Die BRD hat 2022 ihre Klimaziele um ca. 40 Mio. t CO2 verfehlt. Wenn am 15.4.23 d. letzten 3 CO2-freien AKWs abgeschaltet werden, um wieviel CO2 wird D 23/24 sein Klimaziel i.Vgl. zu 22 überschreiten?

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Linda Heitmann
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Frage von Norbert R. •

Die BRD hat 2022 ihre Klimaziele um ca. 40 Mio. t CO2 verfehlt. Wenn am 15.4.23 d. letzten 3 CO2-freien AKWs abgeschaltet werden, um wieviel CO2 wird D 23/24 sein Klimaziel i.Vgl. zu 22 überschreiten?

Sehr verehrte Frau Heitmann,

in einem offenen Brief (https://replanet-dach.eu/offener-brief-akw/) an den Bundeskanzler weisen 20 führende internationale Wissenschaftler und Klimaforscher, darunter auch zwei Nobelpreisträger für Physik, darauf hin, daß Deutschland im Jahr 2022 rund 40 Millionen Tonnen CO2 zu viel emittiert hätte, um die gesteckten Klimaziele zu erreichen.

Gleichzeitig werden am 15.04.2023 die letzten 3 AKWs mit einer Leistung von 4 Gigawatt in Deutschland außer Betrieb genommen, die 30 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr weiter einsparen könnten, würde man stattdessen Kohlekraftwerke mit gleicher Nennleistung vom Netz nehmen.

Was erwarten Sie in Bezug auf die deutsche Klimabilanz in 2023 und 2024, wenn die emissionsfreien AKWs nun fehlen? Mit wieviel mehr oder weniger CO2-Emissionen im Vergleich zu 2022 rechnen Sie?

MfG N. R.+++

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Sehr geehrter Herr R.,

nicht zuletzt der Klimawandel macht einen sicheren Betrieb von AKWs zunehmend schwieriger: Dürren, Hitzewellen und sinkende Pegelstände können keine zuverlässige Kühlwasserversorgung mehr gewährleisten. Frankreichs Drosselung dutzender AKWs im letzten Sommer dürfte erst der Anfang gewesen sein, wenn man sich anguckt, wie sich Wassermangel konkret auf diese Form der Energieerzeugung auswirkt.

Zudem gilt: Atomkraft ist nicht klimaneutral. Der Uranabbau sorgt für Emissionen, ebenso der Transport und die Anreicherung. Laut Weltklimarat (IPCC) emittieren AKWs zehnmal mehr CO2 als Windkraftanlagen. Daher legen wir unseren Fokus auf den Ausbau der Erneuerbaren, auf Energieeffizienz und neue Speichertechnologien.

Wir müssen konstatieren, dass Atomkraft zu unflexibel und träge ist, um dauerhaft mit den Erneuerbaren kombiniert zu werden. Bei der Versorgung mit Energie geht es nicht allein um die bloße Menge an eingespeister Energie ins Netz, sondern vor allem auch um kontinuierliche Netzstabilität. In dem Atomkraftwerk, das in Niedersachsen noch 4 Monate länger betrieben wurde als ursprünglich geplant, konnte man beobachten, wie der produzierte Atomstrom zeitweise die Netze verstopft hat und Windräder runtergefahren werden mussten. Das ist weder ökologisch noch ökonomisch sinnvoll.

Kein Atomkraftwerk auf der Welt könnte ohne staatliche Unterstützung und Risikoübernahme wirtschaftlich betrieben werden. Und: Jeder Euro in Erhalt, Betrieb und Endlagerung fehlt als Zukunftsinvestition in die Erneuerbaren. Nur am Rande erwähnen möchte ich die notwendigen Sicherheitsüberprüfungen samt der vermutlich kostspieligen und zeitaufwändigen Nachrüstungen, den nukleare Gefahren bis hin zum Super-GAU und die (weltweit) ungelöste Frage nach der Entsorgung des radioaktiven Mülls. Die Abschaltung der letzten AKWs war, ist und bleibt richtig.

Um noch ein paar Fakten zur aktuellen Situation zu nennen: Im Mai 2023 haben die Erneuerbaren 67% des hiesigen Stroms produziert, 16% mehr als ein Jahr zuvor, als die letzten AKWs noch liefen. Die Versorgungssicherheit ist gewährleistet. Wie sich die CO2-Emissionen in Zukunft entwickeln werden, hängt von unterschiedlichen Faktoren und Sektoren ab, eine belastbare Vorhersage wäre nicht seriös. Aber: Die Energiepolitik hat ihre Hausaufgaben zur Emissionsreduktion gemacht und arbeitet auch weiterhin mit Hochdruck daran, die Emissionen weiter zu senken. Auch das Umweltbundesamt sieht die Bundesregierung auf dem richtigen Weg, die Reduktionsziele weiterhin einzuhalten, sowohl in den einzelnen Sektoren als auch in Summe (https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/nachhaltigkeitspolitik/emissionsdaten-2022-2171208#:~:text=Die%20aktuellen%20Zahlen%20des%20Umweltbundesamtes,Millionen%20Tonnen%20weniger%20als%202021).

Mit freundlichen Grüßen

Linda Heitmann, MdB

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