Frage an Katrin Göring-Eckardt bezüglich Arbeit und Beschäftigung

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Katrin Göring-Eckardt
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Frage von Markus G. •

Frage an Katrin Göring-Eckardt von Markus G. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Wieso hat sich Ihre Fraktion bei der Abstimmung zu dem "Gesetz zur Regelung des Erscheinungsbilds von Beamtinnen und Beamten sowie zur Änderung weiterer dienstrechtlicher Vorschriften", welches verfassungsrechtlich durchaus problematisch ist und zudem eine ernstzunehmende Bedrohung für Musliminnen sowie Menschen jüdischen Glaubens darstellen könnte, enthalten?

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Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Glaub,

vielen Dank für Ihre Frage an Frau Göring-Eckardt. Sie hat uns gebeten, Ihnen zu antworten.

Das „Gesetz zur Regelung des Erscheinungsbilds von Beamtinnen und Beamten sowie zur Änderung weiterer dienstrechtlicher Vorschriften“, das der Bundestag am 22.4.2021 beschlossen hat, soll als Rechtsgrundlage dienen, das äußerliche Erscheinungsbild von Beamtinnen und Beamten durch Verbote zu reglementieren. Auch wir haben hier gesetzlichen Handlungsbedarf beim „Erscheinungsbild“ gesehen. Das betrifft zum Beispiel Tattoos, die begründet das Vertrauen in die neutrale Amtsführung einer Beamtin oder eines Beamten beeinträchtigen. Dennoch haben wir dem Gesetzentwurf der Bundesregierung im Bundestag nicht zugestimmt, sondern uns enthalten und deutliche Kritik an Teilen des Gesetzentwurfes geübt.

Denn das Gesetz bringt nicht die notwendige Klarheit und geht über die Tattoo-Frage deutlich hinaus. Es bezieht sich unter anderem auch auf Kleidungsstücke, die aus religiösen oder weltanschaulichen Gründen getragen werden. Bei diesen soll eine Untersagung zwar nur möglich sein, wenn das äußere Erscheinungsbild „objektiv geeignet“ ist, „das Vertrauen in die neutrale Amtsführung der Beamtin oder des Beamten zu beeinträchtigen“. Die Regelung kann zwar durch Rechtsverordnung bzw. Landesrecht konkretisiert werden, ist aber als unmittelbar geltende Verhaltenspflicht formuliert. Dadurch könnten je nach Wertung auch Kopftuch- und Kippaverbote gestützt werden und laut Begründung scheint auch genau das vom Bundesinnenministerium intendiert zu sein.

Das jedoch steht in Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes, das klar formuliert, dass allein das Tragen eines Kopftuches nicht ausreicht, um darin eine Distanzierung von den Werten der Verfassung festzustellen. Ein Verbot von weltanschaulichen/religiösen Kleidungsstücken (z.B. Kippa oder Kopftuch) wäre eine Einschränkung der grundrechtlich geschützten Religionsfreiheit, wenn nicht klar und vor allem begründet nachgewiesen wird, dass das Vertrauen in die neutrale Amtsführung beeinträchtigt ist. Dafür bräuchte es neben der weltanschaulichen/religiösen Kleidungsstücke weitere Umstände. Das Schutzbedürfnis einer religiösen Bekleidung ist größer einzuschätzen als ein Tattoo. Kritisch bewerten wir auch, dass die Regelungen für alle Beamtinnen und Beamten gelten sollen - unabhängig von ihrer Verwendung.

Mit freundlichen Grüßen
Büro Göring-Eckardt

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