Wie beurteilen Sie das Vorhaben der EU ein europäisches Vermögensregister einzuführen ?

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Frage von Eves S. •

Wie beurteilen Sie das Vorhaben der EU ein europäisches Vermögensregister einzuführen ?

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Sehr geehrte Frau S.,

ich kenne bisher kein konkretes Vorhaben, sondern nur vage Überlegungen der Kommission. Die Berichterstattung dazu entzündete sich bisher vor allem an der Ausschreibung der Studie zum Thema.

Die Überlegungen scheinen mir noch so unkonkret, dass es unseriös wäre, diese bereits jetzt zu bewerten.

Grundsätzlich existieren in Deutschland zahlreiche Register, wie Grundbücher oder Handelsregister, die Besitz- und Eigentumsverhältnisse von bestimmten Vermögen dokumentieren, die wichtige Funktionen haben. 

Bei anderen Vermögen und Einkommen haben wir eine Situation, in der sich Geringverdiener, Kleingewerbetreibende und  jede/r Hartz-IV-Betroffene vor den Ämtern nackt machen müssen, während sich Großunternehmen und Superreiche zur Steuerhinterziehung hinter Briefkastenfirmen und Tarnstiftungen verstecken.

Die systematische Verschleierung von Eigentumsverhältnissen kann dazu dienen, Korruption zu decken oder die Rechte z.B. von Mieter:innen zu beschneiden, wenn sich der Vermieter hinter Schattenfirmen verbirgt. Politikerinnen und Politiker nutzen Intransparenz über Vermögensverhältnisse, um illegale Parteispenden oder Bestechung zu tarnen.

Grundsätzlich gibt es in Europa Probleme mit den genannten Phänomenen. In Malta und der Slowakei haben Journalist:innen wie Daphne Caruana Galizia und  Jan Kuciak für ihre Recherchen zu Korruption und Steuerhinterziehung mit dem Leben bezahlt. Die Spenden- und Bestechungsskandale bei FPÖ und AfD, die Maskendeals von Politikern der CDU/CSU-Fraktion sind auch Oberflächenphänomene tieferliegender Transparenzprobleme.

Insofern macht mich misstrauisch, dass es vor allem Politiker dieser Parteien sind, die bereits bei der Ausschreibung einer Studie so massiv Stimmung machen.

Und zu guter Letzt wäre eine Erfassung von Vermögensverhältnissen die Voraussetzung, um soziale Ungleichheit in Europa und in Deutschland genauer ermessen zu können. Hier sind wir seit der Aussetzung der Vermögenssteuer auf ungenaue Schätzungen angewiesen. Auch das könnte ein Grund für das Angstbeißen von Konservativen und Neoliberalen sein. Denn Transparenz bei Großvermögen würde die Folgen der Politik der letzten dreißig Jahre greifbar machen.

Richtig ist aber auch: An alle Register stellen sich immer Datenschutzfragen. Welche Informationen werden erfasst, wo liegen Grenzen der Erfassung, werden Angaben zentral oder verteilt registriert, wer hat auf welche Informationen Zugriff und wie wird dies protokolliert? Lassen sich bestimmte Daten anonymisieren oder pseudonymisieren, etc. etc. Ich werde mich in diesen Fragen gegen jeden Versuch stellen, den gläsernen Bürger zu schaffen. Genauso entschieden setze ich mich aber für Transparenz bei Großunternehmen, Hochvermögenden  sowie Politikerinnen und Politikern ein.

Freundliche Grüße

Katja Kipping