Frage an Konstantin von Notz bezüglich Verkehr

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Konstantin von Notz
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Fethi K. •

Frage an Konstantin von Notz von Fethi K. bezüglich Verkehr

Eckpunkte Papier Andreas Scheuer.

1. Wie könnt ihr die Mobilität dem Konzern überlassen, der den Abgasskandal zu verantworten hat?

Ich möchte daran erinnern das VW Manager in den USA ins Gefängnis gewandert sind!
In Deuschland nicht!

2. 200.000 sozialversicherungspflichtige deutsche Arbeitsplätze ( Taxi ) sind in Gefahr!
Wie stehen sie dazu?

3. Das Personenbeförderungsgesetz ist ein Verbraucherschutzgesetz!
Was halten Sie von den geplanten Veränderungen im PBfg?

4. Das Taxigewerbe hat kein Problem mit Wettbewerb! Wir sind bereit dazu!
Nur geht das mit gleichen Regeln. Dumpingpreise anbieten um den Markt zu erobern kann doch wirklich nicht die Moderne sein?

5.Das Taxigewerbe ca. 35.000
Familienbetriebe welche
ca. 200.000
Sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze unterhält wird riskiert in den Ruin zu treiben?
Diese Betriebe und Taxifahrer zahlen ihre Steuern in Deutschland! Konzerne wissen schon wie man diese Steuern nicht in Deutschland zahlt!
Hauptverwaltung nach Irland und schon fließen die Steuern welche in Deutschland verdient worden sind nach Irland!
Mit solchen Entscheidungen „Eckpunktepapier Andreas Scheuer“
folgt ein immenser volkswirtschaftlicher Schaden oder?

6. In den USA kann man bereits jetzt sehen das die Heilsversprecher (Konzerne)
Carsharing und Pooling Anbieter nicht den Verkehr entlastet, sondern belastet haben! Und jetzt bei uns in Deutschland?

Portrait von Konstantin von Notz
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Kirbas,

haben Sie besten Dank für Ihre Mail und Ihr Interesse an meiner Arbeit.
Über beides habe ich mich sehr gefreut. Auch wenn die Verkehrspolitik
nicht mein originärer Themenbereich ist, beantworte ich Ihre Fragen
gerne nach Rücksprache mit meinen fachlich zuständigen Kolleginnen und
Kollegen.
Ihre Fragen berühren eine Reihe verschiedener Punkte, auf die ich im
Folgenden gerne eingehen will. Bezüglich des von Ihnen erwähnten
Eckpunkte-Papiers von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer hat die
grüne Bundestagsfraktion ebenfalls verschiedene Punkte kritisiert.
Das Eckpunktepapier zum Personenbeförderungsgesetz ist insgesamt eine
Enttäuschung. Es novelliert nicht die Beförderung von Personen, sondern
die Gewinnspanne von Uber und Co. Und es liefert keine Antworten auf die
drei größten Herausforderungen des öffentlichen Verkehrs: Die weiter
wachsenden Pendlerströme, überfüllte Busse und Bahnen und eine unklare
Rechtslage für neue Mobilitätsdienste. Zudem ist es einseitig und hat
keine ökologische Lenkungswirkung. Es besteht die Gefahr, dass am Ende
faktisch mehr Fahrzeuge, ob nun Pkw oder Kleinbusse, auf den Straßen
fahren und der Verkehrskollaps damit gar befördert wird. Wer aber die
Verkehrswende voranbringen will, muss Kapazitäten in Bus und Bahn
ausbauen und flexibel einsetzen. Car- und Ridesharing-Anbieter müssen
sinnvoll in ein Gesamtkonzept einbezogen werden.
Ich bitte Sie zu berücksichtigen, dass es sich um die Vorschläge eines
CSU-Ministers handelt, wir als grüne Bundestagsfraktion in der
Opposition sind. Wir überlassen es demnach auch nicht den Autokonzernen,
den Diesel-Skandal aufzuklären und die entsprechenden Konsequenzen zu
ziehen. Im Gegenteil: Als Grüne Bundestagsfraktion haben wir immer
wieder sehr konkrete Vorschläge unterbreitet. Eine Übersicht über unsere
politischen Forderungen und parlamentarische Initiativen finden Sie
hier: https://www.gruene-bundestag.de/abgasskandal.html.
Bezüglich ihrer weiteren Fragen zum Personenbeförderungsgesetz und
dessen Auswirkungen auf das Taxigewerbe möchte ich Sie an dieser Stelle
darauf verweisen, dass wir auch diesen Prozess sehr intensiv verfolgt
und eigene Vorschläge als Alternative zum Vorschlag der Bundesregierung
in den Deutschen Bundestag eingebracht haben.
Für uns ist das Taxi elementarer Bestandteil des öffentlichen Verkehrs.
Damit sind an den Taxiverkehr grundsätzlich die Anforderungen der
Betriebs-, Beförderungs- und Tarifpflicht anzulegen. Die Besonderheiten
des Taximarkts machen weiterhin eine Preisregulierung erforderlich, so
dass wir eine vollständige Abschaffung der Tarifpflicht abgelehnt haben.
Bei der Betriebspflicht zeigen sich allerdings im bestehenden
Ordnungsrahmen erhebliche Defizite. Den an sieben Tagen der Woche
bestehenden „Rund-um-die Uhr-Service“ des Taxiverkehrs in Großstädten
und Ballungsräumen sucht der Fahrgast im ländlichen Raum vergebens. Im
Gegenteil: Durch den demografischen Wandel, der in einigen Regionen
schon heute mit schrumpfenden Einwohnerzahlen seine Spuren hinterlässt,
wird der klassische Taxiverkehr wirtschaftlich immer stärker in
Bedrängnis geraten. Das Taxigeschäft ist hier schlichtweg nicht mehr
auskömmlich und daher weiter auf dem Rückzug. Die Abwärtsspirale von
Angebotsreduktion, Nachfrageschwund, Margendruck und abermaliger
Angebotsreduktion muss durchbrochen werden. Daher sind hier aus unserer
Sicht neue Lösungsansätze gefragt.
Wir haben in einer Studie zum Reformbedarf beim
Personenbeförderungsgesetz gerade auch neue Modelle für den Taxiverkehr
im ländlichen Raum in den Blick genommen. Wenn der Taxiverkehr in
ländlichen Regionen wieder ein wichtiger Bestandteil der
Alltagsmobilität werden soll, dann müssen Lösungen gesucht werden, wie
die Betriebspflicht auf andere Weise abgesichert werden kann. Eine
Möglichkeit wäre die Ausschreibung „erweiterter Betriebspflichten“. Im
Rahmen einer Ausschreibung – also eines öffentlichen
Dienstleistungsauftrags – könnte der Pflichtfahrbereich, der tägliche
Einsatzzeitraum, die Zahl der verfügbaren Fahrzeuge sowie spezielle
Fahrzeuganforderungen geregelt werden. Dies setzt politisch die
Bereitschaft voraus, öffentliche Mittel für das Taxi als Bestandteil der
Daseinsvorsorge einzusetzen, um so ungedeckte Betriebskosten abzudecken.

