonenhaushalten rund 22 Prozent des unteren Einkommensspektrums erfasst.

Bezogen auf die Referenzgruppen kommen bei Einpersonenhaushalten wesentlich häufiger auszuschließende Haushalte vor als bei Mehrpersonenhaushalten. Deshalb wird die Referenzgruppe der Einpersonenhaushalte aus denjenigen 15 Prozent der – um die SGB II und SGB XII-Empfänger bereinigten und nach ihrem Nettoeinkommen aufsteigend geschichteten – Einpersonenhaushalte mit den niedrigsten Einkommen gebildet während es bei den Familienhaushalten jeweils die 20 Prozent der Haushalte mit den niedrigsten Einkommen sind. Das BVerfG hat die Festlegung einer abweichenden Abgrenzung bei Einpersonenhaushalten in seinem Beschluss vom 23. Juli 2014 ausdrücklich gebilligt (BVerfG, Beschluss vom 23. Juli 2014, 1 BvL 10/12, 1 BvL 12/12, 1 BvR 1691/13, juris, Rn. 98).

Des Weiteren führt das BVerfG aus: „Der Gesetzgeber hat die relevanten Bedarfsarten berücksichtigt, die für einzelne Bedarfspositionen aufzuwendenden Kosten mit einer von ihm gewählten, im Grundsatz tauglichen und im Einzelfall mit hinreichender sachlicher Begrün-dung angepassten Methode sachgerecht, also im Wesentlichen vollständig und zutreffend ermittelt und auf dieser Grundlage die Höhe des Gesamtbedarfs bestimmt.“ (BVerfG, Beschluss des ersten Senats vom 23. Juli 2014, 1 BvL 10/12, Rn. (89)). Dabei begegnet auch die Entscheidung des Gesetzgebers, von den empirisch ermittelten Daten durch Herausnahme (z.B. Tabakwaren, chemische Reinigung) und Kürzungen (z.B. alkoholische Getränke, Kantinenessen) abzuweichen, keinen verfassungsrechtlich durchgreifenden Bedenken. In-wieweit einzelne Ausgabenpositionen als regelbedarfsrelevant berücksichtig wurden ergibt sich - samt Erläuterung - aus dem Begründungsteil der BT-Drs. 18/9984.

Ich hoffe ich konnte Ihnen mit meiner Antwort weiterhelfen.

Mit freundlichen Grüßen

Hubertus Heil

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