Frage an Kerstin Westphal bezüglich Verbraucherschutz

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Kerstin Westphal
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Frage an Kerstin Westphal von Johannes M. bezüglich Verbraucherschutz

Sehr geehrte Frau Westphal,

"Dieses Vertrauen ist im Zuge der Finanzkrise verloren gegangen, weil die Menschen nicht glauben, die Politik könnte etwas verändern," schreibt Peer Steinbrück in seinem Vorschlag zur Finanzmarktregulierung. Er möchte das Vertrauen zurückgewinnen - das Vertrauen in die Finanzbranche, aber auch in die Politik. Dazu gehört natürlich auch das Vertrauen der
Bürgerinnen und Bürger in eine unabhängige, nicht von Gewinnaussichten beeinflusste Finanzberatung.

Im EU-Ausschuss für Wirtschaft und Währung ECON ging es am 26. September 2012 im Rahmen der Ãnderung der Finanzmarktrichtlinie Mifid II um den Verbraucherschutz am Finanzmarkt. Der Kompromiss im Ausschuss war es zunächst, dass die Provisionen, die an Finanzberaterinnen und -berater beim Verkauf von Finanzprodukten gezahlt werden, offen gelegt werden und an die Verbraucher weitergegeben werden müssen.

Während der Ausschusssitzung brachten die europäischen Sozialdemokraten allerdings überraschend mündlich einen Vorschlag ein, nach dem die Provisionen entweder offen gelegt oder an die Verbraucher weitergegeben werden müssen. Dieser Vorschlag wurde anschließend mit den Stimmen der Konservativen, Liberalen und Sozialdemokraten angenommen. Dem Verbraucherschutz und dem Rückgewinn des Vertrauens der Verbraucherinnen und Verbraucher in Finanzbranche und Politik scheint mir damit nicht gedient zu sein, zumal da die Offenlegung bereits vorher verpflichtend war.

Deshalb möchte ich Sie gerne um Ihre Meinung bitten.

Wie lautet ihre Position zu den Provisionen? Sind Sie für eine Weiterleitung der Provisionen an die Kunden?

Sind Sie der Meinung, dass angesichts der Provisionszahlungen die Finanzberatung unabhängig sein kann und von unterschiedlichen Provisionszahlungen bei mehreren zur Auswahl stehenden Produkten unbeeinflusst bleibt?

Wie werden Sie sich bei der Abstimmung im EU-Parlament entscheiden?

Danke für Ihre Antwort und
mit freundlichen Grüßen

Johannes Meyer

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Meyer,

vielen Dank für Ihre Anfrage.

Meine Position zu der Frage der Provisionen können Sie in der Antwort an Frau Schüren (über Ihrer Frage) entnehmen. Da Sie zusätzlich auf die Ausschuss-Sitzung am 26. September anspielen, möchte ich hier für Aufklärung sorgen.

Leider ist in der Berichterstattung zu den Beratungen über das MiFID II-Paket und der Frage des Provisionsverbots von Mitbewerbern vereinzelt auch der Eindruck erweckt worden, die sozialdemokratische Fraktion habe sich in letzter Minute wider besseres Wissen gegen eine Neuregulierung der Anlagemärkte für Finanzprodukte gewendet und einer nur halbherzigen Reform zur Durchsetzung verholfen. Dieser Darstellung möchte ich widersprechen. Die Berichterstatter haben bis zuletzt nach einem möglichst kundenfreundlichen, in der Praxis wirkungsvollen Kompromiss gesucht, der nicht in einer ausschließlichen Elitenberatung endet. Der Kompromissantrag hierzu wurde vom EVP-Berichterstatter mit den Schattenberichterstattern von S&D sowie Liberalen verhandelt und technisch durch den S&D-Schattenberichterstatter eingebracht. Zwischenzeitliche, am britischen Modell der Honorarberatung orientierte Übereinkünfte zwischen britischen Konservativen und Grünen wurden leider vielfach als bereits abgeschlossene Positionsbestimmung des Wirtschafts-Ausschusses missverstanden und als Abschaffung des Provisionsmodells gefeiert. Dabei wird jedoch verschwiegen, dass eine Umstellung auf reine Honorarberatung ohne erhebliche sozialstaatliche Begleitung und Ausweitung öffentlicher oder öffentlich garantierter Beratungsleistungen zum Zwangshonorar für alle führt, insbesondere für Kleinsparer, unabhängig davon ob sie ein Produkt abschließend erwerben oder nicht. Tatsächlich gab es unter den Berichterstattern der Fraktionen im Ausschuss keine Mehrheit für einen solchen sofortigen Systemwechsel. Angesichts der schon oben skizzierten Auswirkungen und reell im Markt existierenden Bedingungen ist dies auch einleuchtend.

Mit freundlichen Grüßen

Kerstin Westphal