Warum wurde in den Plänen zum CanG der Regierung die industrielle oder privatwirtschaftliche Herstellung von hochprozentig THC haltigen Lebensmitteln ausgeschlossen?

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Kirsten Kappert-Gonther
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Frage von Daniel K. •

Warum wurde in den Plänen zum CanG der Regierung die industrielle oder privatwirtschaftliche Herstellung von hochprozentig THC haltigen Lebensmitteln ausgeschlossen?

Sehr geehrte Frau Abgeordnete Kappert-Gonther,

Ich wüsste gern warum man dem Gesundheitsschutz meiner Meinung nach nicht genug Beachtung schenkt indem man unbeabsichtigt eine Nikotin-haltige Darreichungsform von THC haltigen Genussmitteln fördert, weil man eine THC- Darreichung in Form von Nahrungsmitteln in den Plänen zu wenig Beachtung geschenkt hat. Oder wurde diese sogar bewusst "falsch" diskutiert, auf Grundlage der Annahme, die Industrie und Cannabis- Abgabestellen würden dem Jugendschutz abträglich sein, in Bezug auf Verpackungsdesign und Werbung?

Ich persönlich finde die klassische Darreichung von Cannabis in Form von Joint etc. die ja mit Ihren Plänen wahrscheinlich einsetzen würde bedenklicher, als das Risiko einer versehentlichen Einnahme von evtl. bunt bedruckten Edibles durch unter 18 Jährige. (Ist allerdings eine persönliche Meinung). Ich fände sowieso eine Liberalisierung von THC unter Missachtung einiger EU Richtlinien als gangbarste Lösung.

Mit Neujahrs Grüßen

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr K.,

Das Gesetz ist ein Paradigmenwechsel, für den sich viele Menschen jahrzehntelang eingesetzt haben. Wir machen Schluss mit der schädlichen Prohibition von Cannabis. Von nun an wird niemand mehr wegen des Konsums von Cannabis kriminalisiert. Wir regulieren den Eigenanbau und den gemeinschaftlichen Anbau in Cannabis Clubs.

In den Verhandlungen ist es uns gelungen, praktikable Regelungen zu finden, die den Jugend- und Gesundheitsschutz gewährleisten und die Entkriminalisierung von erwachsenen Konsumierenden Wirklichkeit werden lässt. Wer Alternativen zum Schwarzmarkt will, um den Gesundheitsschutz zu stärken, darf die bürokratischen Hürden nicht zu hoch anlegen.

Wir reduzieren die Konsumverbote auf Abstände von 100 Metern zu Schulen und anderen Einrichtungen. So verringern wir den Kontrollaufwand für die Polizei, schaffen mehr Klarheit für Konsumierende, ermöglichen Patient*innen, ihr Medikament einzunehmen und schützen Kinder und Jugendliche. Abstände zwischen den Clubs werden nicht vorgeschrieben, damit Clubs auch in Ballungsräumen die Chance haben, sich zu gründen. Da ein umfangreiches Werbeverbot gilt und die Clubs von außen nicht erkennbar sind, ist es so pragmatischer.

Wir haben die erlaubte Menge aus dem Eigenanbau aus bis zu drei Pflanzen auf 50 Gramm erhöht und klargestellt, dass die Grenze sich auf die getrocknete Menge bezieht. So stellen wir sicher, dass Ernte nicht vernichtet werden muss und die Besitzmenge zum Ertrag von drei Pflanzen passt.

Es wird eine geringe Menge von bis zu 30 Gramm im öffentlichen und bis zu 60 Gramm in der Wohnung definiert, sodass bei geringfügiger Überschreitung der Besitzgrenzen nicht glich die Strafbarkeitskeule droht. Zudem reduzieren wir Strafvorschriften und Bußgelder auf angemessene Größenordnungen.

Wir schaffen eine Forschungsklausel, sodass Cannabis mit behördlicher Genehmigung zu wissenschaftlichen Zwecken verwendet werden kann. Weiterhin gilt, dass das BMG in der zweiten Säule der Cannabisgesetzgebung einen Entwurf für die Abgabe von Cannabis in wissenschaftlichen Modellprojekten vorlegen soll.

Wir erleichtern den Anbau von Cannabis zu medizinischen Zwecken, in dem ein Erlaubnis- statt eines Ausschreibungsverfahrens etabliert wird. So wird Deutschland unabhängig von Importen, kann den Bedarf decken und Versorgungssicherheit sowie eine hohe Qualität nach GMP-Standards sicherstellen.

Es konnten also zahlreiche Verbesserungen erreicht werden. Klar ist aber, dass Kompromisse gemacht werden mussten. Ich hätte mir die Erlaubnis von Edibles und Extraktion, solange die Produkte unattraktiv für Kinder sind und sie zur Schadensminimierung beitragen, vorstellen können. Dafür gab es aber keine politische Mehrheit.

Ich setze mich nun für eine zeitnahe Aufsetzung und Verabschiedung des Gesetzes ein, denn es beendet die Kriminalisierung von Millionen Konsumierenden und schafft endlich legale und weniger schädlich Alternativen.

Mit freundlichen Grüßen

Kirsten Kappert-Gonther

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