Wieso kommt der Lauterbach(ihr Koalitionspartner Spd) jetzt mit der Vertröstung auf Modellregionen bei Cannabis an? Was soll das denn nun, sollte doch im März der Gesetzentwurf stehen?

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Kirsten Kappert-Gonther
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Frage von Johen T. •

Wieso kommt der Lauterbach(ihr Koalitionspartner Spd) jetzt mit der Vertröstung auf Modellregionen bei Cannabis an? Was soll das denn nun, sollte doch im März der Gesetzentwurf stehen?

In ihrem Koalitionsvertrag hatten SPD, Grüne und FDP vereinbart, die kontrollierte Abgabe der Droge an Erwachsene zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften möglich zu machen.
https://www.br.de/nachrichten/deutschland-welt/cannabis-legalisierung-soll-in-modellregionen-getestet-werden,Ta5ydiA

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr. T.,

 da sich Ihre Frage eher an den Gesundheitsminister als an mich wendet, greife ich auch die Worte aus dem Eckpunktepapier des Gesundheitsministers zurück:

 „Auf der Grundlage des Koalitionsvertrages 2021 hat die Bundesregierung Eckpunkte zur Einführung einer kontrollierten Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften vorgelegt. Ziel ist dabei, die Qualität zu kontrollieren, die Weitergabe verunreinigter Substanzen zu verhindern, den Jugendschutz und Gesundheitsschutz für Konsumentinnen und Konsumenten bestmöglich zu gewährleisten sowie den Schwarzmarkt einzudämmen. Wie in den Eckpunkten ausgeführt hat die Bundesregierung dabei auch die europa- und völkerrechtlichen Vorgaben geprüft und bewertet und bereits im Eckpunktepapier verdeutlicht, bei der Umsetzung des Koalitionsvorhabens dessen völker- und europarechtlichen Rahmen zu berücksichtigen. Vor diesem Hintergrund haben sich die im Cannabis-Projekt engagierten Bundesministerien Ende 2022 mit der EU-Kommission in Brüssel ausgetauscht und entsprechend der fachlichen Zuständigkeiten ihre Erkenntnisse in die laufenden Arbeiten und Abstimmungen der Bundesregierung eingebracht. Das Ergebnis der Abstimmungen ist eine Weiterentwicklung des Eckpunktepapiers hin zu einem 2-Säulen-Modell in Stufen: „Club Anbau & Regional-Modell“.“

 Ich kommentiere die neuen Pläne wie folgt:

Wir überwinden die Prohibition von Cannabis und stärken den Jugend- und Gesundheitsschutz. Dafür haben wir Grüne seit Jahren gekämpft! Wir holen Millionen Konsumierende aus der Kriminalisierung und machen den Weg frei für legale Alternativen.

Durch gefährliche Streckmittel wie Blei oder zugesetzte synthetische Cannabinoide auf Cannabis vom Schwarzmarkt wurden die Risiken des Konsums nur verschärft. Jetzt stärken wir den Gesundheitsschutz.

Der Eigenanbau ist das Herzstück der Reform. Mit dem Eigenanbau kann sichergestellt werden, dass Cannabis keine gefährlichen Streckmittel enthält. Durch die Legalisierung des gemeinschaftliches Eigenanbaus in Cannabis Clubs wird sichergestellt, dass nicht jede und jeder selbst das Hobbygärtnern lernen muss. Dabei kann durch eine strikte Altersgrenze ab 18 und Regeln zu Kennzeichnung, Verpackung und Aufbewahrung der Jugendschutz viel besser umgesetzt werden als bisher. Es sollte klargestellt werden, dass auch die Abgabe von Edibles und Beverages erlaubt wird, denn sie tragen im Vergleich zur Inhalation zur Harm Reduction bei.

 Wir meinen es ernst mit der Entkriminalisierung. So sollen laufende Strafverfahren nicht nur eingestellt werden, auch eine rückwirkende Löschung von Verurteilungen soll möglich sein.

Ziel bleibt die umfassende Legalisierung mit der flächendeckenden kontrollierten Abgabe in lizensierten Fachgeschäften. Es ist ein Jammer, dass nach der vorherrschenden juristischen Meinung, die EU-Regularien derzeit noch dem Verkauf von Cannabis in Fachgeschäften im Wege stehen. Um weiter voranzukommen, sollen wissenschaftliche Modellprojekte die legale Abgabe erproben.

Dabei wird es auf die konkrete Ausgestaltung ankommen. Es müssen wirksame Regeln für den Jugendschutz umgesetzt werden. Je mehr erwachsene Konsumierende Zugang zu legalen Alternativen haben, desto entschiedener wird der Schwarzmarkt eingedämmt. Hier ist auch das Parlament und die Beratung im Gesundheitsausschuss gefragt. 

Gleichzeitig kann Kanada weiter ein Vorbild für Deutschland sein. Dort funktioniert die umfassende Legalisierung einschließlich der Abgabe von Cannabis in Fachgeschäften sehr gut.

Jetzt muss der Gesundheitsminister noch im April einen Gesetzentwurf vorlegen. Dann kommt das Parlament ins Spiel und damit die Chance, sich im Detail dafür einzusetzen, die Ziele vollumfänglich zu erreichen.

Mit freundlichen Grüßen

Kirsten Kappert-Gonther

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