Die klare Regelung von Sammelfahrten mit dem Taxi sollten unserer
Auffassung nach im Personenbeförderungsgesetz zukunftsfest geregelt
werden. Dies macht schon allein aus ökologischen Gründen Sinn. Wo
Fahrten gebündelt werden können, wird am Ende nicht nur Geld sondern
auch Energie gespart, werden Emissionen vermieden und der städtische
Verkehr sowie die Umwelt entlastet. Sobald die Testläufe wie
beispielsweise in Hamburg beendet sind, sollten wir die Ergebnisse
gründlich auswerten und die Erfahrungen in eine entsprechende
gesetzliche Regelung einfließen lassen, die Sammelfahrten mit dem Taxi
aus der Grauzone holen.

Wir wollen, dass es im Taxigewerbe auch künftig auskömmliche
Beschäftigungsverhältnisse gibt. Einem weiteren Abwärtstrend bei
Sozialstandards oder gar Sozialdumping werden wir nicht den Weg
bereiten. Das Beispiel des Hamburger Taximarkts zeigt, was dafür
notwendig ist. Die Limitierung der Taxikonzessionen wurde abgeschafft
und im Gegenzug dafür gesorgt, dass im Gewerbe die Spielregeln
eingehalten werden. Mit verstärkten Kontrollen der Arbeits- und
Sozialbedingungen aber auch technischer Standards wird gegen „schwarze
Schafe“ vorgegangen.

Bisher ist unklar, welche Potentiale Rideselling bietet und welche Folge
damit in Bezug auf Mobilitätsverhalten, den Modal Split sowie andere
öffentliche Interessen verbunden sind. Der Rechtsrahmen sollte also
zunächst Experimente zulassen. Für uns als grüne Bundestagsfraktion ist
klar: Eine dauerhafte Zulassung neuer Angebote darf aber nur erfolgen,
wenn negative Auswirkungen auf das öffentliche Verkehrsinteresse (z. B.
Verkehrssicherheit, Flächenbedarf des ruhenden Verkehrs oder Klima- und
Umweltverträglichkeit) ausgeschlossen werden, bzw. diese durch Auflagen
vermieden werden können.

Mit besten Grüßen nach Hamburg!
Konstantin von Notz

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