Sehr geehrte Frau Bode, wie kann es sein, dass das reichste Land Europas nicht bereit ist ein bisschen Wohlstand zu riskieren um den Menschen in der Ukraine zu helfen (Stichwort Gasembargo) ??

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Luiza Licina-Bode
SPD
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Frage von Nikolai V. •

Sehr geehrte Frau Bode, wie kann es sein, dass das reichste Land Europas nicht bereit ist ein bisschen Wohlstand zu riskieren um den Menschen in der Ukraine zu helfen (Stichwort Gasembargo) ??

Wie wird die SPD mit Russland-Verstehern wie Frau Manuela Schwesig und Herrn Gerhard Schröder umgehen?

Sollten es nicht Konsequenzen geben?

Wie sollte die SPD mit Herrn Steinmeier umgehen? Er war Russland auch sehr freundlich gesinnt.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr V.,

wir erlassen harte und konsequente Sanktionen als Folge des Tabubruchs durch Russland. Wir arbeiten intensiv daran, unsere Abhängigkeit von russischen Energieträgern zügig zu verringern und baldmöglichst zu beenden. In der Frage von Waffenlieferungen an die Ukraine haben wir direkt nach dem Angriff einen Paradigmenwechsel vollzogen. Deutschland liefert ebenso wie viele andere westliche Verbündete Waffen an die Ukraine, damit sich das Land gegen den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg wehren kann. Über Putins Bereitschaft, seine laufende Aggression auf dem Verhandlungswege zu beenden, machen wir uns keinerlei Illusionen. Dennoch sind wir weiterhin bereit, Versuche zu unternehmen, über Gespräche zu einer Beendigung des Krieges beizutragen. Mit der Ukraine sind wir im intensiven Austausch zu der Frage, wie wir durch Sicherheitsgarantien künftige Angriffe verhindern können. Bei all diesen Maßnahmen lassen sich Deutschland und die Verbündeten in NATO und EU von der Überzeugung leiten, dass der Vermeidung eines Flächenbrandes höchste Bedeutung zukommt. Der Krieg darf nicht auf weitere Länder übergreifen. Es gilt, eine direkte militärische Konfrontation zwischen Russland und der NATO zu verhindern. Denn eine solche direkte Konfrontation hätte unabsehbare Folgen. Aus diesem Grunde wird das Gebiet der NATO-Staaten umfassend geschützt. Auch Deutschland hat die Präsenz der Bundeswehr an der sogenannten Ostflanke deutlich verstärkt. In allem was wir tun, gehen wir in enger Abstimmung mit unseren Partnern vor. Alleingänge jeder Art unterlassen wir. Der russische Krieg gegen die Ukraine hat weltweite Auswirkungen. Die Ukraine ist ebenso wie Russland ein bedeutender Exporteur von Weizen und anderen Nahrungsmitteln. Und sie sind große Produzenten von Düngemitteln. Sowohl die Aussaat als auch der Transport sind durch den Krieg eingeschränkt. Der Krieg führt zu höheren Preisen für Energie, Dünge- und Nahrungsmittel weltweit.

Die Sanktionen sollen dazu beitragen, dass die russische Rüstungsproduktion massiv gestört wird. Zwar hat Russland insbesondere nach Einführung der Sanktionen 2014 alles dafür getan, möglichst unabhängig von westlicher Technologie zu werden. Und die Waffenproduktion wird weitgehend in lokaler Währung bezahlt. Aber immer noch wird westliche Hochtechnologie und Software benötigt, um die Produktion am Laufen zu halten. Mit den Sanktionen erschweren wir dies massiv. Denn entscheidend ist weniger, über wie hohe Geldmittel Russland verfügt, als was damit erworben werden kann. Wir wollen auch unabhängig von russischem Gas werden. Das ist nicht von heute auf morgen möglich, da die gesamte Gas-Infrastruktur in Deutschland (und weiten Teilen Europas) auf Pipeline-Gas aus Russland ausgerichtet ist. Dennoch haben wir den Anteil der Gaslieferungen aus Russland auf derzeit rund 35 Prozent aller Gaslieferungen reduziert (zuvor ca. 55 Prozent). Und bis Ende des Jahres 2022 wollen wir durch Energieeffizienz, Energieeinsparung und Elektrifizierung den Anteil russischer Gaslieferungen am Gasverbrauch auf etwa 30 Prozent gesenkt haben. Wir bauen die Gas-Infrastruktur so um, dass möglichst bald Flüssiggas (LNG) mit Tankern direkt nach Deutschland transportiert werden kann. Daher wurde kurz nach Kriegsbeginn die Errichtung von Terminals für den Import von Flüssigerdgas insbesondere an den Standorten Brunsbüttel, Stade und Wilhelmshaven vorangetrieben; zudem haben wir die Anmietung von vier schwimmenden LNG-Terminals beschlossen. Diese Maßnahmen zeigen jedoch nicht von heute auf morgen Wirkung: Der Bau eines Terminals für Flüssiggas und der nötigen Pipelines zum Anschluss an das existierende Gasnetz etwa dauern einige Monate oder Jahre – trotz aller Beschleunigungen. Stand heute hat Deutschland kein einziges solches Flüssiggasterminal. Insbesondere ein sofortiges Gasembargo hätte so massive Auswirkungen auf Deutschland und viele andere EU-Partner, dass es nicht zu verantworten wäre.

Mit freundlichen Grüßen

Luiza Licina-Bode

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