Frage an Katja Kipping bezüglich Recht

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Katja Kipping
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Frage von Valentin Luca H. •

Frage an Katja Kipping von Valentin Luca H. bezüglich Recht

Sehr geehrte Frau Kipping,

Ich schreibe eine Projektarbeit zum Thema Meinungsfreiheit und mich würde ihre Meinung zu ein paar Fragen interessieren:

- Wo sehen Sie die Grenzen der Meinungsfreiheit in Deutschland?

- Finden Sie, dass Kritik an religiösen Figuren gleich zu setzen ist mit Kritik an weltlichen Figuren, bezogen auf die Meinungsfreiheit (Mohammed-Karikaturen, Emmanuel Macron)?

- Fühlen Sie sich in Ihrer Tätigkeit als Abgeordneter des Deutschen Bundestages in Ihrer Meinung eingeschränkt?

Ich würde mich sehr über Ihre Antwort freuen.

Mit freundlich Grüßen
Valentin Hübner

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr H.,

vielen Dank für Ihre Nachricht und Ihre Fragen. Über positive und negative Meinungsfreiheit, die Konkurrenz mit anderen Grundrechten und die materiellen Garanten der Grundrechtsausübung lassen sich Bibliotheken verfassen.

1) Zunächst, und das ist wichtig, ist das Recht der freien Meinungsäußerung ein Grundrecht. Jenseits der lauten Debatten über vermeintliche Einschränkungen, die bei Licht betrachtet meist gar keine Einschränkungen sind, sondern schlicht die Existenz anderer, gegenläufiger Meinungen in der öffentlichen Debatte, gibt es durchaus gesetzliche Einschränkungen der Meinungsfreiheit, die ich durchaus als problematisch wahrnehme.

Die meisten werden zustimmen, dass die Meinungsfreiheit eines jeden Schranken hinnehmen muss, wo die Menschenwürde und die Persönlichkeitsrechte eines anderen Menschen oder einer Menschengruppe berührt werden, z.B. wenn die Shoa geleugnet, Menschen rassistisch beleidigt oder Volksverhetzung betrieben wird.

Für viele Menschen endet Meinungsfreiheit aber am Werkstor oder der Bürotür mit dem Zurückhaltungsgebot im Betriebsverfassungsgesetz oder den Bestimmung zu konfessionellen Betrieben. Wer in einem christlichen Krankenhaus oder in einer KiTa arbeitet, unterliegt weitreichenden Loyalitätspflichten. Wer für das Recht auf Abtreibung oder die volle Gleichberechtigung queerer Lebensentwürfe streitet, sieht seinen Arbeitgeber womöglich schnell vor Gericht wieder. Wer als Bankangestellter das eigene Unternehmen öffentlich kritisiert, ist schnell kein Mitarbeiter desselben mehr.

Es gibt also neben vielen nachvollziehbaren Schranken, die aus konkurrierenden Grundrechten resultieren, auch solche, die man diskutieren muss und sollte.

2) Die Meinungsfreiheit erstreckt sich auch auf Dinge, die anderen Menschen lieb, teuer oder sogar heilig sind. Ich halte wenig davon, gezielt die religiösen Symbole anderer Menschen verächtlich zu machen, aber auch das ist durch die Meinungsfreiheit gedeckt.

3) Nein. Ich weiß aber, dass die Drohungen von Rechtsaußen, die Übergriffe auf Kommunalpolitiker*innen, die im Fall von Dr. Walther Lübcke bis hin zum Mord gehen, ein Klima der Einschüchterung schaffen sollen, damit Menschen Ihre Grundrechte nicht mehr wahrnehmen.
Ich werde dafür kämpfen, dass diese Kräfte damit nicht durchkommen.

Freundliche Grüße

Katja Kipping