Frage an Karl-Heinz Florenz bezüglich Verbraucherschutz

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Karl-Heinz Florenz
CDU
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Frage von Daniel M. •

Frage an Karl-Heinz Florenz von Daniel M. bezüglich Verbraucherschutz

Sehr geehrter Herr Florenz!

Sie haben am 27.10.2015 den "Maßnahmen zum Zugang zum offenen Internet und zur Änderung der Richtlinie 2002/22/EG über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten sowie der Verordnung (EU) Nr. 531/2012 über das Roaming in öffentlichen Mobilfunknetzen in der Union" zugestimmt und die Änderungsanträge abgelehnt.

Am Tag danach publizierte der Telekom-Chef bereits einen Artikel auf der Firmenwebseite, wie die Telekom zukünftig Firmen für "gute Übertragungsqualität" zur Kassen bitten will: eine "Umsatzbeteiligung von ein paar Prozent" und zwar für eine ganze Menge an Diensten: "Das fängt bei Videokonferenzen und Online-Gaming an und geht über Telemedizin, die automatisierte Verkehrssteuerung und selbststeuernde Autos bis zu vernetzten Produktionsprozessen der Industrie." - die ersteren sind dabei inzwischen selbstverständlich.

Die Firmen, die zur Kasse gebeten werden, werden diese Kosten natürlich weiterreichen.

Ist es das, was Sie wollten? Das Internet in der Form, wie wir es kennen abschaffen und selbst vor inzwischen alltäglichen Diensten Bezahlschranken errichten? Vielen Dank!

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr M.,

vielen Dank für Ihre Frage zur Netzneutralität. Ich weiß, wie wichtig ein offenes Internet für die Bürger der EU ist. Deshalb habe ich mich im Europäischen Parlament mit der CDU/CSU-Gruppe für ein faires und offenes Internet mit kostengünstigen, schnellen Datenverbindungen für alle Verbraucher eingesetzt. Dieses Ziel wurde erreicht: Die neue EU-Verordnung regelt erstmals auf europäischer Ebene sowohl die Rechte der Internet-Nutzer als auch die Pflichten der Internet-Provider und Aufsichtsbehörden. Gerne möchte ich Ihnen im Folgenden erläutern, weshalb wir damit eine Besserstellung der Nutzer, gegenüber der bisherigen Situation, erreicht haben.

Die von Ihnen angesprochenen "Spezialdienste", die Firmen zukünftig erwerben können, sind – anders als vor der Verordnung – streng reguliert. Schon lange haben Endverbraucher und Firmen in der EU die Möglichkeit, besonders sichere Datenverbindungen zu kaufen. So garantieren zum Beispiel viele Internetprovider ihren Kunden durchgängig gleichbleibende Qualität bei TV-Paketen. Früher ging dies oft zu Lasten der "normalen" Internetnutzer, deren Geschwindigkeit gedrosselt wurde, um die Qualität der Spezialdienste zu garantieren. Darüber hinaus war es Internetprovidern möglich, spezielle Anwendungen zu drosseln oder gar zu blockieren. Ein Beispiel ist die Videotelefonie über Skype, die einige Anbieter blockieren, denn Telefonieren über diese Anwendung bringt den Telekommunikationsanbietern keine zusätzlichen Einnahmen. In der Vergangenheit konnten beide Phänomene regelmäßig beobachtet werden. So gaben allein im Jahr 2012 zwischen 21% und 36% der Internetnutzer an, dass ihre Internetgeschwindigkeit reduziert wurde oder einzelne Anwendungen blockiert.

Die neue Verordnung, die wir letzte Woche mit großer Mehrheit im Parlament beschlossen haben, setzt dem ein Ende. Spezialdienste dürfen nur noch "on top", angeboten werden. Damit ist es Telekommunikationsunternehmen verboten, die Geschwindigkeit im Internet für die normalen Nutzer herunterzufahren. Die Qualität des offenen Internets und der Ausbau der Infrastruktur dürfen nicht unter den Spezialdiensten leiden. Sind die nötigen Kapazitäten nicht vorhanden, müssen die Anbieter entweder den Spezialdienst einstellen oder für den Ausbau der Kapazität sorgen.

Eine zusätzliche Sicherung dieser Aufgabe wird aufgrund der Kontrolle der Durchschnittsgeschwindigkeit und Qualität des Internet durch die nationalen Aufsichtsbehörden garantiert. Diese Kontrollen sind keine zahnlosen Tiger, sondern die Behörden müssen bei Verstoß gegen die EU-Verordnung Sanktionen verhängen.

Die von der Telekom besonders umworbenen Start-ups oder andere Nutzer können also nicht zu einem Wechsel gezwungen werden, indem die Geschwindigkeit des offenen Internets gedrosselt wird. Für die allermeisten Anwendungen reicht die Qualität des offenen Internets völlig aus. Bezahlschranken für Internettelefonie oder Online-Gaming sind damit grundsätzlich vom Tisch, das offene Internet wird für jeden Normalnutzer uneingeschränkt nutzbar bleiben.

Nichtsdestotrotz gibt es auch Bereiche, in denen schon kleinste Unterbrechungen gewaltige Auswirkungen haben, wie zum Beispiel die von Ihnen angesprochene Telechirurgie oder Verkehrssteuerung. Hier können Internet-Provider mit den Spezialdiensten für einen reibungslosen Ablauf garantieren – immer unter der Voraussetzung, dass vorher die nötigen Kapazitäten geschaffen wurden und das offene Internet nicht beeinträchtigt wird.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen die Beweggründe für meine Zustimmung zu dem Gesetzesvorschlag erläutern und verbleibe

mit freundlichen Grüßen

Ihr Karl-Heinz Florenz