Frage an Lisa Badum bezüglich Umwelt

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Lisa Badum
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Ernst S. •

Frage an Lisa Badum von Ernst S. bezüglich Umwelt

Guten Tag, Fr. Badum,

"CO2-Bepreisung" für Heizungen, PKW:

Wann kommt eine höhere Besteuerung von Kreuzfahrten (sinnlose Verbrennung von Schweröl !),
von Auto- & Motorradrennen, XXL-Lkw, Aluminium-Industrie, Ammoniak-Herstellung, usw.
Das sind alles keine unbedingt nötigen CO2-Schleudern.

Warum müssen Azubis, Schüler, Studenten, Kleinrentner, Behinderte, besteuert werden, - und das vor dem Hintergrund weiterhin explodierender Mieten?
Wem soll die geplante Veramung nützen bei globalem CO2-Anteil von < 3% ?

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Strauß,

vielen Dank für Ihre Anfrage vom 13. Oktober 2019.

Sie haben völlig Recht damit, dass nicht allein die Bürgerinnen und Bürger für den Klimaschutz zur Verantwortung gezogen werden dürfen. Immer wieder müssen wir erleben, wie die Kosten für den Umbau zu einem nachhaltigen System, etwa hin zu Erneuerbaren Energien, von den Endverbraucherinnen und Endverbrauchern getragen werden, während die Industrie großzügige Freibeträge, Ausnahmen und Sonderrechte erhält.

Das derzeitige System ist also extrem ungerecht. Aktuell ist es billiger eine Tonne CO2 in die Luft zu pusten, als sie zu vermeiden. Ein Flug von München nach Berlin ist noch immer günstiger als die Reise mit der Bahn, ein Unternehmen, das schmutzig produziert, hat einen Preisvorteil gegenüber dem, das klimafreundlich wirtschaftet. Die dadurch entstehenden Klimaschäden kosten laut dem Umweltbundesamt uns alle bis zu 180 Euro pro emittierter Tonne CO2. Diese Kosten trägt die Allgemeinheit. Dadurch werden bereits heute einkommensschwache Haushalte überdurchschnittlich belastet.

Für uns GRÜNE ist klar: Wirksamer Klimaschutz darf nicht gegen soziale Gerechtigkeit ausgespielt werden. Die derzeitige Bundesregierung schafft es nicht, die soziale Schieflage durch eine gerechte Klimalast auszutarieren. Beispielsweise profitieren maßgeblich die vielfahrenden PKW-Nutzer*innen von einer Erhöhung der Pendlerpauschale im jüngsten Klimapaket und eben nicht ÖPNV-Nutzer*innen und Radfahrende. Auch die Mehreinnahmen einer CO2-Bepreisung durch eine Erhöhung der Kraft- und Heizstoffe wird nicht sozialverträglich an die Bürger*innen rückerstattet. Diese fließt in teure Förderprogramm wie bspw. E-Autoprämie oder Austausch von Ölheizungen, deren Wirksamkeit dadurch zunichte gemacht wird, dass weiterhin Milliarden Dieselsubventionen und Förderung von Öl-Heizung durch den Bundeshaushalt gefördert werden. Auch auf die Frage der sozialverträglich-ökologischen Sanierung bleibt die Bundesregierung eine Antwort schuldig. Unterm Strich sind die Klimamaßnahmen der Bundesregierung ein teuer erkaufter, ökologischer „Placebo Effekt“, der sozial ungerecht ausgestaltet ist und nicht dazu beiträgt, dass die Herausforderungen der Klimakrise ernsthaft angegangen werden.

Wir GRÜNE haben Konzepte vorgelegt, die wirksamen Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit verbinden. Mit unserem CO2-Preiskonzept bringen wir Klimagerechtigkeit in den Alltag. Wir wollen auf dreckige, fossile Kraftstoffe einen Preis aufschlagen, der transparent und damit über die Zeit planbar anwächst. Die Einnahmen fließen als Senkung der Stromsteuer für alle Stromkund*innen, sowie als Energiegeld an alle Bürgerinnen und Bürger wieder zurück. Das wären am Anfang 100€ pro Person pro Jahr. Für einen durchschnittlichen vierköpfigen Haushalt wäre dies ein Klimaausgleich von rund 460 Euro pro Jahr.

