Ihre Meinung zur Flüchtlingskrise ?

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Marie-Agnes Strack-Zimmermann
FDP
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Frage von T. H. •

Ihre Meinung zur Flüchtlingskrise ?

Hallo,

Was möchte die Politik,tuen damit die Flüchtlingskrise 2015 nicht erneut passiert
Im Bild Zeitung Artikel vom 09.11.21 unter dem Punkt wiederholt sich 2015 ,wurde geschrieben, dass die Flüchtlingskrise Deutschland Gesellschaftlich gespalten hat. Was meinen Sie dazu ?
Sollen die Maghrebstaaten sichere Herkunftsland werden ?
Meine letzte Frage, halten Sie es für gut, wenn ein Bundestagsabgeordneter zusätzlich noch im Stadtrat tätig ist ? Oder meinen Sie, er kann sich auf beide Tätigkeiten gleich konzentrieren ?

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr H.,

zuerst einmal halte ich es für unpassend, im Kontext von Flüchtlingen das Wort Krise zu verwenden. Menschen selbst sind keine Krise. Wenn, hat es sich um eine Organisationskrise gehandelt. Die Bundesregierung hat hier kein gutes Bild abgegeben, während die Kommunen die Flüchtlingsströme auf eigene Initiative hin bewältigt haben. Ohne den Einsatz der Kommunen wäre diese Bewältigung nicht möglich gewesen. 

Ein staatliches Organisationsversagen wie 2015 darf daher nicht noch einmal passieren. Die Fehler des Jahres 2015 dürfen sich nicht wiederholen. Es ist eine europäische Aufgabe, die eine europäische Antwort benötigt. Für uns Freie Demokraten ist das Grundrecht auf Asyl für politisch Verfolgte unantastbar. Dazu gehört auch die politische Verfolgung aus religiösen Gründen oder aufgrund der sexuellen Identität. Dabei wollen wir zwischen politisch Verfolgten, Kriegsflüchtlingen und dauerhaften Einwanderern unterscheiden. Für Kriegs- und Bürgerkriegsflüchtlinge wollen wir einen eigenen unbürokratischen Status schaffen — einen vorübergehenden humanitären Schutz, der auf die Dauer des Krieges begrenzt ist. Nach Identitätsfeststellung soll dieser Status unkompliziert verliehen und damit das Asylsystem massiv entlastet werden. Kriegsflüchtlinge sollen dabei nach Beendigung des Krieges in der Regel in ihr Heimatland zurückkehren. Die Kompetenzen von Bund und Ländern sollten klar getrennt werden.

Der Bund sollte für alle Fragen des Schutzstatus und der Beendigung des Aufenthaltes einschließlich der Abschiebung zuständig sein, damit sich die Länder auf die Aufgabe der Integration konzentrieren können. Zu einem geordneten Einwanderungsrecht gehören auch eine konsequente Durchsetzung der Ausreisepflicht durch Abschiebung und die Schaffung von ausreichend Abschiebehaftplätzen. Zugleich brauchen besonders vulnerable Gruppen, zum Beispiel Verfolgte aus religiösen Gründen oder aufgrund sexueller Identität, sichere Verfahren und eine sichere Unterbringung sowie im Fall sogenannter sicherer Herkunftsländer eine besondere Rechtsberatung, um Anträge form- und fristgerecht stellen zu können.

Wir Freie Demokraten wollen eine Integrationspolitik, die Vielfalt begrüßt und daher Einwanderinnen und Einwanderer einlädt, Teil unserer Gesellschaft zu werden, ihnen aber auch eine eigene Integrationsleistung abverlangt. Wir wollen die Chancen der Einwanderung für Deutschland nutzen, denn unser Land ist auf Einwanderung angewiesen. Integration ist der Schlüssel dafür, dass Einwanderinnen und Einwanderer zu einem Teil unserer Gesellschaft werden und zu ihrem Gelingen beitragen.

Deshalb wollen wir Integration fördern: durch Angebote zum Erlernen unserer Sprache und unserer Gesellschaftsordnung, Integrationspaten nach kanadischem Vorbild sowie zusätzliche Integrationsmaßnahmen, die sich gezielt an Frauen, Kinder und Senioren, aber auch an besonders schutzbedürftige Personengruppen richten. Bürokratische Hürden beim Einwanderungs- und Integrationsprozess sowie bei der Arbeitsaufnahme, wie die Vorrangprüfung oder die Sperrfrist für Asylbewerber, müssen abgebaut und Partnerschaften mit Herkunftsländern geschlossen werden. Mit ausgewählten Partnerländern sind Anwerbestrategien vor Ort zu entwickeln, zum Beispiel mit Sprachkursen und Vorbereitungskursen auf das Leben in Deutschland.

Die Einwanderung in den Arbeitsmarkt wollen wir verständlich und einfach steuern. Dazu fordern wir ein modernes Zwei-Säulen-System. Dieses besteht aus einer überarbeiteten „Blue Card“ als Kerninstrument der Fachkräfteeinwanderung mit Arbeitsplatzangebot, die auch für nicht-akademische Fachkräfte geöffnet werden muss, und der Einführung einer Chancenkarte für ein Punktesystem nach kanadischem Vorbild, um für Fachkräfte die Möglichkeit zu schaffen, auch ohne Arbeitsplatzangebot zur Arbeitssuche nach Deutschland zu kommen. Die Steuerung soll hier über Kriterien wie Bildungsgrad, Deutsch- oder auch gute Englischkenntnisse, Alter, Berufserfahrung und den aktuellen Fachkräftebedarf am Arbeitsmarkt erfolgen.

Mittelfristig soll die Chancenkarte in einem europäischen Talentpool aufgehen, um Europas Attraktivität für qualifizierte Fachkräfte und Studierende zu erhöhen und zu vereinheitlichen. Für beide Säulen muss es für alle Berufe eine einzige gemeinsame bundesweit zuständige Anerkennungsstelle geben, die die Prüfung strukturiert und professionell vornimmt. Für gut integrierte Schutzsuchende muss es die Möglichkeit eines „Spurwechsels“ in eine der beiden Säulen der Einwanderung in den Arbeitsmarkt geben. Denn wer einer Erwerbstätigkeit nachgeht oder sich in einer Qualifikationsphase (zum Beispiel Ausbildung oder Studium) befindet, sollte nicht ausgewiesen werden.

Um Ihre letzte Frage zu beantworten: Über 30 Kolleginnen und Kollegen unserer Bundestagsfraktion haben noch ein kommunales Mandat in ihrer Heimatstadt. Dies halte ich für sinnvoll, um vor Ort verankert zu sein und noch näher an den Problemen im Wahlkreis sein zu können - und hierfür auf verschiedenen Ebenen sinnvolle Lösungen erarbeiten zu können.

Mit freundlichen Grüßen
Marie-Agnes Strack-Zimmermann

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