Denken Sie nicht, dass die erhöhten Sätze des Bürgergeldes in Verbindung mit geringerem Druck zur Arbeitsaufnahme in vielen Fällen dafür sorgen werden, dass die Arbeitsanreize zu gering sind?

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Frage von Bianca B. •

Denken Sie nicht, dass die erhöhten Sätze des Bürgergeldes in Verbindung mit geringerem Druck zur Arbeitsaufnahme in vielen Fällen dafür sorgen werden, dass die Arbeitsanreize zu gering sind?

Guten Tag,

Eine Untersuchung des Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW Kiel) kommt zu dem Ergebnis, dass der Lohnabstand, also der Unterschied zwischen arbeitenden Haushalten und nicht-arbeitenden Haushalten, für manche Szenarien nur sehr niedrig ausfällt.

https://www.ifw-kiel.de/fileadmin/Dateiverwaltung/IfW-Publications/Ulrich_Schmidt/Buergergeld_Update_final_11_2022.pdf

"Die erhöhten Sätze des Bürgergeldes in Verbindung mit geringerem Druck zur Arbeitsaufnahme werden in vielen Fällen dafür sorgen, dass die Arbeitsanreize zu gering sind, um zum Verlassen der Grundsicherung bzw. zur Aufrechterhaltung des Arbeitsangebotes zu motivieren", heißt es in dem Papier als Schlussfolgerung.

Denken Sie nicht, dass die erhöhten Sätze des Bürgergeldes in Verbindung mit geringerem Druck zur Arbeitsaufnahme in vielen Fällen dafür sorgen werden, dass die Arbeitsanreize zu gering sind?

Ich beobachte dies bereits seit Jahren bei Jobangeboten, die deutlichst über Mindestlohn offeriert werden.

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Antwort von
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Sehr geehrte Frau B.

vielen Dank für Ihre Nachricht.

Das Bürgergeld sorgt für mehr Wertschätzung für Lebensleistung, bessere Weiterbildungschancen und mehr Sicherheit. Studien zeigen, dass die Inflation Menschen mit wenig Geld stärker trifft, da sie anteilig mehr für Lebensmittel ausgeben müssen. Mit dem Bürgergeld haben wir dafür gesorgt, dass der Regelsatz – also das Geld, welches zur Sicherung des Existenzminimums dient – künftig früher an die Inflation angepasst wird. Dies führt zu einer deutlichen Erhöhung des Regelsatzes ab dem 1. Januar 2024. Alleinlebende Erwachsene erhalten dann bspw. 563 Euro pro Monat, also 61 Euro mehr (hinzu kommen die Kosten für die Unterkunft). Dies ist notwendig, um die gestiegenen Lebenshaltungskosten auszugleichen.

Manche behaupten, dass der Anreiz, einen Job anzunehmen, durch die Regelsatzerhöhung gesunken ist – insbesondere, wenn dieser mit dem Mindestlohn vergütet wird. Eine aktuelle Berechnung des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung widerlegt diese These: Alleinstehende, die in Vollzeit zum Mindestlohn arbeiten, haben im kommenden Jahr pro Monat ein um 532 Euro höheres Nettoeinkommen als alleinstehende Bezieher*innen von Bürgergeld. Eine vierköpfige Familie mit zwei Kindern, in der ein Elternteil zum Mindestlohn arbeitet und der zweite nicht erwerbstätig ist, hat netto zwischen 412 und 640 Euro mehr zur Verfügung als bei Bürgergeldbezug, je nach Alter der Kinder. Bei drei Kindern liegt der Einkommensvorteil zwischen 429 und 771 Euro. Die Berechnung können Sie hier abrufen: https://www.wsi.de/data/mindestlohn_buergergeld_lohnabstand_2024.xlsx.

Generell haben also Beschäftigte, die Vollzeit zum Mindestlohn arbeiten, in unterschiedlichen Konstellationen ein höheres Einkommen als Personen, die Bürgergeld beziehen. Trotzdem streben wir als SPD an, den Lohnabstand weiter zu erhöhen: Wir setzen uns für einen steigenden Mindestlohn ein. Darüber hinaus wollen wir, dass wieder mehr Jobs nach Tarif bezahlt werden. Derzeit arbeiten nur 50% aller Beschäftigten unter dem Dach eines Tarifvertrags. Dazu bringe ich demnächst ein Bundestariftreuegesetz auf den Weg, welches die Vergabe von Aufträgen des Bundes von der Tarifbindung eines Unternehmens abhängig macht.

Mit freundlichen Grüßen
Hubertus Heil, MdB

 

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