Frage an Kirsten Kappert-Gonther bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Kirsten Kappert-Gonther
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Rainer M. •

Frage an Kirsten Kappert-Gonther von Rainer M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Kappert-Gonther !

Wie stehen Sie zu der Frage einer öffentlichen Stellungnahme zu dem Fall von Herrn Assange insbesonder zu seiner Haftsituation und seiner drohenden Auslieferung nach den USA . Auf den aktuellen Artikel des Tagesspiegel vom 18.12.2019 " Ist Wikileaks-Gründer Julian Assange für die Welt bereits gestorben" darf ich verweisen. Mit Recht fordern Sie und Ihre Partei die Menschenrechte für die Uigiuren in China ein. Werden Sie auch die Online Petition bei Change.org. unterzeichnen ? Gibt es für Sie da Abwägungsentscheidungen oder muss aus Ihrer Sicht ein einheitllicher Standpunkt innerhalb Ihrer Partei gefunden werden, der dann zur Entscheidung führt.

Ich danke Ihnen im voraus für die Beantwortung der Frage und wünsche Ihnen ein frohes Weihnachtsfest.

Beste Grüße
R. M.

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr M.,

vielen Dank für Ihr Schreiben. Wir Grüne respektieren in vollem Umfang die Unabhängigkeit der britischen Justiz und deren Recht, strafrechtliche Vorwürfe gegen Herrn Assange zu prüfen und zu sanktionieren. Die verhängte hohe Haftstrafe wegen des Verstoßes gegen Kautionsauflagen wirft jedoch die Frage auf, ob diese Sanktion verhältnismäßig ist. Auch gilt es, Berichte wie den des UN-Sonderberichterstatters Nils Melzer über Folter ernst zu nehmen, dass Julian Assange der Zugang zu ausreichender medizinischer Versorgung versagt wird und sich sein Gesundheitszustand aufgrund der Haftbedingungen drastisch verschlechtert. Daneben stellt sich die Frage, ob das Folterverbot, das auch psychische Folter umfasst und zu dem sich auch das Vereinigte Königreich durch Ratifizierung der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und der Grundfreiheiten (EMRK) verpflichtet hat, beachtet wird.

Art. 3 der EMRK untersagt die Auslieferung, wenn damit zu rechnen ist, dass dem Betroffenen im Zielstaat Folter oder erniedrigende Behandlung während der Haft droht. Die erneute Inhaftnahme von Chelsea Manning in den Vereinigten Staaten zur Erzwingung einer Aussage gegen Julian Assange begründet die Sorge, dass die Vereinigten Staaten im Falle einer Auslieferung auch gegen Julian Assange mit äußerster Härte vorgehen werden. Über den Einzelfall hinaus ist zu befürchten, dass dieses Vorgehen, sollte es von Deutschland unkommentiert hingenommen und nicht verhindert werden, der Meinungs- und Informationsfreiheit in Europa und weltweit sowie der Glaubwürdigkeit der EU beim Schutz der Menschenrechte einen erheblichen Schlag versetzen würde.

Wir Grüne erwarten, dass alle europäischen Nationen und Mitglieder der EU den Schutz der Pressefreiheit, der Veröffentlichung von Informationen im öffentlichen Interesse durch Journalist*innen und den Schutz von Journalist*innen und deren Quellengeber*innen vor Verfolgung zum Maßstab ihres Handelns machen. Die Meinungs- und Informationsfreiheit ist jedoch erheblich bedroht, wenn journalistische Tätigkeit und Whistleblowing der Spionage gleichgestellt werden und Journalist*innen und deren Hinweisgeber*innen mit erheblichen, sogar physischen Sanktionen rechnen müssen. Meine Fraktions-Kolleginnen Manuela Rottmann, Margarete Bause und Margit Stumpp haben den deutschen Außenminister Heiko Maas daher im Dezember 2019 aufgefordert, sich bei der Regierung des Vereinigten Königreichs für faire Haft- und Verfahrensbedingungen für Julian Assange einzusetzen. Zudem soll bei der britischen Regierung darauf hingewirkt werden, bei der Auslieferung zu prüfen, ob nicht zwingende Gründe vorliegen, das Ersuchen der Vereinigten Staaten abzulehnen.

Wir Grüne erwarten, dass die Bundesregierung auf die Aufklärung dieser erheblichen Vorwürfe drängt und die uneingeschränkte Beachtung der Pressefreiheit bei der britischen Regierung unmissverständlich einfordert.

Mit freundlichen Grüßen

Kirsten Kappert-Gonther

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