Frage an Johann Wadephul bezüglich Wirtschaft

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Johann Wadephul
CDU
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Frage von Horst M. •

Frage an Johann Wadephul von Horst M. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Dr. Wadephul,

ich habe eine Frage an sie, weil ich nicht ok finde, wenn unser hart erarbeitetes Geld an die Griechen verschenkt wird.

Sie haben ja auch dem Rettungsschirm zugestimmt, und damit werden Bekannter maßen viele hundert Milliarden Euros Kredite und Bürgschaften an Griechenland und die anderen PIIGS-Länder (Italien, Portugal, Spanien, Irland) gegeben. Was ist denn, wenn die Kreidte platzen oder die Bürgschaften fällig werden? Es ist ja so viel Geld, für das wir jetzt haften, dass dann der Bundeshaushalt gar nicht mehr ausreichen würde - kriegen dann unsere Beamten kein geld mehr oder die politiker? Oder woher soll das Geld kommen? Weil dann bleibt wahrscheinlich nur wieder die Möglichkeit, mit Steuererhöhungen (Ökosteuer, Mehrwertsteuer) von den kleinen leuten das Geld sich wiederzuholen. Und das heißt, dass ich dann am Ende dafür bezahlen muss, dass die Griechen mit 58 in Rente gehen oder 14 Monatsgehälter in jedem Jahr bekommen. Finden Sie das in Ordnung? Warum haben sie für den ESFS zugestimmt?

Und Sie haben ja außerdem noch bei der Abschaffung der Wehrpflicht mit ja gestimmt. Wie soll denn jetzt die Bundeswehr funktionieren? Weil schon jetzt brechen doch über 20 Prozent der freiwlligen ihren Dienst wieder ab!!! Und wenn dann auch noch die vielen kleinen Standorte zugemacht werden, dann müssten ja die Freiwilligen noch viel weiter fahren und dann kommen wahrscheinlich noch weniger Leute zum Bund. Und außerdem muss man doch den freiwilligen Soldaten auch viel mehr Geld bezahlen, aber wie soll dann die Bundeswehr noch Geld einsparen, wie es der Finanzminister Wolfgang Schäuble fordert? Und was würden sie machen, damit die Bundeswehr wieder attraktiver wird und mehr junge Leute kommen? Und was sagen sie zu dem Einsatz in Afghanistan?

Vielen Dank für Ihre Hilfe!

Vorzügliche Hochachtung

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Sehr geehrter Herr Meierhuber,

vielen Dank für Ihre Email vom 30. September und Ihre Anmerkungen zur Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität, zur Wehrpflicht und zum Afghanistaneinsatz.

