Frage an Hubertus Zdebel bezüglich Verkehr

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Hubertus Zdebel
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Frage an Hubertus Zdebel von Pascal R. bezüglich Verkehr

Sehr geehrter Herr Zdebel,

ich habe in den den deutschen Tagsezeitungen gelesen, dass die Bundesregierung die Privatisierung deutscher Autobahnen plant. Ich verstehe leider noch nicht genau das Modell der Privatisierung. ich würde Sie bitten dies kurz zu erläutern und möchte von Ihnen wissen, wie sie dazu stehen.

Jedoch bin ich nach momentaner Einschätzung gegen eine Privatisierung der Autobahnen.

Mit freundlichen Grüßen

Pascal Renka

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DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Renka,

haben Sie vielen Dank für Ihre freundliche Anfrage, zu der ich Ihnen gern meine Position schildere.

Die Privatisierung von Autobahnen lehne ich strikt ab. Es ist staatliche Aufgabe, die öffentliche Daseinsvorsorge zu garantieren. Das öffentliche Fernstraßennetz darf nicht den Profitinteressen privater Investoren untergeordnet werden. Das sieht die Bundesregierung unter Federführung von Finanzminister Schäuble (CDU) und Verkehrsminister Dobrindt (CSU) offenbar anders, wenn sie nun über eine geplante Grundgesetzänderung die Tür für eine Privatisierung öffnen will.

In einem ersten Schritt hat das Bundeskabinett im vergangenen Herbst beschlossen, Artikel 90 GG so zu ändern, dass der Bund in Zukunft die Autobahnen allein verwaltet und nicht mehr gemeinsam mit den Ländern. Als offizieller Grund wird behauptet, dass man dadurch die föderalen Strukturen zwischen Bund und Ländern effizienter gestalten wolle. Der Sache nach geht es allerdings darum, die sogenannten öffentlich-privaten Partnerschaften (Public Private Partnership, PPP) zu pushen. Die Autobahnen sollen also nicht direkt an private Eigentümer verscherbelt, sondern Teilaufgaben sollen an Firmen in privatem Eigentum übertragen werden. Das ist eine einzige Mogelpackung! Zwar soll die geplante Autobahngesellschaft im Staatseigentum bleiben. Die Teilaufgaben Planung, Bau, Betrieb, Erhaltung und Finanzierung von Autobahnen können aber nach den Plänen der Bundesregierung an private Unternehmen übertragen werden.

Um den privaten Investoren, die wie jedes kapitalistische Unternehmen natürlich Profite erzielen wollen, die PPPs schmackhaft zu machen, muss die Bundesregierung mit entsprechenden Renditeaussichten locken. Dazu könnten künftig auch Mautgebühren für die Nutzung der Autobahnen gehören, wie es etwa bereits in Frankreich üblich ist. Die Erfahrungen mit den Privatisierungen der Deutschen Bahn oder der Telekom haben gezeigt, dass Private weder besser noch kostengünstiger die entsprechenden daseinsvorsorgenden Aufgaben erfüllen. Unter kapitalistischen Konkurrenzbedingungen ist es der Zweck eines privaten Unternehmens Gewinne zu erzielen. Nur selten und zufällig deckt sich dieses Interesse mit dem Allgemeininteresse an einer angemessenen Daseinsvorsorge für alle.

Für die neoliberalen Parteien gilt nach wie vor das Dogma „Privat vor Staat“. Blind und gegen alle Erfahrung vertrauen sie den Marktmechanismen. DIE LINKE hat dagegen im Februar einen Antrag im Bundestag eingebracht, der den Ausschluss von Autobahnprivatisierungen im Grundgesetz garantieren soll ( http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/111/1811165.pdf ). Je mehr aus der Bevölkerung Protest gegen die von der Bundesregierung geplante Grundgesetzänderung artikuliert wird, desto besser sind die Erfolgschancen, die Privatisierung zu verhindern. Mit Petitionen, Anfragen an die Abgeordneten, Kundgebungen etc. kann öffentlicher Druck auf die Bundesregierung erzeugt werden.

Darüber hinaus möchte ich auf unser Plan-B-Konzept zum sozial-ökologischen Umbau hinweisen ( http://www.plan-b-mitmachen.de ). Anstatt einer einseitigen Konzentration auf den Individualverkehr (‚PKW-Land Deutschland‘) brauchen wir sowohl aus sozialen wie auch ökologischen Gründen dringend den verstärkten Ausbau des ÖPNVs und des Schienenverkehrs. In diesem Zusammenhang setze ich mich u.a. seit längerer Zeit für den Ausbau der Bahnstrecke Münster-Lünen ein. Da Mobilität nicht länger eine Frage des Geldbeutels sein darf, will DIE LINKE die ÖPNV-Nutzung einfacher und billiger gestalten, mit der Perspektive auf völlig fahrscheinlose Nutzung. Die Bundesregierung geht genau den umgekehrten Weg. Sie legt den Fokus auf den Individualverkehr, will diesen nun aber an Profitinteressen anpassen.

Wenn Sie Rückfragen, Informationen, weitere Anregungen oder Kritik haben, können Sie mich gerne auch jederzeit über mein Wahlkreisbüro in Münster kontaktieren.

Mit freundlichen Grüßen,

Hubertus Zdebel