Frage an Markus Büchler bezüglich Bildung und Erziehung

Dr. Markus Büchler Bündnis 90/DIE GRÜNEN
Markus Büchler
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Ulrich G. •

Frage an Markus Büchler von Ulrich G. bezüglich Bildung und Erziehung

Sehr geehrter Herr Büchler,

ich unterrichte an der Rudolf-Steiner-Schule Ismaning Freie Waldorfschule. Vielleicht kennen Sie das Problem ja schon: Die Schulen freier Trägerschaft ("Privatschulen") haben zwar die verfassungmäßige Verpflichtung, dass sie ihre Schüler nicht nach dem Einkommen der Eltern sondern dürfen, können dem aber wegen der geringen staatlichen Förderung nur schwer oder gar nicht nachkommen. Unsere Schule bekommt z.B. nur knapp 60% der tatsächlichen Kosten vom Staat ersetzt, obwohl diese unsere Kosten (ohne Baufinanzierung pro Schüler 6041 EUR für Klassen 1-13) nicht höher als die der staatlichen Schulen sind (Grundschulen 5266,31 EUR, Gymnasien 6881,83 EUR). Hierin sehe ich eine klare Benachteiligung unserer Eltern. Und nur durch massiven Gehaltsverzicht der Mitarbeiter und freiwillige Mehrzahlung einiger Eltern gelingt es derzeit noch einigermaßen, dem Sonderungverbot zu entsprechen. Können Sie hier Erleichterung schaffen?

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Ulrich Gutdeutsch

Dr. Markus Büchler Bündnis 90/DIE GRÜNEN
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Gutdeutsch,

vielen Dank für Ihre Frage über kandidatenwatch. Ich muss mich entschuldigen, dass meine Antwort so lange auf sich warten lassen hat. Gestern bin ich aus dem Urlaub zurück gekommen.

Theoretisch sehe ich zwei Möglichkeiten, der Unterfinanzierung Abhilfe zu schaffen: entweder man kippt die Verfassungsverpflichtung, Kinder nicht nach dem Einkommen der Eltern auswählen zu dürfen oder man verändert die Finanzierung des Schulsystems. Die Variante 1 scheidet in meinen Augen aus, ich vermute, dass wir da konform gehen. Bekanntlich bietet unser ungerechtes Schulsystem ohnehin für Kinder aus wohlhabenden Familien wesentlich bessere Perspektiven. Könnten Schulen überdurchschnittliche Dienstleistung nur für Kinder zahlungskräftiger Eltern anbieten, würde sich dieser negative Trend verstärken. Bildung wäre dann noch stärker vom Geldbeutel der Eltern abhängig als es schon jetzt der Fall ist.

Insofern trete ich für eine rechtliche und finanzielle Gleichbehandlung staatlicher Schulen und Schulen freier Trägerschaft ein, stets mit dem Ziel, dass freie Schulen keine Eliteschulen sein sollen sondern eine Alternative, die jedem Kind offen steht. Gleichzeitig möchte ich aber das staatliche Schulwesen so verbessern, dass auch die staatlichen Schulen ein kindgerechtes, zeitgemäßes und der Chancengerechtigkeit verpflichtetes Bildungsangebot erbringen können, und damit im Wettbewerb mit Alternativangeboten attraktiv sind. Schulen der freien Träger mit ihren bsonderen pädagogischen Konzepten betrachte ich als sinnvolle und wichtige Bereicherung der Schullandschaft. Eltern sollen die freie Wahl haben, wem sie ihr Kind anvertrauen.

P.S.: Um Missverständnisse bei Lesern dieser öffentlichen Korrespondenz zu vermeiden: mit Gleichbehandlung freier und staatlicher Schulen meine ich natürlich nicht die Privatisierung des Schulsystems an gewinnorientierte Investoren, die ich selbstverständlich kategorisch ablehne. Bildung ist kein Geschäft sondern eine öffentliche Aufgabe im Rahmen der Daseinsvorsorge des Staates.

Freundliche Grüße

Markus Büchler

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