Zunächst möchte ich Ihnen gerne näher darlegen, warum ich letzte Woche dem Gesetzesentwurf zur Verbesserung des Europäischen Rettungsschirms EFSF zugestimmt habe.
Die Zukunft Deutschlands hängt stark von der Zukunft Europas ab. Die gemeinsame Währung und der europäische Binnenmarkt haben in der Vergangenheit großen Einfluss auf den Wohlstand Deutschlands gehabt. Zwei Drittel aller deutschen Exporte gehen in die Länder der Europäischen Union. Durch die gemeinsame Währung ist die deutsche Wirtschaft bei vielen dieser Exporte keinerlei Wechselkursschwankungen mehr ausgesetzt. Und diese Vorteile der Wirtschaft haben auch ihren Einfluss auf die Lebenssituation der Menschen. Die deutsche Wirtschaft schätzt, dass die Einführung des Euro in Deutschland insgesamt 5,5 Mio. Arbeitsplätze gesichert hat. Der europäische Binnenmarkt ermöglicht den Verbrauchern zudem eine größere Produktauswahl, die Unternehmen sind so gezwungen, im stetigen Konkurrenzkampf die Qualität ihrer Produkte zu verbessern.
Gerade in einer globalisierten Welt muss Deutschland Gehör finden und Europa hilft unserem Land mit einer starken Stimme zu sprechen. Angesichts der demographischen Entwicklungen kann sich Deutschland nicht als Einzelkämpfer behaupten. Die Statistiken (Deutschlands Anteil an der Weltbevölkerung 2011: 2,3 Prozent; 2050: 0,7 Prozent) belegen dies in eindeutiger Weise. Werte wie Rechtsstaatlichkeit, Demokratie, Freiheit und Würde des Menschen lassen sich im Wettbewerb mit anderen Systemen nur noch in einer Gemeinschaft verteidigen und verbreiten. Eine solche Wertegemeinschaft stellt die Europäische Union dar.
Damit die Europäische Union gestärkt aus der Krise gehen kann, ist Solidarität in Europa wichtig. Jedoch ist die Bedingung für die europäische Solidarität die Eigenverantwortung der Mitgliedstaaten. Deshalb erfolgt unsere Solidarität nur bei gleichzeitigen und entsprechenden Eigenanstrengungen der in Not geratenen Länder. Deswegen wurde der bis 2013 befristete Rettungsschirm, bestehend EFSF und EFSM, eingeführt; der dauerhafte ESM wird danach in Kraft treten. Die finanzielle Unterstützung für diese Länder wird es aber weder regelmäßig noch dauerhaft geben. Sie wird durch die europäischen Sicherheitseinrichtungen nur in Form von Krediten gewährt, die selbstverständlich verzinst zurückgezahlt werden müssen. Für die Rückzahlung der Kredite haften die Euroländer, sie geben die Kredite aber nicht selber aus. Insofern wird dadurch auch nicht der deutsche Haushalt beschränkt und es werden keine deutschen Investitionen zu Gunsten bspw. griechischer Hilfen eingespart. Eine solche Ultima-Ratio-Unterstützung erhält ein betroffenes Eurozonenland aber ohnehin immer nur unter bestimmten Voraussetzungen. Dies wäre insbesondere dann von Nöten, wenn die Stabilität der Eurozone insgesamt gefährdet ist. Die Kreditgewährung findet dabei auf der Basis einer unabhängigen Schuldentragfähigkeitsanalyse statt und erfolgt nur im Rahmen eines strikten wirtschaftlichen Reform- und Anpassungsprogramms, das die Inanspruchnahme für eine Regierung wenig attraktiv macht. Wie schon erwähnt, gilt also das Prinzip: Solidarität nur bei gleichzeitigen und entsprechenden Eigenanstrengungen des betroffenen Landes. Die innenpolitischen Verwerfungen in allen betroffenen Ländern zeigen im Übrigen, dass die Sanierungsauflagen alles andere als bequem sind.
Ich habe dem Gesetzesentwurf zur Verbesserung des Europäischen Rettungsschirms EFSF im Deutschen Bundestag zugestimmt. Und ich habe dies getan, weil der Europäische Rettungsschirm in der aktuellen Situation eine unumgängliche Lösungsmöglichkeit darstellt, wenn wir Europa retten wollen. Auf mittlere Sicht kann es Deutschland deshalb nicht gutgehen, wenn es den Rest Europas schlecht geht. Das Projekt der gemeinsamen Währung hat große Bedeutung für die Fortentwicklung des gesamteuropäischen Projekts. Von diesem Europa hat Deutschland in der Vergangenheit profitiert. Und damit dies auch in Zukunft der Fall ist, werde ich mich weiterhin für die Stabilisierung der gemeinsamen Währung und Europas einsetzen.

