Frage an Konstantin von Notz bezüglich Arbeit und Beschäftigung

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Konstantin von Notz
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Jochen B. •

Frage an Konstantin von Notz von Jochen B. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrter Herr Dr. von Notz,

mich würde interessieren, wie lange es dauert bis ein Bürger (und potenzieller Wähler) auf eine Anfrage an Ihre Bundestags-mail-Adresse mit einer Antwort rechnen kann. Ich habe mich am 13.04.2014 mit einer Anfrage zum Thema Zweiklassen-Internet an Sie gewandt. Ihr Büro hat mir damals geschrieben, die Anfrage sei an Frau Rößner weitergeleitet worden. Ich hatte daraufhin geantwortet dass ich auch gern Ihre Meinung dazu gehört hätte. Nun habe ich - trotz Nachfrage am 07.05. - weder von Frau Rößner noch von Ihnen eine Antwort erhalten. Für mich war das Anlass, bei den jüngsten Wahlen erstmals seit 20 Jahren nicht für die Grünen zu stimmen. Aber vielleicht haben Sie ja eine Erklärung dafür?

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Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Bonitz,

wie Sie zutreffender Weise schreiben, hat Ihnen mein Büro nach Ihrer Anfrage ja bereits geantwortet, dass wir Ihre Frage, die sich ja bei Weitem nicht nur auf die Netzneutralität und die Gefahr der Entstehung eines „Zwei-Klassen-Internets“ bezog, an meine fachlich zuständige Kollegin weitergeleitet haben. Dass Sie bislang keine Antwort erreicht hat, tut mir aufrichtig leid. Ich habe mich soeben noch einmal persönlich nach dem Bearbeitungsstand erkundigt, um sicherzustellen, dass Sie noch eine Antwort auf Ihre Frage erhalten.

Zur Netzneutralität und der Gefahr der Etablierung eines „Zwei-Klassen-Internets“:
Die Debatte um die gesetzliche Absicherung der Netzneutralität führen wir im Deutschen Bundestages seit nunmehr mehreren Jahren sehr intensiv – unter anderem auch in der Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“, die eine eigene Projektgruppe hierzu eingerichtet, verschiedene Anhörungen zur Netzneutralität durchgeführt und zahlreiche Handlungsempfehlungen hierzu erarbeitet hatte. Das Prinzip der Netzneutralität und die gleichberechtigte Übertragung von Daten war Garant der bisherigen, demokratischen Entwicklung des Internets und ist auch elementar für dessen Zukunft. Die Bemühungen der Bundesregierung, die Netzneutralität als grundlegendes, demokratisches Prinzip der digitalen Welt abzusichern, sind absolut unzureichend. Das hat meine Kollegin Tabea Rößner in ihrer in der letzten Sitzungswoche des Bundestages gehaltenen Plenar-Rede zum Stand des Breitbandausbaus in Deutschland auch noch einmal sehr deutlich in Richtung Bundesregierung artikuliert.

Zugespitzt hat sich die Debatte vor einigen Monaten noch einmal angesichts der Pläne der Deutschen Telekom, die plante, das Inklusivvolumen für Festnetzinternetanschlüsse zu beschränken (also keine echten Flatrates mehr anzubieten) und gleichzeitig hauseigene Dienste wie „T-Entertain“ oder Dienste von Dritten (vertraglichen Partnern) nicht auf das Inklusivvolumen anzurechnen, sondern über einen separaten „Managed Service“ mit Qualitätsklassen laufen zu lassen. Nicht die Drosselung an sich, sondern die Priorisierung und damit Aufgabe des „Best-Effort“-Prinzips stellt den eigentlichen Verstoß gegen die Netzneutralität dar. Als Grüne sagen wir klar: Die Frage, wie man die Netzneutralität sichert, ist eine der Schlüsselfragen der digitalen Gesellschaftspolitik. Die von uns als grüner Bundestagsfraktion seit langem erhobene Forderung, die Netzneutralität gesetzlich festzuschreiben, um so ein „Zwei-Klassen-Internet“, in dem die Daten desjenigen bevorzugt werden, der mehr zahlen kann, zu verhindern, muss, das haben die Entwicklungen der letzten Monate deutlich gezeigt, endlich umgesetzt werden.
Der Druck, die Netzneutralität abzuschaffen, nimmt seit Jahren zu. Als Grüne kämpfen wir seit langem für eine echte Netzneutralität – sowohl auf deutscher wie auf europäischer Ebene. Bereits in der vergangenen Legislaturperiode haben wir zwei Initiativen zur gesetzlichen Sicherung der Netzneutralität im Bundestag vorgelegt, einen eigenständigen Antrag, und im Rahmen der Novelle des Telekommunikationsgesetzes (TKG), noch einmal einen sehr konkreten Gesetzesentwurf. Mit unserem Antrag „Gegen das Zwei-Klassen-Internet – Netzneutralität in Europa dauerhaft gewährleisten”, den wir bereits im Nov. 2010 im Bundestag vorgelegt haben, haben wir die damalige Koalition aus CDU/CSU und FDP schon vor geraumer Zeit aufgefordert, sich – auch auf EU-Ebene – für eine gesetzliche Regelung einzusetzen und nicht allein auf die Kräfte des freien Marktes zu vertrauen. Die Chance, die Netzneutralität über das TKG abzusichern, hat die damalige schwarz-gelbe Bundesregierung leider verstreichen lassen – und stattdessen eine bestenfalls halbgare Regelung vorgelegt. Das rächt sich heute.