Dadurch entsteht ein Klimaausgleich, der klimaschützendes Verhalten fördert: Wer mit dem Fahrrad oder einem Kleinwagen fährt und sparsam heizt, zahlt weniger ein als er oder sie rausbekommt und hat am Jahresende Plus gemacht. Wer einen SUV fährt und eine Penthouse-Wohnung beheizt, zahlt mehr ein, als am Jahresende wieder herauskommt. Also endlich ein sinnvoller Anreiz: Wer das Klima schont, wird belohnt, wer das Klima schädigt, muss dafür aufkommen.

Für Bürger*innen, die es sich nicht leisten können, schnell auf klimafreundliche Alternative umzusteigen, gibt es zielgenaue Förderprogramme und den Ausbau bezahlbarer Alternativen. Beispiel: Rein elektrische Fahrzeuge sollen eine Gutschrift erhalten. Für die Entlastung von Mieter*innen wollen wir ein Förderprogramm „Faire Wärme“ (https://www.gruene-bundestag.de/themen/bauen-wohnen-stadtentwicklung/klimafreundlich-wohnen) zur energetischen Sanierung auflegen. Denn: Klimaschützendes Verhalten darf nicht vom Geldbeutel abhängen. Klar ist auch: ALG II Empfänger sollen vom Energiegeld im selben Maß profitieren wie alle anderen auch. Das bedeutet, dass im Sozialgesetzbuch (SGB II) das Energiegeld unter dem nicht zu berücksichtigendem Einkommen vermerkt werden muss.

Die Idee CO2 einen Preis zu geben ist nicht neu und Deutschland nimmt hier definitiv keine Vorreiterrolle ein. Bereits in 50 Ländern gibt es einen CO2-Preis in unterschiedlichen Varianten. Dort können wir uns orientieren und voneinander lernen. In der Schweiz etwa werden 2/3 der CO2-Abgabe über die Krankenversicherungsbeiträge und die Lohnauszahlungen an Arbeitnehmer*innen an die Bevölkerung zurückerstattet. Der Rest wird in Klimaschutzmaßnahmen investiert. Schweden hat seit 1991 einen CO2 Preis und es zeigt sich, dass in dieser Zeit die Treibhausgasemissionen gesunken sind und das Wirtschaftswachstum insgesamt gestiegen ist.

Zu beachten ist, dass kein Instrument alleine als das einzig sinnvolle Klimaschutzinstrument gesehen werden darf, sondern es immer einen Politik- und Instrumentenmix geben muss: Grüne Ordnungspolitik und ökologisch zielgenaue Förderprogramme plus marktwirtschaftliche Anreize. Denn neben einem wirksamen CO2-Preis müssen Ordnungsrecht wie klare Grenzwerte und Förderprogramme die Umstellung zu einer klimaneutralen Wirtschaft, zu emissionsfreiem Verkehr und einem klimaneutralen Gebäudebestand mit vorantreiben. Zum Beispiel können durch eine Förderung in einem grünen „Hunderttausend Dächer und Häuser Programm“ in den nächsten drei Jahren bereits bis zu 100.000 Dächer ausgebaut und leerstehende Wohnungen energetisch modernisiert und attraktiv gemacht werden. Insgesamt wollen wir allein für dieses Programm mehr als 800 Millionen Euro in die Hand nehmen, um diese Potenziale zu heben.

Ich hoffe, dass ich Ihnen aufzeigen konnte, dass wir Grünen für eine sozial gerechte und nachhaltige Klimapolitik stehen. Denn eines steht fest: Am wenigsten sozialverträglich ist es, gar kein Klimaschutz zu betreiben. Wenn wir auf eine 3-5° Grad Celsius wärmere Welt zuzurasen, werden einkommensschwache Haushalte weltweit am deutlichsten und schwersten leiden. Und das gilt es jetzt zu verhindern.

Mit freundlichen Grüßen,

Lisa Badum

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