Als nächstes möchte ich auf Ihre Anmerkungen und Hinweise zum Thema Wehrpflicht eingehen.
Die Bundeswehr dient der Verteidigung Deutschlands. Sie muss sich daher in ihrer Ausrichtung stets an den sicherheitspolitischen Rahmenbedingungen orientieren. Diese Rahmenbedingungen haben sich in den vergangenen Jahren tiefgreifend gewandelt: War früher das vorherrschende Konfliktszenario die Konfrontation größerer Machtblöcke und das offene Aufeinandertreffen hochgerüsteter Armeen auf dem Schlachtfeld, so liegt der sicherheitspolitische Fokus heute auf einer Vielzahl kleinerer, regional begrenzter Konflikte, die zudem mehrheitlich mit unkonventionellen Mitteln wie bspw. Sprengfallen und Hinterhalten geführt werden.
Aus dieser Veränderung der sicherheitspolitischen Lage ergeben sich neue Herausforderungen für die Bundeswehr. Um diesen Anforderungen noch besser als bisher gerecht werden zu können, war und ist eine konsequente Neuausrichtung der Bundeswehr unumgänglich. In einer umfassenden Analyse der gegenwärtigen Situation der Bundeswehr sowie ihrer zukünftigen Herausforderungen wurde deshalb ermittelt, wie die Bundeswehr der Zukunft aussehen soll und welche Schritte notwendig sind, um dieses Ziel zu erreichen.
Auch die Wehrpflicht als bewährtes Konzept deutscher Verteidigungspolitik wurde in diesen Prüfungsprozess mit einbezogen. Dabei waren wir uns stets bewusst, dass ein so weitreichender und tiefgreifender Eingriff in das Leben unserer jungen Männer nur dann gerechtfertigt sein kann, wenn die Wehrpflicht sicherheitspolitisch begründet, also zur Verteidigung unseres Landes zwingend erforderlich ist. Dabei stellte sich die folgende Situation dar: Einerseits bewirken die Einsätze der Bundeswehr im Ausland, dass die Anforderungen an die Ausbildung der einzelnen Soldaten sowie an die Professionalität der Bundeswehr als Ganzes stetig zunehmen. Andererseits hatte die immer weiter fortschreitende Verkürzung der Wehrpflicht von einst 18 Monaten auf zuletzt nur noch sechs Monate zur Folge, dass die Wehrpflichtigen nach Abschluss der benötigten Ausbildungen oftmals nur noch für kurze Zeit für den regulären Dienst zur Verfügung standen. Dieses Missverhältnis führte dazu, dass bei einer objektiven Gesamtschau der effektive und sicherheitspolitisch realisierbare Nutzen der Wehrpflicht für die Bundeswehr in keiner vernünftigen Relation mehr zu der Erheblichkeit eines Grundrechtseingriffes stand, wie ihn die Allgemeine Wehrpflicht für den einzelnen betroffenen Bürger darstellte.
Nichtsdestotrotz waren wir uns ebenfalls darüber im Klaren, dass sich die sicherheitspolitische Lage in Zukunft erneut ändern und die Wehrpflicht wieder erforderlich machen könnte. Aus diesem Grunde haben wir die Wehrpflicht nicht „abgeschafft“, sondern lediglich ihre Durchführung ausgesetzt. Die verfassungsrechtlichen Grundlagen für die Wehrpflicht haben weiter Bestand, sodass im Bedarfsfalle mit einem einfachen Bundesgesetz die Wehrpflicht wieder in Kraft gesetzt werden kann.
Im Zuge der Neuausrichtung der Bundeswehr wird auch die Attraktivität des Berufsbildes „Soldat“ weiter verbessert werden. Neben einer besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie werden dabei z. B. die Förderungsmöglichkeiten für den späteren Wechsel vom militärischen ins zivile Leben weiter ausgebaut werden. Ungeachtet dessen ist es aber ein positives Signal, dass bereits in diesem Jahr die Zahl der Freiwilligen den Bedarf der Bundeswehr erfüllte. Wir können also auch in dieser Hinsicht optimistisch in die Zukunft blicken. Bei der Standortfrage hat Bundesminister Dr. de Maizière im Übrigen deutlich gemacht, dass auch die Präsenz der Bundeswehr in der Fläche für ihn ein wichtiges Auswahlkriterium darstellt. Ihre diesbezüglichen Sorgen sind insoweit unbegründet. Gleiches gilt für Ihre Befürchtungen hinsichtlich der finanziellen Lage der Streitkräfte. In Anerkennung der historischen Aufgabe der Neuausrichtung wurde die Bundeswehr in erheblichem Umfang von ursprünglich vorgesehenen Beiträgen zur Haushaltskonsolidierung entlastet. Es wird auch in Zukunft keine Sicherheitspolitik nach Kassenlage geben.

Dem Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan habe ich zugestimmt, da wir verhindern wollen und müssen, dass in Zukunft erneut Terror von dort in die Welt und zu uns nach Deutschland exportiert wird. Dabei handeln wir gemeinsam mit unseren Verbündeten mit einem Mandat der Vereinten Nationen und somit auf Bitte der internationalen Völkergemeinschaft.

Für Ihre Fragen und Ihr Interesse danke ich Ihnen und verbleibe

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Johann David Wadephul, MdB

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