Anlässlich der Diskussion um die neuen Telekom-Datentarife - von der die Telekom, andere Anbieter jedoch nicht - mittlerweile wieder Abstand genommen haben, und einen damit einhergehenden klaren Verstoß gegen das Prinzip der Netzneutralität durch eine Bevorzugung eigener Dienste, wurde deutlich, dass CDU/CSU und FDP in diesem netz-aber auch gesellschaftspolitisch hochrelevantem Themenbereich mit ihrem Laissez-Faire-Ansatz krachend gescheitert sind. Das hat nun ausgerechnet ein Unternehmen verdeutlicht, dessen Hauptanteilseigner auch weiterhin der Bund ist. Nun müssen Verbraucherzentralen, Bundeskartellamt und Bundesnetzagentur die Hausaufgaben machen, die Schwarz-Gelb nicht im Stande war, abzuliefern.

Der am Ende der vergangenen Legislaturperiode von der schwarz-gelben Bundesregierung, genauer dem Bundeswirtschaftsministerium, vorgelegte Entwurf enthält unseres Erachtens somit eben nicht nur erhebliche "Schlupflöcher", sondern birgt letztendlich auch die Gefahr, den Vorstoß der Telekom zu legitimieren. Dies hätte fatale Folgen. Viele weitere Anbieter befinden sich bereits in den Startlöchern und warten nur darauf, ganz ähnliche Pläne bezüglich der Aufhebung des Prinzips der Netzneutralität umzusetzen. Die Bundesregierung spielt hier in einer völlig falsch verstandenen Wirtschaftsnähe ein gefährliches Spiel auf Kosten der Nutzerinnen und Nutzer. Wir fordern auch die neue Bundesregierung weiter auf, endlich eine tatsächliche gesetzliche Regelung zur Sicherung der Netzneutralität vorzulegen.

Sehr geehrter Herr Bonitz, wie Sie sehen, sind wir als Grüne Bundestagsfraktion an der Seite all derjenigen, die die Netzneutralität sichern und ein „Zwei-Klassen-Internet“ verhindern wollen. Vorschläge zur effektiven gesetzlichen Absicherung liegen seit Jahren vor – übrigens auch von der SPD unterbreitete! Dass sich auch die neue Bundesregierung in einer völlig falsch verstandenen Wirtschaftsnähe weigert, die Netzneutralität im Sinne der Verbraucherinnen und Verbraucher effektiv zu sichern, kommt einem gesetzgeberischen Armutszeugnis gleich. Indem die neue Bundesregierung nun lapidar auf die EU-Ebene verweist, die ganz Ähnliches plant, macht sie sich als Gesetzgeber einen schlanken Fuß.

Auf unserem innen- und netzpolitischen Blog www.gruen-digital.de finden Sie unter dem Suchwort „Netzneutralität“ eine Hülle von Artikel zu allen unseren Initiativen und Aktivitäten zur Sicherung der Netzneutralität der letzten Jahre.

Herzliche Grüße nach Pleißa,

Ihr Konstantin von Notz

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