Sehr geehrte Frau W.,

vielen Dank für Ihre Anfrage. Auch wenn Sie sich mit Ihrem Schreiben auf die Bundesebene beziehen, erlaube ich mir als Europaabgeordnete hier meinen „europäischen“ Blick auf die Situation richten zu dürfen.

Es ist meiner Einschätzung nach nicht 5 Minuten nach 12, sondern exakt 12 Uhr. Noch hat die AfD keine Regierungsverantwortung auf höheren Ebenen. Aber auch 12 Uhr ist bedenklich und nicht schönzureden.

Als SPD - Mitglied und SPD - Europaabgeordnete gehöre ich einer Partei an, die sich seit 160 Jahren klar und deutlich gegen rechts positioniert und den Rechtsruck bekämpft. 

Es ist nicht zielführend, eine Partei in Jargon und Aussagen zu kopieren, um ihnen Stimmen abzuringen. Hier gibt es einige Beispiele, u.a. in Bayern durch die CSU. Es ist auch nicht zielführend, demokratische Mitbewerber, wie aktuell die Ampelregierung in Berlin, zu diffamieren. Auch hier sind CSU und Freie Wähler vorne weg. 

Es liegt an uns Abgeordneten, unsere Politik klar, einfach und ehrlich zu vermitteln. Hier haben wir oft den komplizierteren Weg gewählt. Das muss sich ändern. 

Auch im Bereich der sozialen Medien ist die AfD anderen Parteien voraus. Hier gilt es nachzuziehen, ohne sich dem AfD-Niveau anzugleichen. Denn leider wird Hetze immer mehr geliked als fundierte Information

Auf europäischer Ebene sind die „Patrioten für Europa“ drittstärkste Kraft. Es gilt nun, dass hier die Brandmauer bestehen bleibt und die Konservativen, die EVP-Fraktion unter Manfred Weber, standhaft bleiben und  nicht, sobald es ihnen thematisch politisch gelegen kommt, auf die rechte Seite kippten.

Sehr geehrte Frau W., es liegt aber nicht nur an der Politik, dass die AfD wieder  geschwächt wird. Die Zivilgesellschaft ist der entscheidende Faktor: Weiter auf die Straße gehen, wie es Anfang des Jahres nach Veröffentlichung aus dem Potsdamer Treffen geschehen ist, sich aktiv gegen rechts in den sozialen Medien positionieren und demokratische Parteien bei den Wahlen unterstützen. 

Rechtsgesinnte Personen gehen wählen. Wir als Bürgerinnen und Bürger müssen bei den Wahlen zeigen, dass diese Positionen nicht die Mehrheit vertreten.

Mit freundlichen Grüßen

Maria Noichl, MdEP