Wie stehen sie zu den EU-Plänen, die Kernkraft als "nachhaltig" einzustufen?

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Lisa Badum
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Frage von Luca Tom P. •

Wie stehen sie zu den EU-Plänen, die Kernkraft als "nachhaltig" einzustufen?

Sehr geehrte Frau Badum,

wie stehen sie zu den EU-Plänen, die Kernkraft als "nachhaltig" einzustufen?

Mit freundlichen Grüßen,
Luca Tom P.

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr P.,

vielen Dank für Ihre Nachricht.

Für uns Grüne im Bundestag ist klar: Wir lehnen die Einstufung der Atomenergie als nachhaltig in der EU-Taxonomie entschieden ab. Denn diese Einstufung würde den an sich guten Marktmechanismus, Finanzströme in zukunftsfähige Investitionen zu lenken, ad absurdum führen. Die Taxonomie ist nicht für Übergangstechnologien gedacht und es ist zweifelhaft, ob die Aufnahme von Atomenergie mit den Vorgaben der Taxonomie-Verordnung vereinbar ist.

Atomkraft ist aus Gründen der Sicherheit (Stichworte: Tschernobyl, Fukushima) und der Generationengerechtigkeit (Stichwort: radioaktiver Müll) unverantwortlich. Es gibt beispielsweise keinen hinreichenden Schutz vor Terrorangriffen. Auch ist die Endlagerung im zähen Prozess der Standortsuche weiterhin nicht geklärt.

Auch wirtschaftlich trägt sich die Atomkraft unter anderem aufgrund der enormen Risiken nicht, die Betreiber haften nur für einen Bruchteil der möglichen verheerenden Schäden eines GAU. Warum also in teure, gefährliche und nicht zum Klimaschutz beitragende Atomkraft investieren, wenn es eine viel bessere und nachhaltige Lösung gibt? Es ist nicht ersichtlich, wie bspw. Atomkraftwerke, die nach 2035 errichtet werden, zu den aktuellen Klimazielen beitragen können. Denn Maßstab für jetzige Entscheidungen ist eben auch nur der aktuelle Stand der Technik, und auch neue Reaktorkonzepte können nicht nachhaltig sein. Laufzeitverlängerungen jenseits der Auslegungsbetriebsdauer sind schon aus Sicherheitsgründen äußerst fragwürdig.

Wir wollen den Klimaschutz und die damit einhergehende Generationengerechtigkeit voranbringen - und zwar mit einem schnellen und massiven Ausbau der Erneuerbaren Energien. Zurecht gibt es häufig Verweise auf den viel zu niedrigen Ausbau der letzten Jahre – nun werden wir aber Hindernisse schnellstmöglich aus dem Weg räumen und die Planung, die Genehmigungsprozesse und die Umsetzung massiv beschleunigen. Es gibt so viel Potenzial für Solar- und Windenergie in Deutschland! Wir können die Dachflächen in großem Stil nutzen. Und mit den richtigen Hebeln schaffen wir es, mehr Windenergie ans Netz zu bringen, auch im Süden der Republik. Die Lösung ist da, erforscht und in verschiedenen Studien durchgerechnet.

Auch ist Atomkraft keineswegs Co2-neutral – dazu hier ein interessanter Faktencheck: https://www.dw.com/de/faktencheck-ist-atomenergie-klimafreundlich-was-kostet-strom-aus-kernkraft/a-59709250: „Bezieht man den gesamten Lebenszyklus eines AKW mit in die Berechnung ein, steht die Kernenergie zwar besser da als fossile Energieträger wie Kohle oder Gas. Doch der Abstand zu den erneuerbaren Energien ist beträchtlich.“ Natürlich ist das nichts gegen den Emissionsausstoß von Kohlekraftwerken – deshalb arbeiten wir aber ja auch daran, den Kohleausstiegg schnellstmöglich zu vollenden.

Die Klimakrise muss sozial und vor allem generationengerecht bewältigt werden. Es wäre unverantwortlich dies zu tun, indem Atomkraftwerke auch weiterhin radioaktiven Müll produzieren und ein so enormes Risiko an weitere Generationen weitergegeben werden würde.

Viele Grüße

Lisa Badum

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