Würden Sie sich dafür bei Ihrer Partei einsetzen, sich gegen eine Inbetriebnahme von Nordstream 2 auszusprechen?

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Marja-Liisa Völlers
SPD
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Frage von Mario Q. •

Würden Sie sich dafür bei Ihrer Partei einsetzen, sich gegen eine Inbetriebnahme von Nordstream 2 auszusprechen?

Sehr geehrte Frau Völlers,

da der Ukraine-Konflikt sich immer weiter aufheizt, erhöht sich der Druck auf Deutschland bzgl. der Nordstream 2 Pipeline immer mehr. Bisher hat sich die SPD nicht eindeutig positioniert, während die Grünen es deutlich machen, dass sie dem Projekt immer noch skeptisch gegenüber stehen. Ich verstehe zwar die SPD-Position, aber wäre es nicht besser hier mit den Grünen und dem Rest der EU an einem Strang zu ziehen und Nordstream aufzugeben? Auch wenn dies die Gasversorgung bedroht? Könnten dies nicht auch als Anreiz dafür genommen werden, mehr in den Ausbau von erneuerbaren Energien zu investieren als bisher? Aus persönlicher Sicht wäre auch so ein Schlag gegen ein russischisches Prestigeprojekt besser geeignet um ein Signal Richtung Putin zu senden, als eine Blockade des Swift-Systems für Russland, was vor allem normale Bürger treffen wird. Warum sollten diese leiden müssen?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Q.,

 

herzlichen Dank für Ihre Anfrage zu meiner Position zu Nord Stream 2 sowie hinsichtlich einer Perspektive in der Ukraine-Krise. Gerne möchte ich Ihnen darauf antworten.

 

Die Ukraine-Krise stellt eine große Herausforderung für die Europäische Union und Partnerstaaten der NATO, aber auch weltweit dar. Der dortige russische Truppenaufwuchs gefährdet die ohnehin fragile Situation vor Ort und belastet das Friedensverhältnis auf dem europäischen Kontinent. Militärisch ist der russisch-ukrainische Konflikt nicht zu lösen. Jetzt kommt es darauf an, die Konfrontationslogik Russlands zu durchbrechen und ein weiteres Anheizen der Eskalationsspirale zu verhindern. Dialog ist daher das Gebot der Stunde, um auf diplomatischem Wege eine friedliche Lösung der Situation herbeizuführen. Die berechtigten Sicherheitsinteressen aller müssen garantiert werden. Wir sind zu einem konstruktiven Dialog mit Russland bereit, um die Wahrung des Völkerrechts und den Frieden in der Region zu gewährleisten.

Wir streben weiterhin substanzielle und stabile Beziehungen mit Russland an. Auch mit schwierigen Partnern halten wir fest an der Bereitschaft zum Dialog und zur Zusammenarbeit zur Entschärfung von Krisen und treten für ein klares Benennen von Problemfeldern, u.a. mit Blick auf die Menschenrechtslage, ein. Die Lage ist komplex. Sollte Russland aber die territoriale Integrität der Ukraine angreifen, so wird der uns momentan gegebene Handlungskatalog erweitert werden müssen und Konsequenzen folgen.

 

Die Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 ist im Umfeld des Konflikts des öfteren als aktuelles Prestigeprojekt zwischen Deutschland und Russland berechtigterweise im Fokus.

Vorerst zum Grundsätzlichen: Die Pipeline wurde im vergangenen September fertiggestellt, befindet sich jedoch aktuell noch nicht am Netz. Vorher muss eine Zulassung durch die Bundesnetzagentur stattfinden, welcher bis vor kurzem durch das Fehlen einer deutschen Tochtergesellschaft zur Betreibung der Pipeline behindert wurde. Sicherlich ist Gas als alternative Energie aus Gründen des Klimaschutzes nicht mit vollständig erneuerbaren Energien gleichzusetzen, genauso wenig ist jedoch der Abriss eines Milliardenbaus ohne Nutzung zu rechtfertigen. Klar ist: Wir werden Gas zeitlich begrenzt als Übergangsenergie zur Klimaneutralität benötigen, wenn wir unsere Energieversorgung nicht an die Grenzen eines Kollapses treiben wollen und Wohnkosten auf einem verbraucherfreundlichen Niveau halten möchten. Nebenbei erwähnt ist es nicht so zu sehen, dass durch Nord Stream 2 die Abhängigkeit von Russland steigt – Das russische Gas soll nur eine von vielen Optionen der Energieversorgung neben etlichen erneuerbaren Energien darstellen, die als Gesamtes unsere Versorgung sichern. Finales Ziel ist Klimaneutralität bis 2045.

Doch ist die politische Komplexität in diesem Zusammenhang berechtigt. Im Fall einer weiteren Eskalation der Verhältnisse zwischen Russland und der Ukraine muss Nord Stream 2 auch außenpolitisch eine klar politische Dimension erhalten und darf nicht weiter als rein privatwirtschaftliches Projekt angesehen werden.

Letztlich wird es auf den Abschluss des Prüfungsverfahrens und den weiteren Verlauf der Ukraine-Krise ankommen, welche Maßnahmen getroffen werden müssen – dies schließt auch den Umgang mit Nord Stream 2 ein. Maßgebend ist, dass es in dem Augenblick, in dem Russland die territoriale Integrität der Ukraine politisch oder geografisch angreift, eine unmissverständliche und harte Antwort von Deutschland, von der EU, der OSZE und der NATO geben wird. Ich werde mich bei meiner Partei dafür einsetzen, dass diese Reaktion angemessen ausfällt und im notwendigen Fall auch die Beendigung von Nord Stream 2 umfasst. Bevor jedoch verfrühte Vergeltungsvorhaben in den Fokus genommen werden, sehe ich den Primat der Diplomatie und des Kompromisses, nicht der weiteren Eskalation.

 

Bei weiteren Rückfragen diesbezüglich können Sie sich gerne an mich wenden.

 

 

Mit freundlichen Grüßen,

Marja-Liisa Völlers, MdB

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