Halten Sie die Verwendung von rund 6000 Soldaten in der Wehrverwaltung des Bundes für verfassungskonform (siehe Art. 87a und 87b des Grundgesetzes)?

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Johannes Fechner
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Frage von Bernd H. •

Halten Sie die Verwendung von rund 6000 Soldaten in der Wehrverwaltung des Bundes für verfassungskonform (siehe Art. 87a und 87b des Grundgesetzes)?

Die Verfassungsmäßigkeit des Einsatzes von Soldaten in der zivilen Wehrverwaltung ist keine Ermessens-, sondern eine Rechtsfrage! Bei der Aufstellung der Bundeswehr 1955 wollte der Verfassungsgeber Fehlentwicklungen in der Wehrmacht des Dritten Reiches nicht wiederholen. Neben dem Art. 87 a GG für militärische Streitkräfte (zuständig für die Verteidigung) wurde deshalb ein eigener Art. 87 b GG für eine zivile Wehrverwaltung (sie dient den Aufgaben des Personalwesens und der unmittelbaren Deckung des Sachbedarfs der Streitkräfte) in das Grundgesetz eingefügt. Diese „Gewaltenteilung“ stellt sicher, dass die Wehrverwaltung nach Recht und Gesetz entscheidet und nicht mehr der militärischen Befehlsgewalt untersteht. Trotzdem sind inzwischen über 6.000 Soldaten in der Wehrverwaltung eingesetzt. Dieser permanente Verfassungsbruch muss beendet werden. „Wehret den Anfängen!“: Das hört man, sobald Strömungen aus vergangenen politischen Zeiten aufkommen. Was werden Sie als MdB unternehmen?

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Henkel,

vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich Ihnen sehr gerne beantworten möchte.

 

Das Trennungsgebot von Streitkräften und der Wehrverwaltung wurde mit der

sogenannten Wehrverfassung im März 1956 im Grundgesetz verankert. Diese

Trennung sieht vor, dass die Wehrverwaltung nicht unter einer militärischen

Befehlsgewalt und Hierarchie steht und selbstständig und unabhängig den

Streitkräften Verwaltungsdienste zur Verfügung stellt. Dieses Trennungsgebot

gilt selbstverständlich auch heute noch und muss aus meiner Sicht auch

zukünftig Bestand haben.

 

Den Einsatz von Soldatinnen und Soldaten in der Wehrverwaltung halte ich

gleichwohl für verfassungskonform. Die Wehrverwaltung dient der Unterstützung

der Streitkräfte. Dabei ist es erforderlich, dass das Fachwissen der Männer

und Frauen in Uniform ebenso wie deren Erfahrungen Berücksichtigung in der

täglichen Arbeit finden (z. B. im Beschaffungsprozess von militärischem Gerät

und Fahrzeugen). Ebenso werden auch Beschäftigte der Wehrverwaltung in

Einrichtungen und Kommandos der Streitkräfte eingesetzt. Auch hier gilt es,

die Expertise der Zivilbeschäftigten zu nutzen (z. B. als Rechtslehrerinnen

und Rechtslehrer an Ausbildungseinrichtungen der Bundeswehr).

Während der Dienstzeit in Behörden und Organisationseinheiten der

Wehrverwaltung unter-stehen die dort eingesetzten Soldatinnen und Soldaten

ausdrücklich nicht der militärisch-fachlichen Weisungs- und Befehlsgewalt.

Davon ausgenommen bleiben disziplinarrechtliche Angelegenheiten. Diese müssen

aufgrund des rechtlichen Status von Soldatinnen und Soldaten auch weiterhin

durch militärische Vorgesetzte vollzogen werden. Die Ämter und Behörden der

Wehrverwaltung werden stets durch eine zivile Präsidentin oder einen zivilen

Präsidenten geführt. Damit ist die Unabhängigkeit von der militärischen

Befehlsstruktur gewährleistet. Aufgrund dieser Konstellation habe ich keine

verfassungsrechtlichen Bedenken beim Einsatz von Soldatinnen und Soldaten in

der Wehrverwaltung. Das Trennungsgebot hat weiterhin Bestand und wird aufrecht

gehalten.

 

Das verfassungsrechtliche Trennungsgebot von Streitkräften und Wehrverwaltung

ist eine Lehre aus den dramatischen Fehlentwicklungen der Vergangenheit. Seit

Jahrzehnten hat sich diese kluge Trennung bewährt.

Die Aufgaben und Anforderungen an die Bundeswehr und die Wehrverwaltung werden

immer komplexer. Daher ist es wichtig, dass der Austausch zwischen Soldatinnen

und Soldaten und den Zivilbeschäftigten der Bundeswehr gewährleistet bleibt.

An den Grundfesten unserer Wehrverfassung darf dabei aber nicht gerüttelt

werden. Darauf werde ich im Rahmen meiner parlamentarischen Arbeit auch

weiterhin achten.

Mit freundlichen Grüßen

Johannes Fechner 

 

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