Frage an Karamba Diaby bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Karamba Diaby
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Frage von Sebastian B. •

Frage an Karamba Diaby von Sebastian B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Dr. Diaby,

laut Medienberichten soll der Gesetzentwurf zur Vorratsdatenspeicherung noch vor der Sommerpause dieses Jahres dem Bundestages zur Abstimmung vorliegen. Neben Kommunikationsmetadaten sollen auch die Funkzellen, in denen sich das Mobiltelefon befindet, sowie die Zeitpunkte des Aufenthalts in diesen Funkzellen vier Wochen lang festgehalten werden. Weiter wurde offenbar bekannt, dass die Bundesregierung für die allermeisten Abfragen von Daten, entgegen vorherigen Behauptungen, einen richterlichen Vorbehalt im Gesetzt nicht vorschreiben will.

Damit sich die Bürger der Stadt Halle (Saale) ein Bild von Ihrer Arbeit als gewählter Abgeordneter und von der von Ihnen zu erwartenden politischen Entscheidungen zum Thema -anlasslose Überwachung von privater Telekommunikation und Internetnutzung- machen können, bitte ich Sie folgende Fragen zu beantworten:

Wie werden Sie über das geplante Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung abstimmen? Im Falle von Zustimmung oder Enthaltung, begründen Sie bitte Ihre Entscheidung ausführlich.

Wie bewerten Sie die Aktualität der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts von 2010, welches die Vorratsdatenspeicherungs-Regeln des deutschen Telekommunikationsgesetzes für grundgesetzwidrig und nichtig erklärt hat?

Wie bewerten Sie die Bedenken der Bundesdatenschutzbeaftragten Andrea Voßhoff, dass der neue Entwurf der Bundesregierung für eine Vorratsdatenspeicherung den Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs nicht genügt?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Bossmann,

vielen Dank für Ihre Anfrage via Abgeordnetenwatch zum Thema Vorratsdatenspeicherung. Ich kann Ihre Sorgen grundsätzlich gut verstehen. Für viele Menschen bedeutet die Vorratsdatenspeicherung eine Verletzung der Bürgerrechte. Sowohl das Bundesverfassungsgericht als auch der Europäische Gerichtshof sehen die Einführung der Vorratsdatenspeicherung als einen Balanceakt zwischen Freiheit und Sicherheit im digitalen Zeitalter an.

Wichtig ist aber: Beide Gerichte haben anerkannt, dass die Vorratsdatenspeicherung prinzipiell rechtlich zulässig ist. In seinem Urteil im Jahr 2010 hat das Bundesverfassungsgericht verlautbaren lassen, dass die Vorratsdatenspeicherung mit dem Grundgesetz "nicht schlechthin unvereinbar" sei. Gescheitert ist das Gesetz damals vor allem an seiner Unverhältnismäßigkeit (z.B. Speicherung der Daten über einen Zeitraum von 6 Monaten) ( https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2010/03/rs20100302_1bvr025608.html ).

Im Sinne der Kompromissfindung mit unserem Koalitionspartner hat der zuständige Bundes-minister der Justiz und für Verbraucherschutz, Heiko Maas (SPD), in Zusammenarbeit mit dem Bundesinnenminister, Thomas de Maizière (CDU), Leitlinien für ein Gesetz zur Vorratsdaten-speicherung erarbeitet. Diese sollen die Balance zwischen Freiheit und Sicherheit wahren. Mit dem Gesetz soll dann ein politischer Streit beendet werden, der einerseits die Daten schützt und andererseits ebenfalls die Aufklärung schwerer Straftaten erleichtert.

Die Leitlinien enthalten klare und transparente Regeln zu Höchstspeicherfristen für Verkehrs-daten. Sie kombinieren zeitlich und inhaltlich eng begrenzte Speicherfristen mit sehr strengen Abrufregeln.

Die zentralen Leitlinien sind die folgenden:
Gespeichert werden genau bezeichnete Verkehrsdaten, die bei der Telekommunikation anfallen. Das sind insbesondere die Rufnummern der beteiligten Anschlüsse, Zeitpunkt und Dauer des Anrufs, bei Mobilfunk auch die Standortdaten sowie IP-Adressen einschließlich Zeitpunkt und Dauer der Vergabe einer IP-Adresse. Nicht gespeichert werden dürfen die Inhalte der Kommunikation, aufgerufene Internetseiten und Daten von Diensten der elektronischen Post.

Hinsichtlich der Speicherdauer wird zwischen den Standortdaten und den weiteren Verkehrs-daten differenziert. Für die Standortdaten wird eine Speicherfrist von vier Wochen, ansonsten eine Speicherfrist von zehn Wochen bestimmt.

Entscheidend ist: Wer darf die Daten unter welchen Umständen abrufen? Die Strafverfolgungsbehörden dürfen die gespeicherten Daten zu eng definierten Strafverfolgungszwecken abrufen. Den Ländern wird ermöglicht, einen Abruf der Verkehrsdaten in ihren Polizeigesetzen zu regeln, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für bestimmte konkrete schwerste Gefahren vorliegen.

Zum Schutz der Grundrechte ist folgendes vorgesehen: Berufsgeheimnisträger werden beim Abruf der Daten durch Verwendungs- und Verwertungsverbote geschützt. Ein Datenabruf darf nur bei schwersten Straftaten erfolgen und unterliegt einem strengen Richtervorbehalt mit Verhältnismäßigkeitsprüfung. Für diejenigen, deren Daten abgerufen werden, werden Transparenz und Rechtsschutzmöglichkeiten eingeführt. Ebenso werden den speicherverpflichteten Telekommunikationsanbietern besonders hohe Anforderungen an Datenschutz und Datensicherheit auferlegt und es besteht eine Löschverpflichtung nach Ablauf der Höchstspeicherfrist.

Aus Sicht der Bundesregierung werden damit die Ziele der Verbrechensaufklärung mit einem hohen Datenschutzstandard in Einklang gebracht. Diese These werden wir Abgeordneten des Deutschen Bundestages nun im parlamentarischen Beratungs- und Gesetzgebungsverfahren, das in den kommenden Wochen ansteht, überprüfen. Erst wenn ein fertiger Gesetzentwurf zur Abstimmung ansteht, kann ich sagen, ob ich ihm zustimme oder nicht.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Karamba Diaby, MdB

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