Warum haben Sie, sehr geehrte Frau Kipping im Wahlkampf nicht die Linie von Frau Wagenknecht unterstützt?

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Frage von Christian T. •

Warum haben Sie, sehr geehrte Frau Kipping im Wahlkampf nicht die Linie von Frau Wagenknecht unterstützt?

Zusammen mit Herrn Bartsch und der Geschäftsführung sind Sie hauptverantwortlich für das.aktuelle, desaströse Wahlergebnis unserer Partei.. Ich als traditioneller Wähler von "die Linke" frage mich, ob die.Strategie der Angriffsunterlassung gegen Olaf Scholz (als Mitentscheider der Harz 4 Gesetze) und an Frau Schleswig (welche zum rechten Flügel der SPD zählt) zu dieser Wähler Abwanderung geführt hat?
Weshalb haben Sie und die Parteispitze sich nicht an unsere Basisthemen, zB. in Sachen sozialer Gesellschaftspolitik fokussiert und stattdessen im Grünen Themenfeld Umwelt-und Klimapolitik bei den Wählern hausieren gegangen, wohlwissend dass die Leute dann lieber das Original wählen?
MfG, Christian T..

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr T.,

Danke für Ihre Nachricht. Ich kenne aus anderen Parteien den Spruch: Der Erfolg hat viele Väter; der Misserfolg aber ist immer eine Waise.

Ich denke, meine Partei kann das besser. Wir werten solidarisch Fehler und Erfolge aus statt Sündenböcke zu vereinzeln. Ihre inhaltliche Analyse, überzeugt mich nicht. Genauso wenig wie Ihre Sündenbockerklärung.

Ich war in den letzten Monaten jeden Tag in Dresden und in Sachsen auf der Straße. Mit der Unterstützung meines Stadtverbandes habe ich in der Stadt, in der das Klima seit Jahren von AfD vergiftet wird, ein Erststimmenergebnis von 18,9 % errungen und lag damit nur knapp hinter dem  CDU-Kandidaten, der den Wahlkreis gewonnen hat.

Das lag auch daran, dass ich mich seit Jahren für eine soziale Politik in der Stadt, im Land und im Bund engagiere. Ich bin regelmäßig mit meinem Stand vor Jobcentern und kämpfe seit Jahren für eine soziale Politik im Bund, gegen das Kleinrechnen der Regelbedarfe und für eine sanktionsfreie Mindestsicherung.

Das giftige Gerücht über uns, dass DIE LINKE sich angeblich nicht mehr für die Interessen von Armutsbetroffenen, von Erwerbslosen und Niedriglohnbeziehenden einsetzt, streut die neoliberale Rechte von AfD bis FDP.

Ein Blick auf meine Webseite oder die von mir eingebrachten Initiativen im Bundestag sprechen eine andere Sprache.

Unser Zugang zur Klimapolitik bzw. Klimagerechtigkeit unterscheidet sich grundlegend von dem der Grünen. Wir wissen, dass Klimapolitik nur mit Umverteilung zusammen funktionieren kann.

Eines der Themen zu ignorieren führt gleichermaßen in eine Sackgasse:

In den klimatisierten gated communities von Wohlhabenden lassen sich Klimaerhitzung, gestiegene Lebensmittelpreise auf Grund von Dürren und Wasserknappheit aushalten. Für den Großteil der Bevölkerung gilt das nicht. Alle Studien zeigen, dass die Klimaerhitzung in all ihren sozialen Auswirkungen die unteren und mittleren Einkommensbeziehenden mit überproportionaler Härte trifft. Klimaerhitzung ignorieren, ist die unsozialste Politik, die man sich vorstellen kann.

Eine effektive Klimapolitik erfordert jedoch Milliardeninvestitionen. Eine Klima- und eine Steuerpolitik, die Grüne in einer Regierung mit FDP oder CDU-Beteiligung betreiben werden, wird auf eine Erhöhung von Steuern auf Verbrauchsgütern hinauslaufen. Eine Vermögenssteuer wird es mit Sicherheit nicht geben.

Das bedeutet auch hier, dass die Beziehenden unterer und mittlerer Einkommen, also ausgerechnet die, die am wenigsten CO2-produzieren, am stärksten belastet werden. Also ebenfalls eine höchst unsoziale Angelegenheit.

Ich werde nicht zwischen diesen beiden sozial- wie klimapolitischen Übeln wählen, weil das ganze Themenfeld vermeintlich „grün“ ist? Das halte ich für einen fatalen Fehler.

Ich finde das inhaltlich falsch, aber ich glaube auch nicht, dass uns das zu gesellschaftlichen Mehrheiten verhilft.

Ich habe eingangs Pegida in meiner Heimatstadt erwähnt. Die steht für einen gefährlichen autoritären Trend in unserer Gesellschaft. Den anderen Pol bietet die andere Großdemonstration der letzten Monate. Beim Klimastreik waren ungefähr nämlich 10.000 junge Dresdnerinnen und Dresdner auf der Straße. Fünf mal so viele wie bei Pegida einige Tage zuvor.

Denen soll ich erklären: Ihr seid mir egal, Klimagerechtigkeit interessiert mich nicht, weil das Thema „zu grün“ ist?

Freundliche Grüße

Katja Kipping