Frage an Konstantin von Notz bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Konstantin von Notz
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Christian Clemens W. •

Frage an Konstantin von Notz von Christian Clemens W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Dr. v. Notz,

ich richte diese Frage im besonderen auch an Sie in Ihrer Funktion eines aktiven Mitgliedes der Enquete-Kommission Internet und digitale Gesellschaft.

Nach über einem Jahrzehnt aktiv erworbener Erfahrungen im Rahmen online geführter Diskussionen begrüße ich ausdrücklich die Etablierung von Institutionen wie denen der E-Petition des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages und des assoziierten Diskussions-Forums sowie von "Adhocracy".

Der politische Diskurs und die demokratische Teilhabe ist, damit beschäftigt sich die Kommission eingehend, einem grundlegenden Wandel unterworfen. Die sich durch das Internet und andere digitale Medien ergebenden Möglichkeiten verheißen mannigfaltige, neuartige Strukturen politischer Partizipation und Kommunikation. Die diesbezüglich grundlegenden Weichenstellungen haben einen eminent richtungsweisenden Charakter in bezug auf die Etablierung einer damit assoziierten demokratischen Wirklichkeit. Die demokratische Verantwortung der Enquete-Kommission ist somit in Hinblick auf ihre die Zukunft entscheidend mitgestaltende Einflußnahme kaum hoch genug einzuschätzen. Ich möchte, u.a. auch vor dem Hintergrund der jüngst gemachten und beobachteten Erfahrungen, diese Frage auf nur einen Teilaspekt fokussieren: Die Moderation des Forums des Petitionsausschusses setzt die Richtlinien des Forums um. Hierzu gehört z.B. die Löschung von Beiträgen, die "in keinem sachlichem Zusammenhang zum Anliegen der Petition" stehen. Hierbei zeigte sich, welch unruhestiftendes und diskussionsbeeinflussendes Potential diesem Vorgehen innewohnt. Entsprechend habe ich das Thema "Qualitätssicherung auf dem Gebiet der Moderation" gestartet. Ein analoger "thread" ist in Adhocracy unter "Netzwerkbefähigung der Verwaltungsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter" zu finden. Mich würde interessieren, welche Stellung Sie persönlich zu dieser Thematik beziehen.

Mit freundlichen Grüßen
Christian C. Werth

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Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Werth,

haben Sie herzlichen Dank für Ihre Frage und Ihr Interesse an unserer Arbeit. Über beides habe ich mich sehr gefreut! Auch danke ich Ihnen für die Schilderung Ihrer Erfahrungen, die Sie bezüglich Online-Diskussionen gesammelt haben.

Als Mitglieder der Enquete-Kommission sind wir sehr froh, dass es -- nach einigen Anfangsschwierigkeiten und erheblichen Vorbehalten -- letztendlich gelungen ist, Adhocracy als Beteiligungstool zu implementieren. Den Weg der Implementierung können Sie sich auf unserem netzpolitischem Blog www.gruen-digital.de
unter folgendem Link ausführlich nachverfolgen:
http://gruen-digital.de/tag/adhocracy/ .

Ihre Einschätzung, dass sich durch Internet und andere digitale Medien neue, vielfältige Möglichkeiten einer verbesserten Transparenz politischer Entscheidungen und damit auch neue Teilhabechancen an eben diesen Entscheidungen ergeben, die wir nutzen sollten, teile ich vollumfänglich.

So ist es in der Tat für das gesamte Parlament von ganz entscheidender Bedeutung, dass im Rahmen der Enquete-Kommission nicht nur von neuen Beteiligungsformaten geredet wird, sondern diese auch praktisch zur Anwendung kommen und von allen Beteiligten bisher als Mehrwert empfunden werden.

Als grüne Bundestagsfraktion nehmen wir den Wunsch der Bürgerinnen und Bürger nach mehr Transparenz, Teilhabe und Mitbestimmung seit langem ernst. Da wir der Meinung sind, dass Bürgerbeteiligung für eine moderne Demokratie von zentraler Bedeutung ist, bieten wir seit Anfang der Legislatur verschiedene Beteiligungsinstrumente an und beziehen Bürgerinnen und Bürger schon heute in unsere parlamentarische Arbeit ein. Die meisten unserer MdBs tauschen sich mit allen Interessierten per Twitter und Facebook über ihre politische Arbeit aus. Unsere Arbeit dokumentieren wir in zahlreichen Blogs. Doch das reicht uns nicht: Zudem diskutieren wir immer wieder - vor Verabschiedung von Initiativen -- online mit allen, die Lust daran haben sowie einer interessierten Fachöffentlichkeit über grüne Gesetzesentwürfe, erarbeiten kollaborativ Anträge und werten Kleine Anfragen mit Hilfe von Etherpads aus, wodurch wir immer wieder wertvolle Vorschläge in unsere Arbeit einfließen lassen können. Derartige Beteiligungsinstrumente wollen wir sukzessive ausbauen.

Zu Ihrer konkreten Frage: Ihren unter dem Beteiligungstool der Enquete-Kommission "Internet und digitale Gesellschaft" zu findenden Vorschlag

https://demokratie.enquetebeteiligung.de/proposal/1202-Netzwerkbef%C3%A4higung_der_Verwaltungsmitarb#c2310

kann ich nur begrüßen. Erlauben Sie mir wenige, ergänzende Anmerkungen zu machen.

Sicher ist die Kompetenz unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für das Funktionieren des demokratischen Gefüges ebenso wichtig, wie die Kompetenz der Mitarbeiterschaft von Unternehmen, Organisationen oder anderer Verwaltungen für das Funktionieren dieser Strukturen. Im Zusammenhang mit parlamentarischen Vorgängen besteht jedoch die Besonderheit, dass die Zuarbeit zu demokratisch gewählten Abgeordneten erfolgt. Das bedeutet, dass letztlich der/die gewählte Abgeordnete, natürlich in enger Abstimmung mit der jeweiligen Fraktion, alleine entscheiden muss, welche Wertungen und Verwaltungsvorgänge er oder sie in die Positionierungen einbezieht und welche eben nicht. Demokratisch legitimiert sind allein die Abgeordneten. Daraus folgt, dass auch der Umgang mit direktdemokratischen Prozessen nicht ausschließlich in den Händen der Verwaltung liegen kann.

Daher legen wir großen Wert darauf, dass Zuarbeit durch unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeit eng abgestimmt erfolgt.

Auch vor diesem Hintergrund ist die Arbeit von und mit Adhocracy für die Enquete-Mitglieder ein interessantes Aufgaben- und Erfahrungsfeld, das uns täglich neu herausfordert.

Haben Sie nochmals herzlichen Dank für Ihre Frage!

Mit freundlichen Grüßen
Ihr Konstantin Notz

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