Frage an Karl A. Lamers bezüglich Innere Sicherheit

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Karl A. Lamers
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Frage von Martin F. •

Frage an Karl A. Lamers von Martin F. bezüglich Innere Sicherheit

Sehr geehrter Herr Dr. Lamers,

Alle Sport- und Privatpilotenpiloten müssen sich neuerdings einer sehr fragwürdigen, periodischen und zudem kostenpflichtigen Zuverlässigkeitsüberprüfung (ZÜP) nach dem LuftSiG "freiwillig" durch eigenen Antrag unterziehen. Sind Sie der Meinung, dass ein solcher unglaublicher Globalverdacht gegen eine bisher völlig unauffällige Bürgergruppe angemessen ist?

Ist das nicht reiner bürokratischer Aktionismus und Populismus auf dem Rücken von unschuldigen Bürgern, die mit all dem nicht das Geringste zu tun haben? Wird dadurch nicht der rechtstaatliche Grundsatz der Unschuldsvermutung - und damit unser zentrales Rechtsverständnis - ausgehebelt? Sollte nicht wenigstens ein gewisser Anfangsverdacht diese ZÜP rechtfertigen?

Es hat weltweit noch nie einen lizenzierten Piloten gegeben, von welchem einTerroranschlag ausging. Es gab aber jede Menge Führerscheinbesitzer und Rucksackträger!!! Lastwagenfahrer stellen ein viel größeres "Gefahrenkontingent" dar, kommen sie doch problemlos mitten in jede Innenstadt!

Warum werden die nicht zum gläsernern Bürger gemacht, sondern nur ausgerechnet diese harmlose Minderheit?

Wo ist hier Ihrer Meinung nach das rechtsstaatliche Prinzip der Verhältnismäßigkeit noch gegeben? Werden Sie sich nach Ihrer Wahl für unsere Minderheit einsetzen?

Freiheit und Demokratie und Menschenwürde, werden sie dadurch geschützt, dass man sie schleichend gegen die Würde des Menschen einfach abschafft?

Welche Antwort hierauf kann ich an unsere Vereinsmitglieder weitergeben?

Über eine kurze Antwort würde ich mich freuen.

Mit freundlichen Grüßen

Martin Feeg

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CDU

Sehr geehrter Herr Feeg,

das Luftsicherheitsgesetz (LuSiG) insgesamt ist ein von der rot/grünen Koalition schlecht gemachtes, verfassungsrechtlich nicht haltbares und in weiten Teilen unbrauchbares Gesetz. Wenn im Zuge der Klage beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe das LuSiG als nicht verfassungsgemäß beurteilt werden sollte, ist ein grundlegend neues Gesetz notwendig. Es ist selbstverständlich, dass dann auch die Luftsportler bzw. deren Verbandsvertreter in die Erarbeitung einbezogen werden und Lösungen im dargelegten Rahmen gefunden werden.

Mit dem Inkrafttreten des Luftsicherheitsgesetzes (LuSiG) in diesem Jahr müssen sich ca. 30000 Sportpiloten einer jährlichen und gebührenpflichtigen Zuverlässigkeitsüberprüfung unterziehen. (§ 7 (1) 4 LuSiG). Grundlage für diese Maßnahme war ein Gefährdungsgutachten des Bundeskriminalamtes, in dem auch Sportflugzeuge und deren Piloten – vor dem Hintergrund der Anschläge vom 11. September 2001 – als potenzielle Bedrohung eingestuft wurden. Die Innenministerkonferenz der Länder hat sich leider dieser aus meiner Sicht problematischen Einschätzung des Bundeskriminalamts angeschlossen und hat auf dieser Grundlage eine entsprechende Forderung an den Bundesgesetzgeber gestellt.

