Sehr geehrter Herr P.,

vielen Dank für Ihre Frage.

Zunächst möchte ich klarstellen, dass die EU-Kommission die Beitrittsverhandlungen mit Kandidatenländern führt. Die Einflussmöglichkeiten von Abgeordneten nationaler Parlamente sind hierbei sehr gering, weshalb auch ich nicht direkt beschleunigend auf den Beitritt der Ukraine einwirken kann.

Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat der EU-Erweiterungspolitik eine neue Dynamik gegeben. Davon zeugt die Empfehlung der EU-Kommission, Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine und Moldau aufzunehmen sowie die Schritte zur Integration der Westbalkanländer. 

Ich stehe fest hinter den Beschlüssen der EU-Kommission und bin davon überzeugt, dass dies das wichtige Signal setzt, dass jene Länder zu Europa gehören. Eine Erweiterung wird die EU stärken und die europäische Souveränität steigern. Jedoch sollte man diesem Prozess die nötige Zeit einräumen und keine voreiligen Entscheidungen treffen. Die Kandidatenländer müssen vor ihrem Beitritt den gesamten EU-Rechtsrahmen in nationales Recht übersetzen. Es gibt keinen Weg um die Kopenhagener Kriterien herum. Notwendig sind deshalb klare, aber realistische Zielvorgaben und Zeitpläne für die Beitrittsverhandlungen. Wir wollen zudem neue erweiterungspolitische Impulse setzen. Reformanstrengungen müssen sich lohnen. Hilfreich sind zudem greifbare Zwischenschritte auf dem Weg zur Mitgliedschaft. Die Assoziierungsabkommen mit der Ukraine, Moldau und Georgien sowie der jüngst vorgelegte Wachstumsplan für die Westbalkanländer sehen eine Teilintegration in den EU-Binnenmarkt vor. Diese Möglichkeiten gilt es parallel zum Beitrittsprozess noch stärker zu nutzen.

Des Weiteren muss die EU parallel dazu einen internen Reformprozess anstreben. Wie sehen die internen Grundlagen einer vergrößerten Union aus? Was sind ihre langfristigen Ziele und die Wege zu ihrer Verwirklichung?  Auch diese zentralen Fragen, Prioritäten und politischen Maßnahmen sowie die Aufrechterhaltung der Handlungsfähigkeit müssen geklärt werden bevor eine Erweiterung abschließend stattfinden kann.

Die Beitrittsperspektive der Ukraine ist ein wichtiges Zeichen gegenüber Russland, aber insbesondere auch für die Menschen in der Ukraine. Trotz der aktuellen Lage sollten wir uns jedoch an die für einen Beitritt vorgesehenen Kriterien halten und nichts überstürzen. Dies ist im Sinne aller für eine gute und möglichst konfliktfreie Zusammenarbeit in der Zukunft.

Für weitere Rückfragen stehe ich gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Markus Töns