Warum werden Reiche nicht stärker besteuert, der Spitzensteuersatz nicht erhöht, keine Finanztransaktionssteuer eingeführt und raffgierigen Mineralölfirmen keine Grenzen aufgezeigt?

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Katja Hessel
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Frage von Wolfgang A. •

Warum werden Reiche nicht stärker besteuert, der Spitzensteuersatz nicht erhöht, keine Finanztransaktionssteuer eingeführt und raffgierigen Mineralölfirmen keine Grenzen aufgezeigt?

Sehr geehrte Frau Hessel,
Deutschland muss aufgrund der Corona-Pandemie und des Ukraine-Kriegs riesige Schulden machen. Die schwarze Null ist Geschichte und die Inflation steigt.
Viele verantwortungsbewusste Millionäre und Milliardäre würden zum Wohl des Staates gern mehr Steuern zahlen. Warum werden sie nicht stärker besteuert?
Warum wird der Spitzensteuersatz nicht erhöht?
Warum wird keine Finanztransaktionssteuer eingeführt?
Wie will die Politik verhindern, dass Mineralölfirmen durch raffgierige Maßlosigkeit in der gegenwärtigen Lage weiterhin ihre Gewinne maximieren und dabei ganze Wirtschaftszweige und Menschen mit geringem Einkommen gefährden?
Schon 2003 warnte der ehemalige deutsche Bundeskanzler und studierte Diplom-Volkswirt Helmut Schmidt vor „Raubtierkapitalismus“, der die Gesellschaft gefährde.
Wer sich auf das Schlagwort der sozialen Marktwirtschaft beruft, muss sich an Ludwig Erhardts Buch „Wohlstand für Alle“ messen lassen.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang A.

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FDP

Sehr geehrter Herr A.,

vielen Dank für Ihre Frage.

Der Pandemieschock stellte Wirtschaft und Gesellschaft finanzpolitisch unter Druck, doch wird dieser durch den russischen Angriffskrieg massiv erhöht. Die mittel- und langfristigen makroökonomischen Auswirkungen berühren verschiedenste Aspekte unserer politischen Arbeit, weshalb eine effiziente, vorrausschauende und nachhaltige Finanzpolitik nun höchste Priorität hat. Umso wichtiger ist es, Wachstum und Produktivität zu steigern sowie Bürgern und Bürgerinnen eine Vielfalt von Absicherungen zu gewährleisten. Die geschaffenen Entlastungspakete sollen Bürgerinnen und Bürger daher schnell und unbürokratisch entlasten. Gleichzeitig muss die Bundesregierung finanz- und haushaltspolitisch seriös und solide agieren: Wohlstandsverluste können nicht permanent durch Neuverschuldung ausgeglichen werden, da zu starke Staatsausgaben die Inflation sogar noch weiter antreiben. Deshalb arbeiten wir mit Hochdruck daran, die im Koalitionsvertrag festgeschriebene Schuldengrenze ab 2023 wieder einzuhalten. Immer neue Schulden sind keine Lösung. Denn sie sind die Steuererhöhungen von morgen und gehen zulasten der jüngeren Generation

Langfristig gesehen setzten wir uns als Freie Demokraten dafür ein, den Steuerzahler zu entlasten, um die Balance zwischen Politik und Gesellschaft wiederherzustellen. Der Spitzensteuersatz sollte unseres Erachtens erst ab einem Einkommen von 90.000 Euro greifen. Dadurch wird der Steuertarif für alle Steuerzahlerinnen und Steuerzahler zusätzlich gestreckt. Die Belastung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist in Deutschland mittlerweile so hoch wie kaum in einem anderen OECD-Staat. Dennoch sehen wir uns mit der Pandemie und dem Krieg außergewöhnlichen Ereignissen gegenüber, die einen ungewöhnlichen finanzpolitischen Ansatz zwischen Krisenbekämpfung und Inflationsvermeidung abverlangt. Die Einkommen der Bürger und Bürgerinnen müssen stabilisiert werden, gleichzeitig müssen die Kriegs- und Pandemiefolgen für Unternehmen durch Liquiditätshilfen abgefedert werden. Die Förderung nationaler Unternehmen und alternativer Energiequellen sollen daran angeknüpft, die Unabhängigkeit von Drittstaaten und fossilen Brennstoffen vorantreiben.  Die Balance zwischen Stabilität für Steuerzahler und Innovationsförderung für Unternehmen soll die Transformation zur wettbewerbsfähigen und nachhaltigen Volkswirtschaft garantieren.

Eine Finanztransaktionssteuer wird in der EU seit 2022 diskutiert und Ausgestaltungsvorschläge kritisiert. Denn, es sollten nicht alle Finanzgeschäfte besteuert werden. Derivate, Intradayhandel und der spekulative Hochfrequenzhandel blieben dem letzten Entwurf nach verschont. Damit hätte die Steuer wohl nur Kleinanlegerinnen und Kleinanleger getroffen, die nicht auf andere Produkte ausweichen können.  Das ist weder fair noch gerecht.

Um zu verhindern, dass Bezieher von kleinen und mittleren Einkommen künftig aufgrund der hohen Spritbremse in ihrer Mobilität eingeschränkt sind, hat die Koalition die Absenkung der Energiesteuer auf Kraftstoffe. Das Bundeskartellamt soll durch strengere Vorgaben bei Mineralölkonzernen sicherstellen, dass die niedrigen Steuern auch bei den Verbrauchern ankommen.

Mit freundlichen Grüßen

Katja Hessel 

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