Die Regelung im Luftsicherheitsgesetz läßt außer acht, daß ja bisher schon eine Prüfung der Zuverlässigkeit von Fliegern in Form der Prüfung über das Bundeszentralregister (für Straftaten) und des Verkehrszentralregisters in Flensburg (für Verstöße im Bereich der StVO) stattfindet. Nicht ganz einsichtig ist deshalb, was jetzt im Rahmen der ZÜP betreffend Scheininhaber und Flugschüler mit einer Anfrage bei den Geheimdiensten herausgefunden werden soll.

Das Luftsicherheitsgesetz sieht vor, dass sich Piloten in einem jährlichen Intervall einer Zuverlässigkeitsüberprüfung stellen müssen. Ein jährliches Überprüfungsintervall ist sicher keine optimale Lösung. Allerdings ist es ohne die Einführung der Nachberichtspflicht derzeit nicht möglich, ein drei- oder fünfjähriges Intervall einzuführen, was aus Sicht der Betroffenen sicher wünschenswert wäre. Die im Gesetz fehlende Nachberichtspflicht ist das Ergebnis der Aktion der rot-grünen Bundesregierung, das Gesetz so zu formulieren, daß es nicht der Zustimmung des Bundesrats bedurfte. Im ursprünglichen Gesetzentwurf war eine Nachberichtspflicht vorgesehen, die die rot-grüne Bundesregierung kurz vor der Gesetzesberatung gestrichen hat. Diese „Verschlimmbesserung“ des Gesetzes kostet die Sportpiloten heute Zeit, Geld und Nerven. Abgesehen davon halte ich eine intelligente Berichtspflicht für die bessere Lösung. Konkret wäre es wünschenswert, wenn es einen Mechanismus gäbe, der Vereine, Verbände und Sportpiloten zur Meldung von Auffälligkeiten verpflichten würde, die dann in einer bundesweiten Datei verfügbar sind. Schließlich müßten bei der Zuverlässigkeitsüberprüfung Regelungen gefunden werden, die altgediente und erfahrene Piloten anders einstuft als jüngere und Flugschüler.

Deutsche Piloten, die im europäischen Ausland eine Lizenz erworben haben, ebenso ausländische Piloten mit ausländischen Lizenzen in Deutschland fallen nicht unter § 4 LuSiG und können von deutschen Luftsicherheitsbehörden nicht überprüft werden. Dies macht die Regelung nach § 7 LuSiG weitgehend unwirksam. Der Zweck dieser Vorschrift ist von vornherein auf diesem Wege nicht erreichbar gewesen, und es trifft - wie fast schon üblich in unserem Land - diejenigen, die ohnehin gesetzestreu sind und sicher kein Gefährdungspotential darstellen. Ehrlich gesagt - es ist kaum vorstellbar, daß ausländische Terroristen oder deren Unterstützern Deutschland bei all der Überbürokratisierung sich um eine deutsche Fluglizenz bemühen und hier eine Ausbildung nach deutschem Recht absolvieren. Das ist in vielen anderen Ländern einfacher und billiger zu haben. Im Zeitalter des vereinigten Europa ohne Grenzen werden die ausländischen Lizenzen eher zu- als abnehmen, und deshalb ist die im Luftsicherheitsgesetz getroffene Lösung nicht die richtige Antwort auf die konkrete Frage der Zuverlässigkeit von Berufs- und Sportpiloten in der EU.

Das Bundesinnenministerium will erreichen, im Rahmen einer europäischen Harmonisierung sämtliche in Europa fliegenden Flugzeugführer einer Zuverlässigkeitsprüfung entsprechend § 7 LuSiG zu unterziehen. Allerdings war bisher den Versuchen der Bundesregierung meist kein Erfolg beschieden, ihre Wunschvorstellungen, die oft weit über die Absichten und Pläne der EU-Kommission hinausgehen, im europäischen Rahmen durchzusetzen. Die Zeiten, in denen "am deutschen Wesen die Welt genesen" sollte, sind eben unwiederbringlich vorbei.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Karl A. Lamers MdB