Wie stehen Sie zu Stuttgart 21? Reichen 8 Gleise im Tunnelbahnhof für den Deutschlandtakt im intergralen Taktfahrplan? Soll der Kopfbahnhof erhalten bleiben, für mehr Züge nach Stuttgart?

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Frage von Felix S. •

Wie stehen Sie zu Stuttgart 21? Reichen 8 Gleise im Tunnelbahnhof für den Deutschlandtakt im intergralen Taktfahrplan? Soll der Kopfbahnhof erhalten bleiben, für mehr Züge nach Stuttgart?

Als Bahnkunde sehe ich mit Sorge auf die Entwicklung in Stuttgart. Zürich baute den Tunnel zusätzlich zum Kopfbahnhof, um das wachsende Zugaufkommen zu bewältigen. In Stuttgart sollen 8 Gleise die 16 Gleise des Kopfbahnhofs ersetzen. Die Anstalt im ZDF hat das Thema gut behandelt: https://www.youtube.com/results?search_query=anstalt+stuttgart+21
Viele sprechen von einem Engpass 21, wo nicht der sinnvolle Fahrplan bestimmt, wie die Infrastruktur ausgebaut wird, sondern die Infrastruktur gibt vor, wie der Fahrplan aussehen muss. Bei einem integralen Taktfahrplan sollen alle Züge gleichzeitig im Bahnhof stehen, so dass in alle Richtungen umgestiegen werden kann. Ist das bei einem Tunnelbahnhof mit nur 8 Gleisen machbar? Bei einer Zunahme des Verkehrsaufkommens würden sich die Fahrgäste auf deutlich weniger Bahnsteigfläche drängeln, im Brandfall sind das besondere Herausforderungen für eine Evakuierung. Braucht Stuttgart nicht den Kopfbahnhof? Kennen Sie http://www.umstieg-21.de ?

Julia Böcklen Volt
Antwort von
Volt

Sehr geehrter Herr S.,

vielen Dank für Ihre Frage. Der Bau von Stuttgart 21 ist nach jahrelanger Diskussion durch die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger 2011 per Volksentscheid beschlossen worden. 

Klar ist: Die Schieneninfrastruktur entwickelt sich zum Nadelöhr des deutschen Bahnverkehrs, da heutige Strecken bald an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen. Insbesondere gegen die Erneuerung von Schieneninfrastruktur und Bahnhöfen mehren sich immer wieder Einwände von lokalen Bürger*inneninitativen. Ein sinnvoller Umgang mit diesen Interessen seitens Behörden und Bahn lässt sich bisher vermissen. Wir sind davon überzeugt, dass es jedoch möglich ist, die Gratwanderung zwischen schnellem Infrastrukturausbau, Nutzen auf Makroebene, demokratischer Partizipation und Einwänden gegen berechtigte lokale Benachteiligungen zum gegenseitigen Vorteil zu finden. Eine Möglichkeit wäre, eine*n neutrale*n Beauftragte*n zu ernennen, der zwischen den Konfliktparteien vermittelt und ernsthafte Bürger*innenbeteiligung ermöglicht. Für Stuttgart 21 ist es jedoch zu spät sein, um hier umfangreiche (Neu-)Planungen vorzunehmen.

Es ist zu prüfen, ob unter wirtschaftlichen und nachhaltigen Gesichtspunkten eine Kombination des Tiefbahnhofs mit einer Beibehaltung des Kopfbahnhofs einhergehen kann, um für die notwendige Verkehrswende und die Ermöglichung des Deutschlandtaktes  möglichst breit aufgestellt zu sein und über genügend (freie) Kapazitäten zu verfügen. Eine weitere denkbare Alternative ist der Ausbau des Nordkreuzes . Die Diskussion über Erweiterungsoptionen von S21 und deren Kosten, Umwelteingriffe, mögliche Umsetzungsgeschwindigkeiten und zusätzliche Kapazität muss in den nächsten Monaten intensiv geführt werden.

Die Problematik hinsichtlich Brandschutz und Evakuierung im Katastrophenfall ist uns bekannt. Wir setzen uns dafür ein, dass die Fluchtwege architektonisch überarbeitet werden sollen. 

Zum Schluss noch einige Worte zum Planverfahren S21: Für Volt ist klar, dass sich die Fehler, die bei der Planung von S21 gemacht wurden (hinsichtlich Kosten, unabhängige Berater, Leistungsfähigkeit, Ökologie, etc.) bei weiteren Infrastruktur-Projekten nicht wiederholen dürfen.

Mit freundlichen Grüßen

Julia Böcklen