Frage an Kerstin Andreae bezüglich Recht

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Kerstin Andreae
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Christian C. •

Frage an Kerstin Andreae von Christian C. bezüglich Recht

Kündigungswelle alter Bausparverträge.

Sehr geehrte Frau Andreare,

ich würde mir wünschen, dass sich die Politik wieder mehr für den Verbraucherschutz einsetzt.
Die Polizei und Justiz soll sich für die Rechte der Bürger einsetzen. Bei dem Verdacht das tausende Bausparverträge von Bausparkassen (z.B. Aachener Bausparkasse) nach Meinung der Verbraucherzentrale BW und anderen Ländern bzw. von Gerichten zu unrecht gekündigt werden, sollte auch die Justiz ermittlungen gegen die Bausparkassen anstreben und einstweilige verfügungen aussprechen, bis Gerichte über recht und unrecht entscheiden. Der private Klageweg vor Gericht ist bei zum Teil geringem Streitwerten und langen Klagewegen für ärmere Menschen ein finanzelles Risiko. Dies wissen natürlich auch unseriösen Finanzunternehmen.

Gleiches gilt auch bei den aktuellen Dieselskandal. Obwohl allen Leuten klar ist, dass die Käufer und Umweltbehörden von den Herstellern von Dieselfahrzeugen betrogen wurden sind. Gibt es für mich als Besitzer in Deutschand keine Entschädigungen oder nachrüstpflichten dieser Hersteller, obwohl die Grenzwerte immer noch nicht eingehalten werden. Die Gerichte haben bereits über Fahrverbote in Stuttgart geurteilt. Der Verbraucherschutz ist auch hier aus meiner Sicht nicht ausreichend gegeben. Hier sollte die Politik nachbessern und die Rechte der Bürger gegenüber Wirtschaftsunternehmen schützen.

Welche Möglichkeiten habe ich als Privatperson, gegen die Kündigung meines Bausparvertrag bei der Aachener Bausparkasse.

Das Musterschreiben der Verbraucherzentrale BW führte nicht zum Erfolg.
http://www.verbraucherzentrale-bawue.de/bausparkassen

Mit freundlichen Grüßen
C. C.

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Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr C.,

ihren Ärger kann ich sehr gut nachvollziehen. Die Bausparkassen drängen verstärkt Kundinnen und Kunden aus ihren Verträgen, die sie insbesondere in den 90er Jahren noch als Kapitalanlagen beworben haben. Das ist in höchstem Maße unmoralisch, unfair und rechtlich in vielen Fällen zumindest umstritten, wie auch in Ihrem Fall. Zudem sind die Klagemöglichkeiten der Verbraucherinnen und Verbraucher sehr schlecht. Hier sehen wir wie in vielen anderen Bereichen klaren Handlungsbedarf für mehr Verbraucherschutz.

Derzeit bedeutet der Klageweg, dass jede und jeder Betroffene einzeln vor Gericht ziehen muss, um seine Ansprüche geltend zu machen. Oder aber er tritt seine Ansprüche an einen Rechtsdienstleister ab, der die Ansprüche gegen hohe Provision für ihn durchsetzt. Was fehlt, ist eine Möglichkeit, sich zu Gruppen zusammenzuschließen und gemeinsam die Ansprüche gerichtlich durchzusetzen. Diesen Vorschlag hatten wir bereits 2014 mit einem Gesetzentwurf gemacht. In der Zivilprozessordnung sollte eine Verfahrensmöglichkeit eingeführt werden, bei der eine Vielzahl von Geschädigten beim gleichen zugrunde liegenden Sachverhalt ein Gruppenverfahren durchführen kann. Finden sich mindestens zehn Teilnehmer zusammen, so kann die Gruppe entweder vertreten durch ein Mitglied der Gruppe oder vertreten durch einen qualifizierten Verband, gemeinsam die Rechtsverhältnisse gerichtlich klären lassen. Durch die Teilnahme an einem solchen Verfahren wäre auch automatisch die Verjährung gehemmt – was im Fall der Gewährleistung, die nach zwei Jahren abläuft, entscheidend sein kann. Zudem bräuchte es nicht zig Verfahren, was für schnellere Rechtssicherheit für alle Beteiligten führt. Doch dieses Vorhaben wurde damals sowohl von der SPD als auch der Union abgelehnt. Wir werden hier nicht lockerlassen und uns auch in der kommenden Legislaturperiode für eine solche Lösung stark machen.

Solange es diese Möglichkeit nicht gibt, können wir Ihnen nur raten, sich an die Verbraucherzentrale bzw. direkt an einen Rechtsanwalt zu wenden, oder - falls Sie die Zeit dafür haben - auf das Urteil im Verfahren der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) zu warten.

Mit freundlichen Grüßen

Kerstin Andreae