Frage an Klaus Ernst bezüglich Arbeit und Beschäftigung

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Klaus Ernst
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Frage von Detlef S. •

Frage an Klaus Ernst von Detlef S. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrter Herr Ernst,

Glückwunsch zur neuen Partei DIE LINKE. Auch Ihnen hier mein Dank für Ihren Mut und persönlichen Angaschement sich dem neoliberalen Trend aktiv entgegenzustellen.

Die Linke bringt den Generalstreik als Mittel zum Kampf für berechtigte Interessen der Arbeitnehmerschaft wieder ins Spiel. Mit Recht. Die deutschen Unternehmen sind fit, sind global wettbewerbsfähig; heißt es von Politik und Wirtschaft. Richtig. Aber die Zeche haben Millionen AN mit Billiglohn oder Arbeitslosigkeit bezahlt. Das konnte nur im Einverständnis mit den verantwortlichen DGB Funktionären so geschehen. Da gibt es nichts schön zu reden oder zu leugnen. In den 1.Mai Veranstaltungen kommen die Arbeitslosen noch nicht einmal mehr in den Reden vor.
Die Mitarbeiter bei Telekom, Bahn, Post, ÖD oder in andere Großkonzernen haben in den letzten Jahren nie gefragt was Rationalisierung unter Bedingungen wie:
kein Kündigungsschutz, keine Tarifbindung und dann Hartz IV für Millionen AN in den kleinen Betrieben bedeuten. Es hat sie schlichtweg einen Dreck interessiert. Die DGB Funktionäre haben wohl das schlimmste zu Verantworten was der Arbeitnehmerschaft passieren konnte. Sie haben sie gespalten, entsolidarisiert, zu Egoisten erzogen!

Mit meinen Fragen wende ich mich auch in Ihrer Funktion als Gewerkschaftssekretär an Sie:

Glauben Sie, das Generalstreik von Seiten der DGB Bosse wirklich gewollt und machbar ist?
Glauben Sie, das die dafür notwendige Solidarität bei den privilegierten AN, für Arbeitslose und Niedriglöhner auf die Straße zu gehen, gegeben ist?

Mit freundlichen Grüßen
Detlef Schramm

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Sehr geehrter Herr Schramm,

Vielen Dank für Ihre Glückwünsche zur neuen Partei.
Anhand der aktuellen Reaktionen und Umfragewerte, aber auch den ersten Wahlergebnissen wird deutlich, wie nötig die Menschen in diesem Land eine politische Kraft links von der SPD brauchen.

Bezüglich der Forderung der Bundestagsfraktion DIE LINKE. für ein Recht auf Generalstreik geht es mir insbesondere um ein politisches Streikrecht – bis dato sind Streiks gegen Sozialabbau und Rentenkürzung, gegen Privatisierung und Hartz IV oder für einen besseren gesetzlichen Kündigungsschutz nicht vom Tarifvertragsgesetz gedeckt und somit illegal. Als Gewerkschaften besitzen wir natürlich trotz allem die Möglichkeit zu Protesten – und manchmal auch während der Arbeitszeit. So hatten im Zuge der Einführung der Rente mit 67 sehr viele Beschäftigte ein sehr hohes Informationsbedürfnis, weshalb an den Info-Veranstaltungen der Betriebsräte die gesamte Belegschaft teilgenommen hat und zur besseren Verständlichkeit auch die Maschinen ausgeschaltet wurden.

Für einen Generalstreik – also den gleichzeitigen Ausstand in weiten Teilen der Wirtschaft und Gesellschaft – brauchen wir jedoch mehr als nur ein politisches Streikrecht. Wir brauchen starke und unabhängige Gewerkschaften mit vielen Mitgliedern. Millionen von Streikbrecher sind für einen Generalstreik genauso schädlich wie für einen normalen Streik. Um den Menschen wieder den Mut zu geben, sich aktiv einzubringen und ihre politischen Interessen standhaft zu vertreten, müssen wir jedoch auch die politischen Rahmenbedingungen ändern. Von Hartz IV über Privatisierungen bis zur Ausweitung der Leiharbeit – in den letzten Jahren konnten wir eine große Verunsicherung bei den abhängig Beschäftigten feststellen, die nicht gerade förderlich für Tarifauseinandersetzungen und Streiks ist.

Was die aktuellen Diskussionen und Positionen innerhalb der Gewerkschaften anbelangt, kann ich Sie nur auf den anstehenden IG Metall Gewerkschaftstag Anfang November verweisen. Verschiedene Anträge für eine Erweiterung des Streikrechts wurden eingereicht und ich bin schon sehr auf die Diskussionen dazu gespannt. Denn letztlich ist mir vor allem die Meinung meiner Mitglieder wichtig.

Mit freundlichen Grüßen,

Klaus Ernst

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